Vierschanzentournee Tournee-Krimi: Kobayashi fliegt vorbei, aber Wellinger wahrt Siegchance
In Innsbruck, dem dritten Stopp der 72. Vierschanzentournee, ist schon so mancher deutscher Tourneetraum zerschellt - der von Andreas Wellinger lebt noch. Allerdings ist aus dem deutschen Topspringer vom Gejagten der Jäger geworden.
Wellinger verlor seine Führung in der Gesamtwertung an Ryoyu Kobayashi, weil der Japaner am Mittwoch (03.01.2024) überragend sprang und auch bei schwierigen Bedingungen am Bergisel cool blieb. Während Kobayashi hinter Tagessieger Jan Hörl Zweiter wurde, landete Wellinger nach Sprüngen von 132 und 126,5 Metern auf dem fünften Platz.
Es riecht nun nach einem Drama bei der letzten Station der Vierschanzentournee am Samstag (06.01.2024) in Bischofshofen. Wellinger und Kobayashi liegen nach drei von vier Wettbewerben dicht beisammen. 4,8 Punkte oder etwa 2,5 Meter trennen die beiden Kontrahenten.
"Es ist ein knappes Ding. Ich mag die Schanze in Bischofshofen, bin dort schon extrem gut gesprungen. Ich werde voll angreifen, mit Selbstvertrauen springen und dann schauen wir, was auf der Ergebnisliste steht", sagte Wellinger. Auch Bundestrainer Stefan Horngacher ist guter Dinge: "Der Abstand ist nicht so groß geworden. Andi hat gute Sprünge gezeigt. Er ist dran und jetzt gehen wir nach Bischofshofen und machen weiter. Ich denke, dort kann Andi mit seinem Geschwindigkeitsvorteil einiges rausholen."
Hörl holt Tagessieg und schiebt sich auf Platz drei
Das dritte Springen der 72. Vierschanzentournee gewann Lokalmatador Jan Hörl, der nach einem Satz auf 134 Meter schon im ersten Durchgang ein ordentliches Polster heraussprang und den Sieg mit 127,5 Metern perfekt machte. Damit verdrängte Hörl in der Tournee-Gesamtwertung seinen Landsmann Stefan Kraft vom dritten Platz und wittert selbst leise Hoffnungen auf den prestigeträchtigen Sieg. Hinter Hörl und Kobayashi flog in Innsbruck Michael Hayböck (Österreich) auf das Podest.
Jan Hörl jubelt über den Tagessieg.
Windpause vor den Topspringern
Ausgerechnet für die Topspringer war es eine Hängepartie. In der letzten Phase des Springens spielte der gewohnt tückische Wind in Innsbruck derart verrückt, dass das Springen länger unterbrochen werden musste, um den Athleten gleiche Bedingungen zu gewähren. Weil es in Innsbruck keine Flutlichtanlage gibt, mussten die Organisatoren am Ende auf die Tube drücken. So war es wieder eine Lotterie - zum Glück ohne Einfluß auf die Tourneewertung, weil Wellinger und Kobayashi aus der gleichen Luke und bei ähnlichen Bedingungen sprangen.
Leyhe zweitbester Deutscher
Wellinger hielt nicht nur seinen Traum vom Tourneesieg am Leben, sondern auch die deutschen Fahnen hoch. Während der Bayer seine gute Frühform beim ersten Saisonhöhepunkt bestätigt, schwächelten die anderen DSV-Adler in Innsbruck. Nach den Top-Leistungen zu Saisonbeginn schaffte es kein weiterer Deutscher in die Top Ten.
Zweitbester Deutscher wurde Stephan Leyhe. Der Willinger landete bei 124,5 und 123 Metern und damit auf dem 18. Platz. Philipp Raimund büßte mit nur 118 Metern im Finale noch einige Plätze ein und fiel vom 18. auf den 20. Platz zurück. "Ich habe mir ein, zwei Fehler erlaubt. Der Bergisel verzeiht das nicht", sagte Raimund enttäuscht.
Geiger weit von Topform entfernt
Auch die Talfahrt des Karl Geiger setzte sich fort. Der nach starken Leistungen im Vorfeld als Mitfavorit gestartete Geiger beendete die dritte Station nach 120,5 und 116,5 Metern als 26. Dabei hatte Geiger vor allem bei seinem zweiten Sprung keinerlei Windunterstützung und fiel regelrecht vom Himmel. "Es war ein ganz schwieriger Skisprungtag", sagte Geiger. Es sei nicht alles verkehrt gewesen, auch wenn sich das im Ergebnis nicht so widerspiegelt, so der Oberstdorfer, der in der Tournee-Gesamtwertung schon vor der dritten Station aussichtslos zurücklag.
Karl Geiger kommt am Bergisel nicht ins Fliegen.
Paschke verpasst Finale
Ein zweiter Durchgang blieb Pius Paschke gar gänzlich vergönnt. Vor wenigen Wochen noch glücklicher Weltcupsieger erlebte der 33-jährige Routinier am Bergisel mit nur 114 Metern ein Drama und schied nach einem verkorksten Sprung aus.
Innsbruck - die Schicksalsschanze
Innsbruck ist seit Jahren mit empfindlichen deutschen Niederlagen verbunden. Martin Schmitt 1999, Severin Freund 2016, Richard Freitag 2018, Karl Geiger 2021 - sie alle mussten ihre Tourneeträume auf der Schanze mit dem exponierten Blick auf den Friedhof von Innsbruck zu Grabe tragen. Es gab aber auch Glücksmomente - die Siege von Sven Hannawald 2002 oder Richard Freitag 2015 zum Beispiel.
Vierschanzentournee: Letzte Station Bischofshofen
Die Entscheidung fällt auf der letzten Station der Tournee in Bischofshofen (Samstag, 06.01.2024, ab 16.15 Uhr im Live-Ticker und Live im Ersten).
Statistisch gesehen ist das Bergiselspringen im Kampf um den Tourneesieg allerdings vorentscheidend. In den vergangenen 24 Jahren verspielte nur der Norweger Daniel Andre Tande seine Führung im letzten Wettkampf. Zuvor passierte dies ausgerechnet den Japanern Kazuyoshi Funaki und Noriaki Kasai.