Untersuchungsbericht veröffentlicht Senat bescheinigt Frankreichs Profifußball Misswirtschaft
Frankreichs Fußball steckt in einer finanziellen Krise. Der französische Senat kritisiert Interessenkonflikte, Luxus, Bereicherung, wirtschaftliche Fehlentscheidungen - und schlägt Änderungen vor.
Im Sommer verkaufte der französische Ligaverband LFP - als Organisation vergleichbar mit der DFL in Deutschland - seine nationalen Medienrechte unter erheblichem Zeitdruck. Weniger als 500 Millionen Euro Erlös pro Saison gibt es dafür nun für die kommenden fünf Spielzeiten bis 2029. Es ist ein Ergebnis, das weit unter der einst angepeilten Milliarde liegt und das immer deutlicher Spuren hinterlässt.
Der Senat in Frankreich
Eine Kommission des französischen Senats, der eine ähnliche Funktion wie der Bundesrat in Deutschland hat, veröffentlichte am Dienstag einen Bericht über den französischen Profifußball. Die Bilanz der beiden konservativen Senatoren Michel Savin und Laurent Lafon, die den Bericht auch auf Grundlage von vielen Gesprächen mit Experten verfassten: desaströs. "Es wurden Fehler gemacht und keine Lehren gezogen", sagte Savin bei einem Medientermin. "Denn es werden weiter Fehler gemacht, und die bringen die Vereine in eine sehr heikle Lage." Savin sprach in der Zeitung "Le Monde" zudem davon, dass er hoffe, "dass nicht mehrere Klubs ihren Betrieb einstellen müssen".
Senator Michel Savin, einer der Mitverfasser des Berichts
Senat benennt Probleme: Interessenkonflikte und Verschwenung
Der Bericht kritisiert mehrere Probleme:
Die Private-Equity-Gesellschaft CVC stieg bei der LFP als Investor ein: 1,5 Milliarden Euro bekamen die Klubs dafür - dafür sind 13 Prozent ihrer Einnahmen aus den TV-Rechten dauerhaft weg, sie gehen an den Investor. Die LFP stellte damals in Aussicht, dass sich die Einnahmen bis 2032 mehr als verdoppeln, und sich das Geschäft so für die Liga und den Investor lohnt. In der Realität betragen die Einnahmen derzeit die Hälfte des erhofften Betrags. "Sehr optimistisch" sei dieser Geschäftsplan gewesen, heißt es in dem Bericht. Ein weiteres Problem: Der Vertrag läuft nicht ab, die Verpflichtung gilt mindestens für die geplante Lebensdauer einer für den Vertrieb der TV-Rechte gegründeten Tochtergesellschaft von 99 Jahren. In ihrem Bericht halten die Senatoren fest, dass der Anteil der Zahlungen an CVC auf bis zu 20 Prozent steigen kann. Weiterer Kritikpunkt: Das Geld sei sehr ungleich verteilt worden: 200 Millionen Euro gingen an PSG, Absteiger in die Ligue 2 bekamen 16,5 Millionen.
Kritik gibt es an Interessenkonflikten: LFP-Chef Vincent Labrune kassierte für den Abschluss des Investorendeals dem Bericht zufolge einen Bonus für die mehrteilige Kapitalerhöhung. "Das ist beispiellos", kritisiert der Bericht. "Die Führungskräfte der LFP hatten objektiv ein persönliches Interesse an dieser Entscheidung, die sie dem Vorstand vorschlugen, ohne eine glaubwürdige Alternative vorzuschlagen." Labrunes Gehalt wurde nach dem Abschluss von 420.000 Euro auf 1,2 Millionen Euro fast verdreifacht, später wieder auf 840.000 Euro gesenkt.
Ein anderer Interessenkonflikt laut Bericht: Nasser Al-Khelaifi aus Katar ist auf der einen Seite Präsident von Paris Saint-Germain und Gremienmitglied in einem LFP-Tochterunternehmen zum Verkauf von kommerziellen Rechten. Auf der anderen Seite ist er Geschäftsführer des katarischen Medienkonzerns beIN Sports. beIN Sports kaufte Teile der aktuellen Medienrechte. Die Anwesenheit Al-Khelaifis bei einer LFP-Vorstandssitzung, bei der exklusive Verhandlungen unter anderem mit beIN Sports France beschlossen wurden, "ist gelinde gesagt überraschend", heißt es in dem Bericht. Al-Khelaifi habe sich auf Anfrage des Senats nicht zu einer Anhörung bereit erklärt.
LFP-Geschäftsführer Vincent Labrune (l.), mit Nasser Al-Khelaifi, der Geschäftsführer von beIN Sports und Präsident von Paris Saint-Germain ist.
Die Liga lebe über ihre Verhältnisse, heißt es von den Senatoren: Bei Abschluss des Investorendeals habe die LFP eine neue Zentrale für mehr als 130 Millionen Euro in Paris gekauft. Mit Blick auf das enttäuschende Ergebnis des Verkaufs der Medienrechte 2024 bis 2029 heißt es in dem Bericht: "Es wäre klug gewesen, das Ergebnis des Verkaufs der Rechte abzuwarten." Der Lebensstil der Liga stehe "in einem Kontrast zur finanziellen Situation der Vereine", sagte Senator Savin.
Die LFP reagierte bislang nicht öffentlich auf den Bericht.
Die Geschäftsstelle des französischen Ligaverbands LFP in Paris
Empfehlungen: Transparenz, Sparkurs und nur ein TV-Sender
Für eine bessere Zukunft gibt der Senatsbericht mehrere Empfehlungen.
- Mehr Kontrolle: Der französische Rechnungshof könnte sich bei der Überprüfung der Finanzen beteiligen, heißt es in dem Bericht. Alle Interessen und Vermögenswerte der Funktionäre sollten zudem offengelegt werden.
- Nur ein TV-Sender: Der Bericht sieht die Notwendigkeit einer Reform des Rechteverkaufs. "Diese Reform muss die Interessen der Verbraucher in den Vordergrund stellen", heißt es. "Insbesondere wäre es wünschenswert, die Vergabe audiovisueller Rechte möglichst an einen einzigen Sender statt an mehrere zu erleichtern." Zugleich solle die illegale Verbreitung der Bilder zu einem Straftatbestand erklärt werden.
- Mehr Wirtschaftlichkeit: Die Höchstzahl an Vertragsspielern soll auf 30 beschränkt werden. Analog zum neuen Financial Fairplay der UEFA und zu den Finanzregularien in Spanien empfiehlt der Bericht, die Einführung einer Kostenobergrenze für die Klubs. Nur noch 70 Prozent der Einnahmen, sollen die Klubs dann in ihre Kader stecken dürfen. Die Kosten seien enorm gestiegen: Kylian Mbappé, mittlerweile bei Real Madrid, habe in Paris zuletzt sechs Millionen Euro pro Monat verdient.
Senator Savin verwies bei der Pressekonferenz auf ein weiteres Einsparpotenzial. "Wenn wir sehen, dass die Liga heute zu Einsparungen gezwungen ist, denke ich, dass das erste Signal darin besteht, dass LFP-Präsident Labrine auf Geld verzichten könnte." Auch für seine Position fordert der Bericht eine Obergrenze von 450.000 Euro.
LFP-Präsident Vincent Labrune