Das Leichtathletik-Jahr 2024 Rekorde, Dramen und Spektakel - nicht nur bei Olympia
Hallen-WM in Glasgow, EM in Rom, Olympische Spiele in Paris - 2024 ging es Schlag auf Schlag in der Leichtathletik. Ein Jahr, in dem völlig unerwartet Bestmarken purzelten und eine halbe Tausendstel den Unterschied machte.
Die Weltrekorde
2024 wurden zwei Bestmarken geknackt, die schon als unknackbar gegolten hatten. Am 24. April stellte der Litauer Mykolas Alekna den ersten Weltrekord des Jahres auf - eine Diskuswurf-Sensation! Seit 1986 saß Jürgen Schult auf diesem Thron, dann schleuderte Alekna den Diskus auf 74,35 Meter und damit 27 Zentimeter weiter als Schult.
Und auch bei den Frauen fiel ein Rekord, der scheinbar für die Ewigkeit war. 37 Jahre, nachdem Stefka Kostadinowa im Hochsprung 2,09 Meter schaffte, wurde sie übertroffen. Es war die Ukrainerin Jaroslawa Mahutschich, die am 7. Juli beim Diamond-League-Meeting in Paris die Latte in einer Höhe von 2,10 Metern übersprang.
Name | Disziplin | Zeit |
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Faith Kipyegon | 1.500 Meter, Frauen | 3:49,04 Minuten |
Beatrice Chebet | 10.000 Meter, Frauen | 28:54,14 Minuten |
Sydney McLaughlin-Levrone | 400 Meter Hürden, Frauen | 50,37 Sekunden |
Und natürlich ... |
Der Überflieger
Objektiv den besten Sportler der Welt zu bestimmen, ist nicht möglich, weil keine Vergleichbarkeit zwischen den Sportarten herzustellen ist. Aber im Falle von Armand Duplantis kann man sagen, dass es keinen Besseren geben kann. Der Schwede gewinnt nicht nur schon lange jeden Wettkampf im Stabhochsprung, sondern er macht das mit einer Dominanz, die einzigartig ist.
Armand Duplantis bei den Olympischen Spielen in Paris in Aktion
Wie in Paris, als er Olympia-Gold mit der neuen Weltrekord-Höhe von 6,25 Metern holte. Später beim Diamond-League-Meeting in Chorzow ging es dann sogar noch einen Zentimeter höher. Weltrekord mit begrenzter Haltbarkeit - wobei Duplantis immer der einzige ist, der ihn knacken kann.
Der erste Deutsche unter zehn Sekunden
Eher selten: Ein deutscher Sprinter schrieb Leichtathletik-Geschichte. Zumindest deutsche Geschichte. Am 29. Juni kam Owen Ansah in Braunschweig über 100 Meter als erster DLV-Athlet überhaupt nach weniger als zehn Sekunden ins Ziel, mit einer Zeit von 9,99 Sekunden stellte er einen neuen deutschen Rekord auf.
Owen Ansah nach seinem Rekord-Sprint bei den deutschen Meisterschaften.
Bei den Europameisterschaften in Rom hatte er es zuvor schon als erster Deutscher nach zehn Jahren in ein EM-Finale geschafft, dort wurde er dann in 10,17 Sekunden Fünfter. Bei Olympia gab es dann aber die Enttäuschung, in 10,22 Sekunden schied Ansah schon im Vorlauf aus. Einer seiner Kontrahenten war Noah Lyles.
Das engste Rennen aller Zeiten
Der US-Amerikaner Lyles war nach dem Finale der strahlende Olympiasieger über 100 Meter, Bis Lyles sein Namensschild von der Brust riss und seine Goldmedaille bejubelte, dauerte es aber einige Minuten. Denn der Zieleinlauf war so knapp, dass keiner der Beteiligten wusste, auf welchem Rang er nun war. Zwischen Lyles und Oblique Seville, der Achter werden sollte, lagen nur 0,12 Sekunden.
In der Netflix-Doku "Sprint" war hinterher zu sehen, dass Lyles seinem größten Konkurrenten Kishane Thompson sagte, ER hätte gewonnen – Sekunden später aber jubelte Lyles selbst. 9,79 Sekunden war die Siegerzeit, und Thompson musste sich mit Silber begnügen – weil er 0,005 Sekunden langsamer war. Fünf Tausendstel einer Sekunde.
Die größte Show und das größte Drama
Für das Wechselbad der Gefühle sorgte Gianmarco Tamberi. Bei der Heim-EM in Rom schrammte der Italiener knapp an der Enttäuschung vorbei, als er 2,29 Meter erst im dritten Versuch überquerte. Dann machte der 32-Jährige mit 2,31 Metern doch den Sieg klar – aber der reichte ihm nicht. Ohne Konkurrenz ging es noch über 2,34 und 2,37 Meter, das Olympiastadion in Rom stand Kopf und feierte die größte Party der EM.
Verkehrte Welt zwei Monate später in Paris. Kurz vor dem Olympia-Finale der Schock: Tamberi musste mit einer Nierenkolik ins Krankenhaus. Er nahm trotzdem teil, kämpfte sich von Sprung zu Sprung, kam aber nicht höher als 2,22 Meter. Es folgten emotionale Szenen und Tränen beim Italiener, der sich vier Jahre zuvor Olympia-Gold mit Mutaz Essa Barshim aus Katar geteilt hatte.
Die deutschen Gold-Heldinnen
Olympische Tränen gab es auch bei Yemisi Ogunleye – allerdings aus purer Freude. In einem dramatischen Kugelstoß-Wettbewerb sicherte sich die 26-Jährige, die 2024 bereits Silber bei der Hallen-WM und EM-Bronze gewonnen hatte, die einzige Goldmedaille für das DLV-Team. Im vorletzten Versuch ging Ogunleye dabei mit 19,73 Metern in Führung, vor ihrem letzten Versuch wurde sie aber noch von der Neuseeländerin Maddison-Lee Wesche mit 19,86 Metern übertroffen. Kein Problem: Mit genau 20 Metern im letzten Versuch schnappte Ogunleye sich den Sieg und ging danach als Gospel-singende Goldmedaillengewinnerin viral.
Yemisi Ogunleye holte in Paris Olympia-Gold im Kugelstoßen.
Für Malaika Mihambo reichte es in Paris "nur" zu Silber – aber das war ein trotzdem ein riesiger Erfolg. Denn die Weitspringerin reiste geschwächt zu den Olympischen Spielen, eine Corona-Infektion zwei Monate zuvor machte ihr noch zu schaffen, Ende August beendete sie deswegen auch vorzeitig ihre Saison. Ihren großen Gold-Moment hatte Mihambo aber auch, in Rom holte sie mit 7,22 Metern den einzigen deutschen EM-Titel. Es war die zweitbeste Weite in ihrer Karriere – doch dann erwischte sie das Virus.