Wintersport-Podcast der Sportschau Bob-Trainer René Spies: "Wir haben eine goldene Generation"
Als Cheftrainer der deutschen Bob-Mannschaft ist René Spies extrem erfolgreich. Im Wintersport-Podcast blickt er voraus auf die WM in St. Moritz, aber auch zurück auf seine bisherigen Erfolge.
Sportschau: René Spies, seitdem du Cheftrainer bist, habt ihr 30 Medaillen gesammelt. Ist dir eigentlich bewusst, wie erfolgreich ihr seid?
René Spies: Die Zahl habe ich nicht ausgerechnet und gerade das erste Mal gehört. Aber natürlich waren wir in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich. Das ist jetzt mein siebtes Jahr als Cheftrainer und da sind schon einige Medaillen zusammengekommen.
Sportschau: Wenn du sagst, dass du die Zahl von 30 Medaillen noch nie gehört hast - wie findest du das?
Spies: Das ist eine Auszeichnung für das gesamte Team. Man kann schon sagen, dass wir eine goldene Generation haben mit leistungsbereiten Pilotinnen und Piloten, die von der Altersstruktur ein bisschen inhomogen sind: Die Männer sind ein bisschen älter, die Frauen etwas jünger - aber insgesamt eine goldene Generation. Dazu kommt, dass wir ein sehr gutes Trainer- und Betreuerteam sind. Wir verstehen uns gut, haben viele Dinge entwickelt und umgestellt, und am Ende zeigt sich der Erfolg.
Sportschau: Die Erfolgsgeschichte soll natürlich fortgeschrieben werden - auch bei der WM in St. Moritz. Was ist das Besondere an dieser Bob-Bahn?
Spies: St. Moritz ist die einzige Natur-Bob-Bahn. Das heißt, die Bahn wird jedes Mal wieder neu aufgebaut. Das dauert jedes Mal drei oder vier Wochen, in denen Eis- und Schneematsch mit großen Radladern in die Kurven gebracht wird - jedes Jahr. So sind die Kurven immer ein bisschen anders, man muss sich die Bahn also jedes Jahr neu erarbeiten: Wo muss ich lenken, wie muss ich fahren, wo ist die Ideallinie, welche Linie ist schnell? Das ist natürlich spannend und jedes Jahr aufs Neue eine Herausforderung.
Sportschau: Also für alle, die nicht wissen, was eine Natur-Bob-Bahn ist: die ist quasi in den Berg reingebaut …
Spies: Genau, das ist praktisch eine Schneise durch den Wald und da werden jedes Jahr die Kurven neu aufgebaut. Die normalen Bob-Bahnen sind künstliche Bahnen. Das sind Beton-Röhren, da wird dann Ammoniak reingepumpt, die Beton-Röhre runtergekühlt auf Minusgerade und dann bespritzt mit Wasser, und so friert die Bahn langsam ein und man hat das Kunsteis.
Sportschau: Schauen wir doch mal auf die Favoritinnen und Favoriten für die WM in St. Moritz, die kommen ja weitgehend aus deinem Stall. Fangen wir mal mit den Frauen im Mono-Bob an ...
Spies: Die Disziplin ist noch nicht so alt und wir haben wirklich Startschwierigkeiten gehabt, aber konnten in dieser Saison auch erstmals einen Sieg erzielen, mit Laura Nolte. Von daher ist Laura eine Kandidatin auf eine Medaille. Aber Lisa Buckwitz war am Start sehr stark, hat also auch eine Chance, Kim Kalicki, fahrerisch die reifste Pilotin bei uns, natürlich auch. Aber jetzt kommts: Eine Kailli Humphries zu schlagen, da bedarf es schon einer besonders guten Leistung.
Sportschau: Schauen wir weiter auf den Zweier-Bob - da sind die Favoriten die üblichen Verdächtigen, oder?
Spies: Im Zweier ist das noch ein bisschen anders, da waren wir sehr dominant in den letzten Jahren, haben ein sehr gutes Gerät. Von der Fahrspur sind unsere Frauen sehr gut. Daher gehe ich davon aus, dass unsere Frauen größere Chance haben als im Mono-Bob.
Sportschau: Viele schauen auf Laura Nolte, die amtierende Olympiasiegerin im Zweierbob in Peking, aber Kim Kalicki ist ja unfassbar gut in die Saison gestartet. Was traust du ihr zu?
Spies: Der traue ich alles zu - aber das gilt für alle Mädels. Das ist die erfahrenste im Zirkus bei uns, kennt alle Bahnen sehr gut. Mit Leonie Fiebig hat sie auch eine sehr gute Anschieberin, deshalb wird sie da nicht diesen Startrückstand haben, den sie im Mono-Bob hat.
Sportschau: Dann machen wir doch weiter mit dem Zweierbob der Männer.
Spies: Für uns ist das auch eine Disziplin, in der wir in den letzten Jahren sehr erfolgreich waren. Wir fahren da mit dem gleichen Bob wie bei den Frauen und haben also sehr gute Voraussetzungen. Allerdings war es da auch schon so, dass wir beim Heim-Weltcup in Winterberg nur ein Team auf dem Treppchen hatten. Es wird also auch da schwer, wir brauchen sehr gute Leistungen - aber die haben wir schon gezeigt mit Johannes Lochner und Georg Fleischhauer in diesem Jahr. Francesco Friedrich hat sich Ende letzten Jahres leider eine Verletzung zugezogen - da müssen wir also gucken, ob er hundert Prozent geben kann. Christoph Hafer hat in diesem Jahr mit Matthias Sommer auch gezeigt, dass er immer auf die Medaillen schielt. Er kann auf der langen Bahn auch für eine Überraschung sorgen.
Sportschau: Wenn du einen Wunsch äußern könntest: Wie viele Medaillen würdest du gerne von der WM mit nach Hause nehmen?
Spies: Ich mag solche Medaillenangaben nicht, finde es auch etwas vermessen, weil bis dahin passiert viel im Training. Mein Wunsch ist erstmal, gesund in diesen Wettkampf zu gehen, alle durchzubringen bis zum Höhepunkt, und dann müssen wir die Chance vor dem letzten Lauf haben, die Gold-Medaille einfahren zu können. Wenn dann am Ende knapp nur die Silbermedaille steht, haben wir ja trotzdem einen sehr guten Wettkampf gemacht. Das ist immer mein Motto. Gut reinkommen und dann im letzten Lauf noch den Punch haben zurückzukommen oder eine Führung ins Ziel zu bringen.