Davis-Cup-Niederlage Rafael Nadal - eine große Karriere endet erstaunlich leise
Es ist vorbei. Rafael Nadal hat sein letztes Tennisspiel gespielt. Doch wer die großen Emotionen erwartet hatte, sah sich getäuscht. Es ging dann doch irgendwie alles zu schnell.
Rafael Nadal kniete sich noch mal voll rein. Er klatschte, sprang immer wieder begeistert von seinem Platz auf, kommunizierte angeregt mit Teamchef David Ferrer, rief Tipps auf den Platz, stachelte das Publikum an. Er tat alles dafür, seine Karriere um mindestens zwei Tage zu verlängern. Allein, er tat dies notgedrungen in ungewohnter Position.
Außerhalb des Spielfeldes. Auf der Tribüne, in der Box der spanischen Davis-Cup-Mannschaft. Er musste tatenlos mitansehen, wie seine Teamkollegen Carlos Alcaraz und der Doppelspezialist Marcel Granollers in einem hochklassigen Match den Niederländern Wesley Koolhof und Botic van de Zandschulp in zwei knappen Sätzen unterlagen. Dieser Sieg brachte den Niederländern den Halbfinaleinzug und für das spanische Team das Ausscheiden. Für Nadal bedeutete diese Niederlage das Ende seiner Karriere.
Davis Cup ganz bewusst ausgesucht
"Rafa" hatte sich den Abschied bewusst hier in Malaga beim Davis-Cup-Finalturnier ausgesucht. Der Teamkapitän der Spanier, David Ferrer, tat ihm den Gefallen und stellte ihn auf. Im Einzel. Angesprochen darauf, wann dieser Gedanke bei Ferrer reifte, entgegnete der: "Ich habe das am Montag entschieden. Rafa hatte sich im Laufe der Trainingstage immer weiter gesteigert. Es war eine enge Entscheidung zwischen ihm und Roberto (Bautista Agut) und ich habe schließlich entschieden, dass Rafa spielt."
Rafael Nadal und Trainer David Ferrer umarmen sich.
Ob das die ganze Wahrheit ist, oder der öffentliche Druck zu groß war, dass Nadal seinen Abschied auf und nicht neben dem Platz feiert, bleibt ein spanisches Geheimnis.
Niederlage gegen van de Zandschulp
Jedoch, der Niederländer van de Zandschulp erwies sich als der große Spielverderber. Äußerlich komplett unbeeindruckt ob der einschüchternden Kulisse von 9.500 Zuschauern spielte er sachlich sein Spiel und offenbarte, wie wenig der Rafael Nadal Ende 2024 sportlich noch mit dem Nadal von vor drei Jahren gemein hatte. Ihm war anzusehen, dass er nicht mehr so gut zu Fuß ist wie früher. Er versuchte es auszugleichen. Mit Emotionen. Mit dem Versuch, die Punkte durch Netzangriffe abzukürzen. Das alte Spiel, mit dem Nadal 20 Jahre seine Gegner eingeschüchtert hatte, funktionierte an diesem Novemberabend in Südspanien nicht mehr.
Die Niederlage war deutlich. Carlos Alcaraz gewann anschließend sein Match gegen Tallon Griekspoor, sorgte damit noch mal für Hoffnung bei Nadal und den spanischen Fans. Als das niederländische Doppel schließlich seinen Matchball verwandelte, mussten sich alle an den Gedanken gewöhnen, dass an diesem Tag eine große Karriere beinahe leise endete.
Standing Ovations für Nadal
Dabei hatte der Dienstag (19.11.2024) fast schon überladen mit Emotionen begonnen. Beim Einmarsch der beiden Mannschaften gab es die ersten stehenden Ovationen für Nadal. Der hatte bei der spanischen Nationalhymne Tränen in den Augen. Dazu gab es eine Schweigeminute für die Opfer der Flutkatastrophe in Valencia vor wenigen Wochen. Die spanische Mannschaft hatte eine Flagge Valencias mit auf den Platz gebracht.
Was nach dem Match folgte, war eine Verabschiedung, die merkwürdig emotionsarm verlief. Turnierdirektor Feliciano Lopez, selbst erst seit wenigen Jahren nicht mehr auf dem Platz, hatte im Vorfeld noch angekündigt, dass man sich etwas Besonderes ausgedacht habe. Davon war in der Halle wenig zu spüren.
Ansprache auf Spanisch von Nadal
Nadals Ansprache, die er größtenteils auf Spanisch hielt, bedachte das Publikum mit artigem Applaus. Die Bildregie in der Halle schien leicht verzweifelt auf der Suche nach großen Emotionen, fand sie nur bei Teilen der Familie Nadals und Carlos Moya, dem langjährigen Coach. Selbst das Abschiedsvideo mit Größen von Real Madrid wie Iker Casillas, Andres Iniesta oder David Beckham und Kolleginnen und Kollegen wie Serena Williams, Novak Djokovic und Roger Federer wurde fast schon verhalten aufgenommen.
Vor Turnierbeginn hatte es noch danach ausgesehen, dass mindestens Novak Djokovic anwesend sein würde, um seinen jahrzehntelangen Konkurrenten in den Ruhestand zu verabschieden. Doch weder er noch Federer tauchten in persona auf. Es schien fast, als sei niemand auf eine Niederlage an diesem Tag gegen die Niederlande vorbereitet gewesen.
Am Ende der Abschiedszeremonie fragte der Hallensprecher Nadal, wie er denn erinnert werden möchte. Nadal antwortete auf Englisch: "Die Titel sprechen für sich. Ich möchte gerne als guter Mensch aus einem kleinen Dorf auf Mallorca erinnert werden. Viele Menschen arbeiten hart und tun ihr Bestes. Ich bin einer der wenigen, die das Glück hatten, ein unglaubliches Leben mit dem Tennis zu verbringen."
Ein letzter Gruß ins Publikum. Dann war eine fast übergroße Karriere Geschichte.