
Weltcup-Finale in Lahti Victoria Carl schreibt deutsche Langlauf-Geschichte
Das Saisonfinale in Lahti war für Deutschlands Langläuferinnen ein Volltreffer. Nach den Sprint-Erfolgen jubelte Victoria Carl am Sonntag (23.03.2025) über den zweiten Platz in der Gesamtwertung.
Und damit sorgte die Thüringerin für ein Novum, sie lief als erste deutsche Langläuferin in der Weltcup-Gesamtwertung auf das Podest. Carl verteidigte im letzten Wettkampf über 50 Kilometer im Massenstart ihren zweiten Platz hinter der Gesamtsiegerin Jessie Diggins (USA). Carl hätte über die lange Distanz theoretisch noch von Kerttu Niskanen überholt werden können, doch obwohl die Finnin schneller unterwegs war, reichte das Polster. Dieser Erfolg wurde Carl mit 47.900 Euro Preisgeld versüßt.
Schlickenrieder: "Ist sehr historisch"
Bundestrainer Peter Schlickenreider freute sich nach dem erfolgreichen Lahti-Wochenende über den "historischen" Moment. "Wenn man in den Distanzrennen so gut ist, aber auch sprinten kann, ist man zu Recht eine der besten der Welt", lobte Schlickenrieder die Leistung von Carl. "Insgesamt haben nahezu alle Mädels einen Schritt nach vorn gemacht", so der stolze Coach in der Sportschau.
"Ich bin einfach nur so fertig. Ich hoffe, dass der Langlauf in Deutschland dadurch noch einmal einen Push bekommt. Das tut uns allen gut. Wir können es einfach", freute sich Carl im Sportschau-Interview. An Carls Seite strahlte Katharina Hennig, die als Fünfte jubelnd ins Ziel gekommen war. "Ich wollte beweisen, dass die alte Katha noch in mir steckt. Mental war die Saison sehr herausfordernd. Ich bin froh, dass ich zeigen konnte, dass es noch geht", sagte Hennig am Sportschau-Mikrofon.
Johaug mit einer Machtdemonstration
Das letzte Saisonrennen dominierte indes Therese Johaug - und zwar eindrucksvoll. Die Norwegerin lief ein einsames Rennen, überrundete sogar Läuferinnen und fuhr nach 2:14,40 Stunden ins Ziel. Damit war Johaug in ihrem (vielleicht) letzten Rennen mehr als eine Minute schneller als ihre Teamkollegin Astrid Oeyre Slind. Slind war ebenfalls allein unterwegs und überquerte die Ziellinie mit einem Puffer von mehr als zwei Minuten auf den dritten Platz, wo sich Ebba Andersson (Schweden) gegen die verbissen kämpfende Teresa Stadlober (Österreich) durchsetzte.
Hennig starke Fünfte
Auch Katharina Hennig hatte den letzten Platz auf dem Siegertreppchen bei Kaiserwetter in Lahti im Blick, lief am Ende als beste Deutsche auf den fünften Platz. Die Klassik-Spezialistin hängte auf den letzten Metern noch Niskanen ab - was auch im Hinblick auf Carls zweiten Platz in der Gesamtwertung nicht unwichtig war.
Hennig wirkte nach einer langen, schwierigen Saison zunächst taufrisch und spielte in der ersten großen Verfolgergruppe kilometerweit die Lokomotive. Auch Carl biss sich in der siebenköpfigen Gruppe fest, quälte sich aber zusehends. Zur Hälfte des Rennens war die Müdigkeit zu groß, Carl musste am Anstieg abreißen lassen und schaffte den Anschluss nicht wieder. Immerhin verhinderte sie einen totalen Einbruch und verteidigte als Achte (+6:18,4 Minuten) ihren dritten Platz im Distanz-Weltcup und ihren zweiten Platz in der Gesamtwertung.
Andersson sprengt die Verfolgergruppe
Hennig durfte dagegen lange vom dritten Platz träumen. Das taten aber auch die Konkurrentinnen. So riss Andersson knapp 20 Kilometer vor dem Ziel nach dem Skiwechsel eine kleine Lücke und lief einige Sekunden vor Hennig, Niskanen und Stadlober. Nur die Österreicherin hatte genügend im Tank, um auf Andersson aufzuschließen. Hennig und auch Niskanen konnten nicht folgen und häuften schnell einen gewaltigen Rückstand an. Mehr als eine Minute fehlte Hennig im Ziel auf den dritten Platz, Johaug war vier Minuten schneller als die beste Deutsche.
Neben Hennig und Carl quälten sich auch Pia Fink (17./+8:52,7 Minuten) und Katherine Sauerbrey (25./+11:48,6 Minuten) zum Saisonabschluss über den langen Riemen.

Traumhaftes Saisonfinale für DSV-Langläuferinnen
Nach den Sensationssiegen im Sprint und Teamsprint hatten die deutschen Langläufer im hohen Norden ein Dauerlächeln im Gesicht. Manch eine(r) dürfte sich geärgert haben, dass die Saison jetzt zu Ende ist. Die Deutschen lassen die Saison in Skandinavien ausklingen, trainieren dort auf Schnee und nehmen noch an kleineren Wettkämpfen teil.
Nach einem Kurz-Urlaub geht es am 28. April mit der Vorbereitung auf die neue Saison weiter. "Lange Urlaube in der Südsee gibt es nicht", scherzte Schlickenrieder. Man steige so früh ein, weil die Olympischen Spiele schon am 6. Februar beginnen. Man müsse also früh in Top-Form sein, blickt Schlickenrieder voraus.
Johaugs letzter Sieg?
Ob sich Johaug noch einmal quälen wird, ist noch offen. Eigentlich wollte die Norwegerin schon in Lahti gar nicht mehr starten. Das "schöne Wetter" habe schließlich Lust gemacht. Johaug reiste extra für das 50-km-Rennen an und sicherte sich ihren 86. Weltcupsieg nach einem Solo-Ritt im Sonnenschein durch den Wald von Lahti. Johaug setzte sich ganz früh von ihrer einzig ernsthaften Verfolgerin Slind ab und lief einsam zum Sieg.
Möglich, dass dieser beeindruckende Erfolg dermaßen motiviert, dass Johaug doch noch eine Saison dranhängt. Eigentlich wollte sie nach dem Blitz-Comeback - für die Heim-WM in Trondheim war sie aus der Pause zurückgekehrt - ihre Karriere nun endgültig beenden. Ganz eindeutig legte sich die Norwegerin aber nicht fest. "Ich glaube nicht, dass es Olympia für mich gibt. Ich bin zu 99 Prozent sicher, dass ich das nicht machen kann", hatte Johaug vor dem Rennen gesagt.