Das Tennis-Jahr 2024 Sinner und Sabalenka ganz oben - Zverev wieder nur fast
Es war ein bewegtes Tennisjahr 2024. Wir sahen den fulminanten Aufstieg einer neuen Nummer 1, den Triumph eines Altmeisters bei Olympia und einen bis über die Schmerzgrenze gehenden Deutschen. Was wir beinahe nicht sahen, waren zwei Dopingfälle.
Seriensieger - Jannik Sinner die neue Nummer 1
Jannik Sinner ist der Spieler der Saison 2024. Sein Siegeszug Anfang des Jahres bei den Australian Open, als er im Halbfinale Novak Djokovic dominierte, zeigte bereits die Richtung auf, in die das Jahr für Sinner gehen würde. Am Ende standen 73 Siegen nur sechs Niederlagen gegenüber. Phänomenal. Stefanos Tsitsipas war der einzige Spieler außerhalb der Top 10, der ihn besiegen konnte. Als im Herbst, unmittelbar vor den US Open, sein positiver Dopingtest publik wurde, moderierte er die kritischen Fragen mit erstaunlicher Ruhe und gewann das letzte Major mit einer fast schon steril anmutenden Dominanz. Auch beim Davis-Cup-Titel Italiens konnten sich die Kollegen auf sichere Sinner-Siege verlassen. Geht es 2025 so weiter? Das entscheidet wohl die WADA Anfang kommenden Jahres. Doch dazu gleich mehr.
Novak Djokovic gratuliert Jannik Sinner (r.) zum Sieg im Halbfinale der Australian Open.
Alexander Zverev - wieder nur fast
Alexander Zverev hat zwei große Ziele für seine Karriere ausgemacht: Die Nummer 1 der Weltrangliste werden und einen Titel bei einem der vier Grand-Slam-Turniere gewinnen. Beide Ziele erreichte er in diesem Jahr erneut nicht. Auch wenn er alles dafür gab. Sicher, es gab Highlights im Jahr 2024 für Zverev: An der Seite von Angelique Kerber und Laura Siegemund gewann er den Titel beim United Cup. Und die Masters-Turniere in Rom im Mai und in Paris im November entschied er souverän für sich. Demgegenüber stehen jedoch bittere Niederlagen. Im Halbfinale der Australian Open gegen Daniil Medwedew und im Finale der French Open gegen Carlos Alcaraz. Zudem tat sich ein neuer schwieriger Gegner für Zverev auf. Gegen den US-Amerikaner Taylor Fritz konnte der Deutsche in der vergangenen Saison nur eines von fünf direkten Duellen für sich entscheiden. Zverev hat im Jahr 2024 extrem viel gespielt, 90 Matches standen am Ende zu Buche. Wie der bald 28-Jährige diese Belastungen wegsteckt, ist sicher ein entscheidender Faktor für ein erfolgreiches Jahr 2025.
Alexander Zverev (l.) applaudiert seinem siegreichen Gegner Carlos Alcaraz nach dem Finale der French Open.
Powerfrau und Schicksalsschlag - Aryna Sabalenka am Limit
Die Belarusin hat sich im Jahr 2024 nicht nur an die Spitze der Weltrangliste gesetzt, sondern kann mit insgesamt vier Turniersiegen, darunter bei den Australian Open und den US Open, auch als Spielerin der Saison bezeichnet werden. Ihr Hochgeschwindigkeitstennis ist für viele Gegnerinnen überwältigend druckvoll. Die Grand-Slam-Titel erspielte Sabalenka dominant, auf dem Hartplatz ist sie momentan die beste Spielerin der Welt. All das schaffte sie trotz eines massiven Schicksalsschlags. Denn als sich Sabalenka auf das Masters-Turnier in Miami vorbereitete, nahm sich ihr Ex-Freund gleichzeitig in derselben Stadt das Leben. Dennoch trat sie an. Erst eine Verletzungspause im Sommer führte zu einer willkommenen Unterbrechung des Jahres. Im Spätsommer spielte sie dafür umso stärker.
Überragende Momente - die Matches des Jahres
Carlos Alcaraz – Jannik Sinner, Finale Peking 6:7, 6:4, 7:6
Sinner und Alcaraz, die beiden neuen Gesichter des Herrentennis trafen sich in diesem Jahr nur drei Mal. Sämtliche dieser drei hochklassigen Matches gewann Alcaraz. Das Finale von Peking, am Ende einer kräftezehrenden Saison, zeigte nachdrücklich, was sich Fans von dieser Rivalität in den nächsten Jahren erhoffen können. Ein Match, das sich anfühlte, als würde es auf 1,3-facher Geschwindigkeit abgespielt. Sie trieben sich gegenseitig zu fantastischen Leistungen und zum besten Match 2024.
Iga Swiatek - Aryna Sabalenka, Finale Madrid 7:5, 4:6, 7:6
Swiatek und Sabalenka waren die bestimmenden Spielerinnen dieses Tennisjahres 2024. In der "Caja Magica" zu Madrid lieferten sie sich ein Finale, an das man noch lange denken wird. Swiatek, die Dominatorin auf der Asche, tat sich in der Höhe von Madrid enorm schwer mit der Wucht und Präzision von Sabalenka. Drei Matchbälle musste sie abwehren. Doch nach mehr als drei Stunden siegte sie mit 9:7 im Tiebreak des dritten Satzes. Großartige Werbung für den Sport.
Aryna Sabalenka
Ausgerechnet die beiden - Sinner und Swiatek positiv
Jannik Sinner und Iga Swiatek – ausgerechnet zwei der größten Aushängeschilder warfen 2024 ein schlechtes Licht auf das Tennis und auf den Kampf um einen sauberen Sport. Bei Sinner führte der Hautkontakt mit seinem Physiotherapeuten, der sich selbst zuvor mit einer Wundsalbe behandelt hatte, zu einer positiven Probe. Bei Swiatek war es ein verunreinigtes Melatonin-Schlafmittel. Beide Profis hatten dank schneller Anwälte das Glück, ihre Fälle rechtzeitig abräumen zu können, noch bevor die Öffentlichkeit Wind von den positiven Tests bekam. Als die Sache rauskam, war der Kuchen schon gegessen. Jannik Sinner war freigesprochen, Swiatek mit einer vierwöchigen Sperre belegt, die sie schon abgesessen hat. Bei Sinner hat die WADA allerdings Einspruch beim Internationalen Sportgerichtshof CAS eingelegt. Was bleibt, ist das ungute Gefühl, dass Topprofis anders behandelt werden als Spieler weiter hinten in der Weltrangliste.
Abschied - vier Stars gehen in Tennis-Rente
Das Herrentennis hat 2024 drei große Spieler in den sportlichen Ruhestand verabschiedet. Dominic Thiem trat bei seinem Heimturnier in Wien von der Profibühne ab, Andy Murray mit einem spektakulären Doppel-Auftritt bei Olympia in Paris und Rafael Nadal vor heimischer Kulisse in Malaga bei den Davis-Cup-Finals. Alle drei spielten in dieser Saison nur noch sporadisch und dabei nicht sonderlich erfolgreich. Die Rücktritte wirkten folgerichtig. Auch Angelique Kerber konnte bei ihrem Comeback nicht mehr an die Erfolge früherer Tage anknüpfen, legte allerdings einen furiosen Auftritt bei Olympia hin und wäre von ihrem letzten Turnier noch fast mit einer Medaille zurückgekehrt.
Rafael Nadal verabschiedete sich beim Davis-Cup-Finale von der Tennis-Bühne.
Novak Djokovic - Olympiasieg als letztes Puzzleteil
Der Serbe hätte es seinen jahrzehntelangen Konkurrenten Andy Murray und Rafael Nadal gleichtun und in den Karriere-Sonnenuntergang reiten können. Doch der Ehrgeiz scheint ungebrochen. Nach mauem Saisonstart feuerte Djokovic im Frühjahr seinen Coach Goran Ivanisevic und suchte im Anschluss die Turniere genau aus, die er noch spielen wollte. Das zahlte sich aus. Olympia wurde zum Triumphzug für Djokovic. Erst brachte er Rafael Nadal dessen letzte Niederlage auf dem Court Philippe Chatrier in Paris bei, in Nadals Wohnzimmer, dann siegte er im Olympia-Finale mit einer nicht mehr für möglich gehaltenen Leistung gegen den in Topform spielenden Carlos Alcaraz. Es war der eine Titel, der Djokovic in seiner Sammlung noch fehlte. Seit diesem Triumph hat man Djokovic nur noch selten auf dem Platz gesehen. Doch Schluss scheint noch nicht zu sein. Für die Australian Open engagierte er überraschend Andy Murray. Für Schlagzeilen wird Djokovic also auch im Jahr 2025 sorgen.