
Masters in Augusta Rory McIlroy - angekommen auf dem Golf-Olymp
Rory McIlroy hat Geschichte geschrieben. Als sechster Spieler gewann er alle Majors im Golfsport. Der Sieg im Playoff gegen Justin Rose war an Dramatik nicht zu überbieten.
Als es vorbei war, warf Rory McIlroy den Schläger hinter sich, fiel auf die Knie und versteckte seinen Kopf, auf das Grün gelehnt, zwischen seinen Armen. Die stundenlange Anspannung wich, die Last vieler Jahre war mit einem Schlag vergessen.
Tausende Fans rund um das 18. Loch jubelten, stimmten "Rory, Rory"-Rufe an, während die schon rötliche Sonne hinter den Pinien auf dem Augusta National Golf Club im US-amerikanischen Georgia gen Horizont sank. Dann sprang McIlroy auf, schmiss seine weiße Schirmmütze von sich, brüllte seine Freude heraus und schloss wenig später sein Töchterchen Poppy in die Arme.
Nervenaufreibender Finaltag
Der Nordire darf sich Masters-Champion nennen. Endlich. Mehr noch: Mit seinem Sieg beim prestigeträchtigsten Turnier der Welt komplettierte McIlroy seinen Karriere-Grand-Slam. Als erst sechster Spieler überhaupt hat er alle vier Majors im Golf mindestens einmal gewinnen können. McIlroy zählt endgültig zu den größten Golfern der Geschichte.
"Es fühlt sich unglaublich an. Ich hatte schon angefangen zu zweifeln, ob ich es jemals hier gewinnen würde", sagte McIlroy. "Ich bin unglaublich stolz." Seine Gesichtszüge konnte er im Siegerinterview kaum noch kontrollieren. Zu nervenaufreibend war der Finaltag beim Masters gewesen. Die Entscheidung um den Sieg war nicht weniger als ein Drama, die wohl spannendste seit vielen Jahren.
Schwacher Start in die Schlussrunde
Als Führender war McIlroy in den Finaltag gestartet - gemeinsam mit dem US-Amerikaner Bryson DeChambeau als letztes Duo, mit zwei Schlägen Vorsprung. Doch schon am ersten Loch erlaubte sich McIlroy einen Fehler, der ihn seinen Vorsprung kostete. Nach dem zweiten Loch führte DeChambeau, McIlroy hatte die Spitzenposition schon eingebüßt.
Erinnerungen wurden wach an so viele Schlussrunden bei großen Turnieren in den vergangenen elf Jahren, in denen McIlroy wie der sichere Sieger ausgesehen hatte, ehe er immer wieder an seinen Nerven scheiterte. 2014 hatte McIlroy zuletzt ein Major für sich entscheiden können. Doch viel zu oft hatte sich der Weltklassespieler selbst um Titel gebracht.
McIlroys Nervenkostüm ein Dauerthema
Gerade in Augusta, beim einzigen Majorturnier, das McIlroy noch nicht gewonnen hatte. 2011 hatte er hier vor dem Finaltag komfortabel geführt, ehe er seinen Vorsprung doch noch mit teils herzzerreißenden Fehlern herschenkte. Über die Jahre wiederholte sich das Schauspiel immer wieder. McIlroy scheiterte bei großen Turnieren regelmäßig auf der Schlussrunde.
"Ich war unglaublich nervös", sagte McIlroy nach dem erlösenden Sieg nun. "Wie ich auf all die Rückschläge reagiert habe, darauf bin ich sehr stolz." Rückschläge gab es viele. Nicht nur am ersten Loch. Denn nachdem sich der Nordire schnell gefangen hatte und bis zum 13. Loch wie der bereits sichere Sieger aussah, folgte das für McIlroy unerklärliche Muster.
Plötzlich führt Justin Rose
Der Weltranglistenzweite haute den Ball ins Wasser, verlor gleich zwei Schläge und patzte auch am nächsten Loch. Die komfortable Führung, die er sich zwischenzeitlich wieder erspielt hatte, war weg. Plötzlich führte der Engländer Justin Rose, der am Finaltag mit einer überragenden Runde sieben Schläge auf McIlroy aufholen konnte.
Die Entscheidung um den Sieg trieb die Spannung auf die Spitze. McIlroy erholte sich mit einem Schlaggewinn auf dem anspruchsvollen Loch 15, während Rose auf dem letzten Grün mit einem rund vier Meter langen Putt ins Loch die Fans begeisterte. McIlroy konterte erneut und hatte auf dem 18. Grün wenig später als letzter Golfer des Felds die Chance, mit einem Lochversuch aus rund einem Meter den Sieg klarzumachen.
Der Nordire schob den Ball knapp vorbei, es ging ins Stechen. Wieder auf der 18. Bahn. Und während Rose das Loch mit Platzstandard und vier Schlägen beendete, lieferte McIlroy diesmal in der Drucksituation ab. Nach einem überragenden Annäherungsversuch lochte er diesmal aus etwa einem Meter sicher ein.
Dämonen besiegt und vergessen
Die Dämonen und Zweifel aus elf langen Jahren - besiegt und vergessen. Alle Rückschläge aus über einem Jahrzehnt - plötzlich nebensächlich. "Ich bin von den Emotionen überrollt worden. Ein Moment wie heute macht all die Jahre und die vielen Entscheidungen, die gegen mich gelaufen sind, vergessen", erklärte McIlroy.
Nach Gene Sarazen, Ben Hogan, Gary Player, Jack Nicklaus und Tiger Woods hat der 35-Jährige den Karriere-Grand-Slam geschafft. Sein Sieg in Augusta war hochspannend und dramatisch. Aber irgendwie auch typisch Rory McIlroy.