WM-Vergabe der FIFA Viel Zustimmung für Saudi-Arabien - Kritik aus Norwegen
Der norwegische Fußballverband hat Kritik an der Vergabe der WM-Turniere 2030 und 2034 geäußert - und ist damit weitgehend allein, auch in Europa gibt es breite Zustimmung.
Der norwegische Verband (NFF) kündigte an, das Vergabeverfahren in einem Brief an die FIFA offiziell zu kritisieren. Der Brief soll im Protokoll des außerordentlichen digitalen FIFA-Kongresss am 11. Dezember hinterlegt werden. Bei dem Kongress werden zwei WM-Turniere vergeben, der Ausgang steht bereits fest:
- WM 2030: Spanien, Portugal und Marokko mit Eröffnungsspielen in Uruguay, Paraguay und Argentinien
- WM 2034: Saudi-Arabien
Die 211 Nationalverbände, darunter der DFB, haben jeweils nur eine Stimme, um im Paket über beide Turniere abzustimmen. Damit werden Gegenstimmen für Saudi-Arabien erschwert, weil europäische Verbände damit gleichzeitig gegen Spanien und Portugal stimmen würden. Zudem bestätigten bereits mehrere hochrangige Funktionäre im europäischen Fußball, dass ihren Informationen zufolge per Akklamation abgestimmt wird - also mit einem zustimmenden Applaus statt einer echten Abstimmung.
Die norwegische Verbandspräsidentin Lise Klaveness sagte einer Mitteilung der NFF zufolge, dass ihr Verband bei einer Akklamation nicht applaudieren werde: "Das ist ein bewusstes Signal, dass wir den Ansatz der FIFA nicht unterstützen können."
Norwegens Verbandspräsidentin Lise Klaveness
FIFA-Rat mit DFB-Präsident Neuendorf ebnete den Weg
Damit wird vor allem Kritik am Vorgehen der FIFA geübt. Der FIFA-Rat, in dem DFB-Präsident Bernd Neuendorf Mitglied ist, hatte mit drei Maßnahmen Saudi-Arabien den Weg zur WM-Ausrichtung 2034 geebnet:
- Die Bewerbungen für 2030 aus Südamerika auf der einen Seite sowie Spanien, Portugal und Marokko auf der anderen wurden zu einer zusammengefasst. Damit waren alle beteiligten Kontinente für 2034 ausgeschlossen und der Weg frei für Saudi-Arabien.
- Mit vom FIFA-Rat eingeleiteten Statutenänderungen wurde eine zuletzt verbotene Doppelvergabe wieder ermöglicht. Kritiker sehen bei den Statutenänderungen eine Abkehr von den FIFA-Reformen aus dem Jahr 2016.
- Der FIFA-Rat beschloss zudem eine Blockwahl. Damit haben die Verbände nur eine Stimme für beide Turniere im Paket.
Der norwegische Verband teilte mit, dass die Art der Vergabe den Grundsätzen der 2016 eingeleiteten FIFA-Reformen nicht ausreichend entspreche.
Neuendorf hatte am Freitag bestätigt, dass er für alle drei Maßnahmen gestimmt hat und dass er bei der Vergabe im FIFA-Kongress beide Bewerbungen unterstützen werde. Er argumentierte damit, dass er "Einfluss nehmen" wolle, um in Saudi-Arabien auf eine Verbesserung der Menschenrechtslage einzuwirken. Menschenrechtsorganisationen hatten einen Stopp der Vergabe gefordert.
DFB-Präsident Bernd Neuendorf
SFV-Präsident Blanc sagt: "FIFA hat gelernt"
Der Schweizerische Verband (SFV) und der schwedische Verband (SvFF) teilten ebenfalls mit, dass sie beim Kongress für beide Bewerbungen stimmen werden. SFV-Präsident Dominique Blanc sagte in einer Mitteilung, dass er Bedenken bei der FIFA angebracht und Forderungen zur Einhaltung von Menschenrechten gestellt habe.
"Letztlich entscheidend war das Kandidaturen-Dossier mit einer weitreichenden Menschenrechtsstrategie. Das hat uns aufgezeigt, dass die FIFA und die Organisatoren aus Katar gelernt haben", sagte Blanc demzufolge.
Dominique Blanc, Präsident des Schweizerischen Fußballverbands
Menschenrechtsorganisationen warnen vor Vergabe nach Saudi-Arabien
Die beiden Menschenrechtsorganisationen Sport & Rights Alliance und Amnesty International hatten die FIFA aufgefordert, die Vergabe der WM 2034 nach Saudi-Arabien zu stoppen, eben weil die von Blanc erwähnte und mit der Bewerbung eingereichte Menschenrechtsstrategie Saudi-Arabiens unzureichend und fehlerhaft sei. Auch Neuendorf hatte sich auf das Dokument bezogen, das von einer Anwaltskanzlei mit Sitz in Riad formuliert wurde.
Mit Blick auf den DFB und die anderen FIFA-Mitglieder sagte Direktorin Andrea Florence von der Sport & Rights Alliance: "Wenn die Verbände eine WM vergeben, ohne dass die erforderliche Menschenrechts-Prüfung durchgeführt wurde, sind die Verbände auch für Verstöße mitverantwortlich." Die Einhaltung von Menschenrechten wird in den FIFA-Regularien im Zusammenhang mit der WM gefordert. Die generelle Lage der Menschenrechte in einem Ausrichterland ist kein Kriterium für die Vergabe.
Andrea Florence, geschäftsführende Direktorin der Menschenrechtsorganisation Sports and Rights Alliance
Belgien, Dänemark und Niederlande auf Zustimmungskurs
In Europa gibt es breite Zustimmung für das Turnier in Saudi-Arabien. Belgiens Verband schrieb in einer Stellungnahme in der dänischen Zeitung "Ekstra Bladet", die Bewerbung Saudi-Arabiens beweise, dass die Organisatoren alles tun wollen, um ein starkes Turnier unter Einhaltung internationaler Richtlinien abzuhalten. "Wir wünschen ihnen viel Glück bei der Organisation in Zusammenarbeit mit der FIFA", so der belgische Verband.
In Dänemark empfahl der Governance- und Entwicklungsausschuss des Verbands DBU bereits die Zustimmung bei der Vergabe. Die Ausschussvorsitzende Helle Thorning-Schmidt sagte in der Zeitung "Politiken", dass die WM "nicht als Schauplatz politischer Auseinandersetzungen genutzt werden darf".
Gijs de Jong, Generalsekretär des niederländischen Verbands KNVB, deutete in einem Interview mit der Zeitung "Volkskrant" Zustimmung an und sprach davon, dass seine Organisation "Lehren aus Katar" gezogen habe. Die Lehre für ihn sei: "Wenn wir die Verbindung verlieren, ist sie weg. Dann kommt es nur noch zu Konfrontation, zu einem Gegeneinander. Das haben wir nach der WM in Katar auch gemerkt. Weltweit gab es Probleme mit der nordwesteuropäischen Position. Wir brauchen permanenten Dialog und Diplomatie." Weltweit haben laut de Jong schon 150 der 211 Nationalverbände ihre Unterstützung für Saudi-Arabien angekündigt.
Gijs de Jong, Generalsekretär des niederländischen Fußballverbands
Die Schweiz, Schweden, Belgien, Dänemark und die Niederlande sind wie Deutschland allesamt Teil der Gruppe an Ländern gewesen, die für die WM in Katar die Aktion mit der "One Love"-Kapitänsbinde als Zeichensetzung für Menschenrechte ins Leben gerufen hatten. Schweden war nicht qualifiziert, die anderen Länder legten die Binde ab, nachdem die FIFA mit Gelben Karten und weiteren nicht genauer genannten sportlichen Sanktionen gedroht haben soll.
Menschenrechtlerin: "Stadien auf dem Tod von Gastarbeitern gebaut"
Florence von der Sport and Rights Alliance kritisierte, dass es bereits jetzt Verstöße im Zusammenhang mit den Rechten von Gastarbeitern in Saudi-Arabien gebe. Elf Stadien werden neu gebaut, fast 200.000 neue Hotelzimmer sollen entstehen. "Und in diesem Punkt müssen wir dringend unsere Lehren aus Katar ziehen. Die Welt hat gesehen, dass die Stadien auf dem Tod von Gastarbeitern gebaut wurden. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich das in Saudi-Arabien wiederholt", sagte Florence. Sie fordert einen Stopp der Vergabe.
Schweden kritisiert "Mangel an Wettbewerb"
Der schwedische Verband kritisierte einen mangelnden Wettbewerb. Zudem sagte Reinfeldt: "Wir glauben, dass für zukünftige Prozesse darauf geachtet werden sollte, dass es mehr Kandidaten gibt."
Schwedens Verbandspräsident Fredrik Reinfeldt
Die Tatsache, dass es für beide Turniere jeweils nur einen Bewerber gibt und beide Turniere gleichzeitig vergeben werden, hatte mit Miguel Maduro auch der frühere Governance-Chef der FIFA kritisiert. Es fehle an Wettbewerb, Absprachen würden begünstigt, sagte Maduro im Gespräch mit der Sportschau.