Ein Mikrofon mit den Logos der Ligue 1 und von DAZN

Bruch mit Streamingdienst DAZN Frankreichs Ligue 1 vor nächster Finanzkrise

Stand: 16.04.2025 11:07 Uhr

Der Streit zwischen der französischen Ligue 1 und dem Streamingdienst DAZN eskaliert: Die Klubs wollen die Trennung, doch ihre finanzielle Krise könnte das weiter verschärfen.

In einer Sitzung am Dienstag (15.04.2025) beschlossen die Präsidenten der 18 Klubs der Ligue 1 laut der Sporttageszeitung "L'Équipe", zum Saisonende eine Beendigung der ursprünglich bis 2028 vereinbarten Zusammenarbeit mit DAZN anzustreben. Auch der Vorstand der Ligue de Football Professionnel (LFP), die in ihrer Funktion vergleichbar mit der DFL in Deutschland ist, stimmte demnach zu. Die LFP wäre dann erneut auf der Suche nach einem TV-Partner - und steht möglicherweise vor weiteren erheblichen finanziellen Problemen.

Zuvor war eine Schlichtung in dem Streit fehlgeschlagen. Man stelle "das Scheitern der Anfang März 2025 eingeleiteten Mediation fest", teilte die Tochtergesellschaft "LFP Media" mit. DAZN teilte laut "The Athletic" mit: "Es ist in der Mediation leider nicht gelungen, die Kluft zwischen den Parteien zu überbrücken. Deshalb war es nicht möglich, zu einer Einigung über eine gütliche Lösung der Lage zu gelangen." In ihrer Stellungnahme betonte "LFP Media": "Der Vertrag zwischen den Parteien bleibt in Kraft und wir erwarten, dass unser Partner alle seine Verpflichtungen vollständig erfüllt."

Die Geschäftsstelle des französischen Ligaverbands LFP in Paris

Die Geschäftsstelle des französischen Ligaverbands LFP in Paris

Streit um illegales Streaming und Zusammenarbeit

Im Februar hatte DAZN öffentlich angekündigt, von einer fälligen Rate in Höhe von 70 Millionen Euro die Hälfte vorerst einbehalten zu haben. "Wenn man einen Topf kauft, erwartet man kein Sieb", sagt der Geschäftsführer Brice Daumin von "DAZN" France der Zeitung "Le Figaro". Was er damit meinte: Aus Sicht von DAZN unternimmt die Liga zu wenig gegen illegales Streaming. Zudem gab es Streit um die Mitwirkung der Klubs bei der Gestaltung der Berichterstattung.

Brice Daumin, Geschäftsführer von DAZN Frankreich

Brice Daumin, Geschäftsführer von DAZN Frankreich

Der Konflikt ging so weit, dass sich beide Seiten vor Gericht trafen. DAZN forderte 573 Millionen Euro Entschädigung und sprach von einem "Produktbetrug" und einem "beobachteten Versagen" der Liga, die zu einer enttäuschenden Zahl an Abonnements geführt hätten. Die LFP forderte wiederum die Zahlung des ausstehenden Geldes.

Für die Liga und die Klubs stellt sich eine regelrecht existenzielle Frage: Wer zeigt künftig die Spiele und wo kommt das Geld her?

LFP gerät von einer Krise in die nächste

Für Frankreichs Profifußball steht damit die nächste Krise an. Solche Situationen gab es in den vergangenen Jahren reichlich:

  • Dezember 2020: Der TV-Vertrag der Liga mit dem Dienst "Mediapro" platzte nach Ausbruch der Pandemie 2020 spektakulär, der Anbieter war zahlungsunfähig. "Amazon Prime" übernahm für weniger Geld, die Einnahmen aus den Medienrechten sanken fast um ein Viertel. Die Liga, die als einzige große Liga die Saison wegen der Pandemie abbrechen musste, verkrachte sich parallel mit dem langjährigen Partner "Canal plus".
  • April 2022: In ihrer finanziellen Schieflage verpfändete die LFP 13 Prozent ihrer TV-Einnahmen für 1,5 Milliarden Euro an den Private-Equity-Investor CVC. Der Haken: Der Vertrag läuft nicht ab, die Verpflichtung gilt mindestens für die geplante Lebensdauer einer für den Vertrieb der TV-Rechte gegründeten Tochtergesellschaft von 99 Jahren. Das Geld wurde sehr ungleich verteilt: 200 Millionen Euro gingen an Paris Saint-Germain, Absteiger in die Ligue 2 bekamen 16,5 Millionen.
  • Juli 2024: Ein Investorendeal sollte alle reicher machen - die Liga, die Klubs und den Investor. Für den neuen TV-Vertrag peilte die Liga mit CVC eine Milliarde Euro jährlich an. Das sollte die Ligue 1 wirtschaftlich dem Niveau der Bundesliga oder der Serie A zumindest näherbringen. Die Realität: Nur 500 Millionen Euro brachte der neue Vertrag - 400 von "DAZN", 100 von "BeinSports". Und auch von dieser Summe gehören 13 Prozent dem Investor.
  • Oktober 2024: Der französische Senat bescheinigte der LFP hochoffiziell "Misswirtschaft". Ein Kritikpunkt: LFP-Chef Vincent Labrune kassierte für den Abschluss des Investorendeals dem Senatsbericht zufolge einen Bonus. "Das ist beispiellos", schrieb der Senat. "Die Führungskräfte der LFP hatten objektiv ein persönliches Interesse an dieser Entscheidung." Labrunes Gehalt wurde nach dem Abschluss von 420.000 Euro auf 1,2 Millionen Euro fast verdreifacht, später wieder auf 840.000 Euro gesenkt. Labrune bestritt die Vorwürfe und wurde von den Klubs als LFP-Chef wiedergewählt.
  • April 2025: Nun steht die Vereinbarung mit DAZN vor dem Ende.
LFP-Chef Vincent Labrune

LFP-Chef Vincent Labrune

Titelkampf langweilig, Stars verlassen die Liga

Für die LFP ist die Suche nach einem neuen Partner schwierig. Denn die Entwicklung der Liga macht sie sportlich für Sender immer weniger interessant.

Paris Saint-Germain gewann elf der 13 jüngsten Meisterschaften. Schon Anfang April stand PSG in dieser Saison als Meister fest. Weder wirtschaftlich noch sportlich gibt es ernsthafte Konkurrenz für den Spitzenklub der Liga.

Alte Zeiten: Mbappe, Messi und Neymar in der Ligue 1

Alte Zeiten: Mbappe, Messi und Neymar in der Ligue 1

Gleichzeitig verließen aber die letzten ganz großen Stars die Liga: Lionel Messi (Inter Miami) und Neymar (Al-Hilal) gingen 2023, Kylian Mbappé (Real Madrid) 2024. Die LFP schuf zuletzt den Markenkern "Liga der Talente".

Das Ergebnis ist ein langweiliger Titelkampf ohne große Namen, der für mögliche TV-Partner unattraktiv ist.