Kaum Spiele am Wochenende Frankreichs 2. Liga - Fans rufen zu Protesten auf
In der Ligue 2 haben zahlreiche Fangruppen zu Protestaktionen aufgerufen. Der Grund: Von den neun Partien des 1. Spieltags findet nur eine am Wochenende statt - und so soll es zunächst weitergehen.
"Le foot c'est le weekend" ("Fußball ist am Wochenende!") - unter diesem Motto formiert sich derzeit der Protest in Frankreichs 2. Liga. Denn die bekommt ein neues Spieltagsschema: Am Freitagabend (16.08.2024) finden sechs der neun Partien des 1. Spieltags statt. Nur eines ist für Samstag vorgesehen, zwei sollen am Montagabend angepfiffen werden.
In der vergangenen Saison sah das grundsätzliche Schema acht Spiele am Samstag und eines am Montag vor. Der Wechsel bedeutet also ein Spiel am Wochenende statt zuvor acht. Das Modell soll grundsätzlich über die ganze Saison so fortgesetzt werden. Für viele Fans ist damit eine rote Linie überschritten.
Leere Ränge könnte es auch im Stade des Alpes in Grenoble geben.
Fanbündnis: "Werden mit einer gemeinsamen Revolte antworten"
"Innerhalb weniger Stunden saßen alle Gruppen an einem Tisch und lösten eine beispiellose Welle der Solidarität aus", teilten organisierte Fangruppen aller Klubs der Ligue 2 in einer gemeinsamen Stellungnahme mit. "Vereint und entschlossen werden wir nun mit einer gemeinsamen Revolte antworten." Bekannt gegeben wurde das neue Spieltagsschema am 1. August, also nur zwei Wochen vor dem Saisonstart. Viele Dauerkarten waren da schon verkauft.
Alle aktiven Fangruppen der Ligue 2 werden der Mitteilung zufolge einen Stimmungsboykott durchführen. "Bei Heim- und Auswärtsspielen, von der 1. bis zur 90. Minute. Die Spiele werden in einer Stille stattfinden, die unserer Verzweiflung entspricht." Die Gruppen drohen mit Aktionen, "um die Übertragung von Spielen durch beIN Sports zu stören, damit unserer Stimme Gehör verschafft wird". In Testspielen gab es erste Proteste.
Last-Minute-Verkauf der TV-Rechte führt ins Dilemma
Die Vorgeschichte basiert auf dem Umstand, dass der Ligaverband LFP kurz vor Saisonbeginn ohne TV-Vertrag für das französische Fernsehen da stand, die Ausschreibung wurde wegen der niedrigen Gebote zeitweise unterbrochen. Das Ergebnis war ein Abschluss mit dem Streamingdienst DAZN und dem katarischen TV-Sender beIN Sports, der weit hinter den Erwartungen zurückblieb. In Spanien, Italien und Großbritannien hat die Ligue 1 bis heute keinen TV-Vertrag für die nun startende Saison, in Deutschland zeigt DAZN die Spiele.
Die Geschäftsstelle des französischen Ligaverbands LFP in Paris
Der Ligaverband hatte unter der Führung von Geschäftsführer Vincent Labrune zudem nach der Coronakrise, einem geplatzten TV-Vertrag mit dem Dienst "Mediapro" und einem Zerwürfnis mit dem Sender Canal+ einen Investorendeal abgeschlossen. Die LFP muss nun unbefristet jedes Jahr 13 Prozent seiner TV-Einnahmen an den Geldgeber abtreten. Der Investorendeal sollte eigentlich alles besser machen und mit bis dahin vermeintlich unerschlossenen Einnahmen sowohl den Finanzbedarf der Liga als auch den des Investors decken. Eine Milliarde pro Saison sollte es werden, rund 500 Millionen wurden es, abzüglich der 13 Prozent. Nun stehen die Klubs finanziell unter Druck.
Während sich beIN Sports die Ligue 1 mit DAZN teilt, überträgt der Sender die Ligue 2 alleine. Dafür zahlt beIN Sports, dessen Geschäftsführer mit Nasser Al-Khelaifi der Präsident von Paris Saint-Germain ist, von 2024 bis 2029 pro Saison 40 Millionen Euro an die LFP. Durch den neuen Spielplan konkurriert die Ligue 2 nun nicht mehr mit der Ligue 1 und geht im Programm auch vielen anderen Sportarten aus dem Weg, die der Sender zeigt. "Mit dieser Entscheidung zeigen beIN Sports und die LFP ihre offensichtliche Verachtung gegenüber den Fans", kritisieren die Fangruppen in ihrer Stellungnahme. "beIN Sports tötet die Ligue 2!"
LFP-Geschäftsführer Vincent Labrune (l.), mit Nasser Al-Khelaifi, der Geschäftsführer von beIN Sports und Präsident von Paris Saint-Germain ist.
beIN Sports widerspricht: "Kritik ist ungerecht"
Florent Houzot, Programmdirektor von beIN Sports in Frankreich, verteidigte in einem Interview mit der Sporttageszeitung L'Équipe das Vorgehen. Die Kritik sei völlig ungerecht. "Ich akzeptiere nicht, dass unser Image beschmutzt wird, obwohl wir pro Saison mehr als 40 Millionen Euro in die Ligue 2 investieren und nicht für die verspätete Vergabe der Rechte verantwortlich sind", sagte Houzot. "Ohne beIN gäbe es keine nennenswerten Investitionen, keine derartige Berichterstattung über die Ligue 2. Sie würde vielleicht im Verborgenen bleiben. Die Behauptung, wir spucken auf die Ligue 2, ist also völlig unfair."
Er forderte die Klubs und die Liga auf, dem Sender den Rücken zu stärken. "Die Liga und die Präsidenten haben es abgesegnet", sagte Houzot. Während die LFP sich bislang über die grundsätzliche Bekanntgabe der Vereinbarung hinaus nicht geäußert hat, pflichten einige Klubs nun den Fans bei.
Florent Houzot, Programmdirektor von beIN Sports in Frankreich
Kritik mehrerer Klubs am neuen Spielplan
Der FC Lorient teilte mit, er bedaure, "dass dieser neue Spielplan die Anwesenheit der Fans im Stadion, zu Hause und auswärts, bestraft". Der Klub werde von "einem Teil seiner Seele abgeschnitten". Der FC Lorient betonte, er hoffe auf einen Kompromiss. Ähnlich äußerte sich USL Dunkerque. Der FC Paris schrieb, dass die Änderung "zu einem erheblichen Rückgang der Stadionbesucherzahlen führen wird". Die Entscheidung dürfe daher nicht erst am Saisonende in Frage gestellt werden, so der FC Paris. Auch Clermont Foot sprach sich für eine Rücknahme der Maßnahme aus.
Red Star Paris schlug sich unmissverständlich auf die Seite der Fans und schickte in einem Testspiel bei AJ Auxerre die Spieler in T-Shirts mit dem Protestmotto "Fußball ist am Wochenende!" auf den Platz.
Präsident von Grenoble spricht von wirtschaftlichen Zwängen: "Wir mussten es akzeptieren"
Stéphane Rosnoblet, Präsident von Grenoble Foot, äußerte in einer Stellungnahme Verständnis für den Unmut der Fans und räumte ein, dass das Vorgehen für die Fans "im Allgemeinen brutal ist und respektlos erscheinen mag". Er verwies auf die Zwänge, die in den letzten Jahren entstanden sind.
Der französische Fußball leide "wie nie zuvor unter verkümmerten Fernsehrechten und dem Mangel an Sendern, die über die Mittel verfügen, sich diese zu leisten", schrieb Rosnoblet. beIN Sports sei der einzige Sender, der zu einer erheblichen Investition bereit gewesen ist. "Unsere unglaublich schlechte wirtschaftliche Verfassung erfordert es, dass wir diese Veränderungen des Spieltags akzeptieren."
Stéphane Rosnoblet, Präsident von Grenoble Foot