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Fußballkrise in Frankreich Wegen illegalem Streaming - "DAZN" kürzt Zahlungen an Ligue 1
Der französische Profifußball gerät immer tiefer in die Krise. Die Erlöse aus den Medienrechten sanken ohnehin deutlich - nun will "DAZN" noch weniger zahlen.
"DAZN" kündigte an, dem fanzösischen Ligaverband LFP (vergleichbar mit der DFL in Deutschland) die Zahlung einer anstehenden Rate aus dem TV-Vertrag zu verweigern. "Wenn man einen Topf kauft, erwartet man kein Sieb", sagt der Geschäftsführer Brice Daumin von "DAZN" France der Zeitung "Le Figaro".
Was er damit meint: Die Liga unternehme zu wenig gegen illegales Streaming. Durch die Piraterie der Bilder wird es für Fans jedoch unattraktiv, ein Abo abzuschließen. Der "DAZN"-Geschäftsführer bestätigte öffentlich, von der jüngsten Rate in Höhe von 70 Millionen Euro die Hälfte vorerst einbehalten zu haben, um ein strengeres Vorgehen zu erwirken. "Die Bemühungen reichen nicht aus. In Italien werden 18.000 Links in zwei Tagen blockiert. In Frankreich 5.000 pro Jahr."
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Brice Daumin, Geschäftsführer von DAZN Frankreich
Ligaverband klagt gegen "DAZN"
In einer außerordentlichen Sitzung beschloss der Vorstand der LFP rechtliche Schritte gegen "DAZN". Man werde "die Angelegenheit an ein Gericht verweisen, um die Anordnung zu erwirken, dass DAZN alle vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen hat". LFP-Chef Vincent Labrune sagte nach der Sitzung: "Gleichzeitig setzen wir die Gespräche mit unserem Partner "DAZN" fort, um einen schnellen Ausweg aus dieser Situation zu finden."
![LFP-Chef Vincent Labrune | REUTERS LFP-Chef Vincent Labrune](https://images.sportschau.de/image/8942dc4a-45c7-4c0a-b894-61780d73a6e9/AAABlP82bl4/AAABkZLlUbs/16x9-960/lfp-krise-100.jpg)
LFP-Chef Vincent Labrune
"DAZN"-Chef Daumin zeigte sich verwundert. "Wir waren ein wenig überrascht über die Art und Weise, wie der größte Sender der Ligue 1 behandelt wird. Nichts wird jemals vor Gericht gelöst." Doch auch "DAZN" nutzt offenbar diesen Weg. Laut "L'Équipe" will "DAZN" eine einstweilige Verfügung an einem Pariser Handelsgericht erstreiten, nach der sich die Liga nicht an die Vertragsbedingungen gehalten habe.
Illegales Streaming ist ein Problem bei der Wertschöpfung für die Ligen. Wenn die Fans die Spiele kostenfrei sehen können, fließt kein Geld an die Käufer der TV-Rechte. In Großbritannien wurden illegale Streaminganbieter von Premier-League-Spielen zu Haftstrafen verurteilt. "DAZN" zeigt derzeit acht Spiele der Ligue 1, "BeinSports" eins sowie die Spiele der Ligue 2.
Frankreichs Liga rutscht von einem Desaster ins nächste
Für Frankreichs Profifußball steht damit die nächste Krise an. Solche Situationen gab es in den vergangenen Jahren reichlich:
- Dezember 2020: Der TV-Vertrag der Liga mit dem Dienst "Mediapro" platzte nach Ausbruch der Pandemie 2020 spektakulär, der Anbieter war zahlungsunfähig. "Amazon Prime" übernahm für weniger Geld, die Einnahmen aus den Medienrechten sanken fast um ein Viertel. Die Liga, die als einzige große Liga die Saison wegen der Pandemie abbrechen musste, verkrachte sich parallel mit dem langjährigen Partner "Canal plus".
- April 2022: In ihrer finanziellen Schieflage verpfändete die LFP 13 Prozent ihrer TV-Einnahmen für 1,5 Milliarden Euro an den Private-Equity-Investor CVC. Das Geld haben die Klubs bekommen. Der Haken: Der Vertrag läuft nicht ab, die Verpflichtung gilt mindestens für die geplante Lebensdauer einer für den Vertrieb der TV-Rechte gegründeten Tochtergesellschaft von 99 Jahren. Das Geld sei sehr ungleich verteilt worden: 200 Millionen Euro gingen an Paris Saint-Germain, Absteiger in die Ligue 2 bekamen 16,5 Millionen.
- Juli 2024: Der Investorendeal sollte alle reicher machen: Die Liga, die Klubs und den Investor. Ein neuer TV-Vertrag sollte eine Milliarde Euro bringen und die Ligue 1 wirtschaftlich dem Niveau der Bundesliga oder der Serie A zumindest näherbringen. Doch nur 500 Millionen Euro brachte der neue Vertrag - 400 von "DAZN", 100 von "BeinSports". Und auch von dieser Summe gehören 13 Prozent dem Investor.
- Oktober 2024: Der französische Senat bescheinigte der LFP hochoffiziell "Misswirtschaft". Ein Kritikpunkt: LFP-Chef Vincent Labrune kassierte für den Abschluss des Investorendeals dem Senatsbericht zufolge einen Bonus. "Das ist beispiellos", schrieb der Senat. "Die Führungskräfte der LFP hatten objektiv ein persönliches Interesse an dieser Entscheidung." Labrunes Gehalt wurde nach dem Abschluss von 420.000 Euro auf 1,2 Millionen Euro fast verdreifacht, später wieder auf 840.000 Euro gesenkt. Labrune bestritt die Vorwürfe und wurde von den Klubs als LFP-Chef wiedergewählt.
Die Entwicklung der Liga macht sie sportlich für Sender immer weniger interessant. Der Titelkampf verläuft weitgehend geräuschlos, Paris Saint-German gewann zehn der jüngsten zwölf Meisterschaften und muss weder wirtschaftlich noch sportlich irgendeine Konkurrenz fürchten.
![Joao Neves von Paris Saint-Germain am Wochenende beim 4:1 gegen Monacos Lucas Michal | FRANCK FIFE / AFP Joao Neves von Paris Saint-Germain am Wochenende beim 4:1 gegen Monacos Lucas Michal](https://images.sportschau.de/image/15e5d89d-c29e-4c3e-83ba-3a9a83dbef89/AAABlP81VhU/AAABkZLlUbs/16x9-960/lfp-krise-104.jpg)
Joao Neves von Paris Saint-Germain am Wochenende beim 4:1 gegen Monacos Lucas Michal
Gleichzeitig verließen die letzten großen Stars die Liga: Lionel Messi (Inter Miami) und Neymar (Al-Hilal) gingen 2023, Kylian Mbappé (Real Madrid) 2024. Die LFP schuf zuletzt den Markenkern "Liga der Talente".