Recherche aus Dänemark Saudi-Arabiens wachsender Einfluss auf den globalen Sport
Die dänische Initiative "Play the Game" hat kurz vor der Vergabe der WM 2034 an Saudi-Arabien das sportpolitische Netzwerk des Landes analysiert - das Ausmaß der Einflussnahme wächst.
Saudi-Arabien investierte zuletzt viel Geld in den Sport. Das Netzwerk umfasst klassisches Sponsoring, aber auch strategische Investitionen wie beim Golf in den USA oder bei der Übernahme des englischen Fußballklubs Newcastle United in der Premier League.
"Saudi-Arabien hat die Sportwelt neu gestaltet", sagt Stanis Elsborg von der dänischen Initiative "Play the Game" im Gespräch mit dem WDR-Magazin Sport inside, das neben sieben anderen internationalen Medien exklusiv über die Ergebnisse der Recherche berichtet. "Die sportlichen Ambitionen Saudi-Arabiens gehen weit über das Gewinnen von Spielen oder das Ausrichten von Turnieren wie der Fußball-WM 2034 hinaus", sagt Elsborg. Saudi-Arabien verfolge die Strategie, mit Sport sein Image aufzubessern und gleichzeitig geopolitischen Einfluss zu bekommen. "Play the game" wird vom staatlichen dänischen Institut für Sportstudien finanziert.
Stanis Elsborg von "Play the game"
Ein Beispiel: Der saudi-arabische Funktionär Yasir Al-Rumayyan gilt als eine Schlüsselfigur im Sportnetzwerk Saudi-Arabiens. Er hat eine hohe Funktion beim Staatsfonds des Landes und ist Chairman des Board of Directors bei Aramco, eines der größten Energieunternehmen der Welt. Zudem ist er Vorsitzender bei Newcastle United, war eine treibende Kraft beim Aufbau der Golftour "LIV" in den USA. Mitte November, kurz nach der Präsidentschaftswahl in den USA, saß er medienwirksam in der ersten Reihe neben dem designierten US-Präsidenten Donald Trump und Milliardär Elon Musk bei einer Kampfsportveranstaltung in New York.
Sponsoring - "Play the Game" stellt 910 Partnerschaften im Sport fest
Die Recherche von "Play the Game" stellte 910 Sponsoringgeschäfte Saudi-Arabiens in zahlreichen Sportarten fest. Besonders aktiv sind staatlich gelenkte Unternehmen aus Saudi-Arabien im Kampfsport, im Motorsport, im Golf, im E-Sport - und im Fußball. Die beiden größten Geldgeber sind der Staatsfonds PIF und Aramco.
FIFA-Präsident Gianni Infantino spricht mit Kronprinz Mohammed Bin Salman aus Saudi-Arabien
In den vergangenen Jahren floss viel Geld aus Saudi-Arabien über Sponsoringgeschäfte in den Fußball und somit auch sportpolitischer Einfluss. "Play the Game" zählt 194 Partnerschaften mit Fußballbezug. Darunter zahlreiche Wettbewerbe der mit der UEFA vergleichbaren Kontinentalverbände in Nordamerika, Asien und Afrika, die von staatlichen Unternehmen Saudi-Arabiens finanziell unterstützt werden. Auch die FIFA selbst hat seit diesem Jahr Aramco nun als Hauptsponsor und empfängt direkt Geld aus Saudi-Arabien.
Der Schriftzug der saudi-arabischen Erdölfördergesellschaft Aramco
Viel saudi-arabisches Geld auch in Europas Fußball
Auch in Europa kommt das Geld an. Spaniens und Italiens Ligen tragen ihre Supercups in Saudi-Arabien aus und werden dabei auch aus Saudi-Arabien finanziert. Klubs wie AS Rom, Atletico Madrid und Manchester City haben Sponsoringgeschäfte mit saudi-arabischen Unternehmen. Newcastle United gehört mehrheitlich dem saudi-arabischen Staatsfonds und könnte strategisch bald die Rolle spielen, die Paris Saint-Germain für Katar einnimmt.
Das Unternehmen "Riyadh Season" sponsort die AS Rom, das Team von Mats Hummels.
"Die Sponsorings sind Teil einer der Strategie, das globale Image des Königreichs zu verbessern und gleichzeitig den Sport als Instrument geopolitischen Einflusses zu nutzen. Saudi-Arabien gewinnt nicht nur an Sichtbarkeit, sondern positioniert sich als wichtiger Finanzpartner in der Welt des Sports. Gleichzeitig wird so die Aufmerksamkeit von Themen wie Menschenrechtsverletzungen abgelenkt."
"Grundsatzvereinbarungen" mit Verbänden - ein Schlüssel zur Fußball-WM
Laut "Play the Game" unterschrieb der saudi-arabische Fußballverband SAFF fast 50 sogenannte Grundsatzvereinbarungen mit anderen Fußballverbänden auf der ganzen Welt. Etwa ein Viertel der FIFA-Mitgliedsverbände haben also solche Vereinbarungen mit Saudi-Arabiens Verband getroffen. Dabei geht es vordergründig beispielsweise um die Verbesserung der Schiedsrichterausbildung oder die Förderung des Frauenfußballs.
Dahinter steckt aber mehr, sagt Elsborg. Die Partnerschaften zeigten das wachsende Netzwerk von diplomatischen Beziehungen des Königreichs. "Diese Vereinbarungen mögen auf den ersten Blick symbolisch erscheinen, aber sie können mächtige strategische Instrumente sein. Sie können Saudi-Arabien Zugang zu wichtigen Entscheidungsträgern in den Verbänden verschaffen. Letztendlich sind dies die Leute, die bei der FIFA über wichtige Themen abstimmen." Solche Vereinbarungen mit Fußballverbänden hatte auch Katar im Vorfeld der WM 2022 abgeschlossen.
Keine Zweifel an der Vergabe der WM 2034 an Saudi-Arabien
Am 11. Dezember wird der FIFA-Kongress darüber abstimmen, ob die WM 2034 in Saudi-Arabien stattfinden soll - am Erfolg der Bewerbung besteht kein Zweifel. Der FIFA-Rat, in dem auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf Mitglied ist, ebnete mit mehreren Maßnahmen den Weg. Es soll per Akklamation, also einem zustimmenden Beifall, abgestimmt werden. Widerspruch aus dem Fußball gibt es nicht. Die Achtung von Menschenrechten ist bei der WM-Vergabe offiziell Teil der FIFA-Regularien, was sich jedoch nur auf Vorgänge im direkten Zusammenhang mit dem Turnier bezieht.
Menschenrechtsorganisationen haben wiederholt auf Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien aufmerksam gemacht und einen Stopp der Vergabe des Turniers nach Saudi-Arabien gefordert. Sieben Organisationen kritisierten im Oktober eine "Eskalation bei der Anwendung der Todesstrafe" in Saudi-Arabien. Mehr als 200 Menschen wurden demnach bisher im Jahr 2024 hingerichtet, was die höchste Zahl seit 1990 bedeute. Laut Amnesty International wurden im vergangenen Jahr in Saudi-Arabien hinter China und dem Iran die drittmeisten Menschen exekutiert. Im Gegensatz dazu habe Machthaber Kronprinz Mohammed bin Salman mehrfach eine zurückhaltendere Anwendung der Todesstrafen versprochen.
In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen belegt Saudi-Arabien Platz 166 von 180, noch hinter Somalia, Aserbaidschan oder Russland und sehr weit hinter Katar. Es gibt keine Meinungs- oder Versammlungsfreiheit. Frauen haben stark eingeschränkte Rechte, homosexuelle Handlungen stehen unter Strafe. Gegner des autoritären Regimes werden entweder umgebracht oder landen im Gefängnis.