Formcheck Deutsche Biathletinnen - Medaillenhoffnungen und ein WM-K.o.
Auch wenn der Abschluss etwas holprig ausfiel, können die deutschen Biathletinnen auf eine gelungene WM-Generalprobe zurückblicken. Nicht nur Franziska Preuß nährt die Hoffnungen auf eine Medaille.
Der achte Platz in der Staffel soll nicht mehr als einen Schönheitsfleck für die deutschen Biathletinnen darstellen. Dass man zum Abschluss der Wettbewerbe in Antholz hinterherlief, hatte schließlich seine Gründe. Das im Durchschnitt nicht einmal 23 Jahre alte Quartett mit Marlene Fichtner, Sophia Schneider, Julia Kink und Johanna Puff war eiligst zusammengeschustert worden, nachdem sich die arrivierten Läuferinnen um Franziska Preuß und Selina Grotian abgemeldet hatten.
Dass sich die deutsche "Nachwuchs-Staffel" insgesamt dennoch "ordentlich verkauft" hatte, hob auch DSV-Sportdirektor Felix Bitterling hervor. Ihm imponierte vor allem die Einstellung seiner Schützlinge, die sich deutlich mehr erhofft hatten. Das zeige einmal mehr die intakte Einstellung innerhalb des deutschen Frauen-Teams, das sich weiter mitten im Umbruch befindet - und auf mindestens eine Medaille bei den anstehenden Weltmeisterschaften in Lenzerheide (Schweiz) schielt.
"Podesthamster" Preuß geht voran
Das hängt in erster Linie natürlich mit Franziska Preuß zusammen. Die 30-Jährige präsentiert sich in dieser Saison stark wie nie zuvor. Die gesundheitlichen Probleme gehören der Vergangenheit an. Preuß kennt nur noch eine Richtung und hat sich zum "Podesthamster" entwickelt. Zehn Mal stand sie in dieser Saison bereits auf dem Treppchen, läuft nach zwei Weltcupsiegen schon seit geraumer Zeit im Gelben Trikot und geht im jungen deutschen Team mit ihrer Erfahrung und tadellosen Einstellung voran.
Ihre Konstanz in diesem Winter sorgt auch bei der Konkurrenz für Respekt. "Franziska ist so stark, sie scheint unantastbar", meinte die Französin Lou Jeanmonnot, Preuß' ärgste Verfolgerin im Gesamtweltcup. Die 26-Jährige wird in jedem Fall ein Wörtchen um die WM-Medaillen mitreden, sie gilt es derzeit zu schlagen.
Jeanmonnot und die französische Dominanz
Schließlich präsentiert sich Jeanmonnot derzeit noch einen Tick besser als Preuß, vor allem läuferisch. In Antholz feierte sie bereits ihre Saisonsiege fünf und sechs und ragt aus einer enorm starken französischen Mannschaft heraus. In der Verfolgung konnte einzig Preuß deren Dominanz brechen, als mit Jeanmonnot, Julia Simon, Jeanne Richard und Oceane Michelon vier Französinnen unter den Top 5 zu finden waren. Daneben standen auch die erfahrene Justine Braisaz-Bouchet und Newcomerin Paula Botet in dieser Saison bereits ganz oben auf dem Podest.
"Ich glaube, so viel Unterschied ist es gar nicht", sagte Preuß über das Duell mit der französischen Konkurrenz. "Aber wenn alle gut schießen, dann ist es natürlich schwierig, sie anzugreifen." Dann seien die Französinnen mit ihren guten Skiern "unangreifbar".
Preuß schont ihre Kräfte
Doch auch Preuß ist einer "Top-Verfassung", betonte Bitterling. "Sie weiß genau, was sie macht, warum sie es macht und wann sie es macht." Dass sie sich nach ihrer überaus gelungenen WM-Generalprobe in der Staffel eine Pause gönnte, könnte sich mit Blick auf die Belastungssteuerung am Ende im wahrsten Sinne des Wortes als goldwert heraustellen. Bereits nach Platz drei im Sprint in Antholz waren die Beine schwer. "Ich hatte einen Break, da hat es mir ganz schön den Stecker gezogen", erzählte Preuß. Umso höher ist im Nachhinein ihre Laufleistung im Verfolger einzustufen.
Das Selbstvertrauen ist nach dem erneuten Podest-Doppelpack in jedem Fall groß. Preuß geht bei den Wettkämpfen in der Schweiz in jedem Rennen als Mitfavoritin an den Start. Ein WM-Sieg in einem Einzel-Rennen fehlt noch in ihrer Sammlung. Vor zehn Jahren gewann sie bereits in Kontiolahti mit Franziska Hildebrand, Laura Dahlmeier und Vanessa Hinz Staffel-Gold. Damals war Preuß mit gerade 21 Jahren das "Küken". Nun ruhen die Hoffnungen auf das erste deutsche Staffel-Gold seit 2017 vor allem auf ihren Schultern.
Grotian kann den großen Wurf schaffen
Doch auch hinter Preuß präsentieren sich die deutschen Frauen in der Breite gut aufgestellt. Selina Grotian ist nach einem durchwachsenen vergangenen Jahr endgültig im Weltcup angekommen. Dass die vierfache Junioren-Weltmeisterin im Konzert der Großen mit gerade einmal 20 Jahren bereits die erste Geige spielen kann, bewies sie beim Massenstart in Le Grand-Bornand. Auch in Antholz präsentierte sich Grotian in starker Form und schaffte es im Sprint auf Platz zwei.
"Sie hat gezeigt, dass es keine Eintagsfliege war", erklärte Bitterling mit Blick auf ihren ersten Weltcupsieg. Grotian habe zwar "ein bisschen gebraucht, um sich im Weltcup einzugrooven", umso größer sei die Freude an ihrer stetigen Entwicklung. "Wir werden in den nächsten Jahren noch viel Freude an ihr haben", ist sich der 47-Jährige sicher. So oder so dürfte Grotian mit jeder Menge Selbstvertrauen in Lenzerheide starten. Im vergangenen Jahr verpasste sie bei der WM in Nove Mesto als Vierte im Einzel nur haarscharf eine Überraschung. Kurz darauf lief sie in der Staffel zu Bronze - unter anderem mit Vanessa Voigt.
Voigt verpasst die WM
Die 27-jährige Voigt ist eigentlich die zweite Konstante im deutschen Team hinter Preuß, konnte ihr Potenzial mit zwei Einzel-Podestplätzen in dieser Saison auch bereits abrufen. Doch seit dem Jahreswechsel streikt der Körper. Die Heimweltcups in Oberhof und Ruhpolding musste Voigt gesundheitlich angeschlagen abbrechen, in Antholz war sie gar nicht erst am Start. Am Dienstag (28.01.2025) kam dann die Nachricht, dass Vanessa Voigt die Saison vorzeitig abbrechen muss. Ihre Konzentration gilt nun den Olympischen Spielen 2026 in Italien.
Nach dem Aus von Voigt rücken die jungen Athletinnen noch ein gutes Stück mehr in den Fokus. Das gilt auch für Julia Tannheimer. Die 19-Jährige steht seit Saisonbeginn im deutschen Weltcupteam und hat in Hochfilzen bereits bewiesen, welch wichtige Stütze sie vor allem in der Staffel ist. Auch in den Einzel-Rennen konnte Tannheimer vor allem zum Saisonauftakt in Kontiolahti mit den Plätzen sechs und fünf überzeugen. Zwar fiel auch sie zuletzt angeschlagen aus, sollte bis zur WM aber rechtzeitig fit werden.
In Antholz werden die Akkus aufgeladen
Bis zum Startschuss der Titelkämpfe am 12. Februar mit der Mixed Staffel bleibt ein Großteil des deutschen Teams zur abschließenden Vorbereitung in Antholz. In erster Linie gilt es, die Akkus aufzuladen - sowohl körperlich als auch mental.
"Viele sind wirklich müde. Das ist nicht ganz einfach mit der dritten Woche im Januar", so Bitterling. Preuß unterstrich: "Der Januar war anstrengend - auch vom Kopf her." Gut zweieinhalb Wochen bleiben den deutschen Biathletinnen noch, um die nötigen Kräfte vor dem Saisonhöhepunkt zu sammeln - und möglicherweise für die ein oder andere Überraschung in Lenzerheide zu sorgen.