Das Formel-1-Jahr 2024 Von Langweilig zu unberechenbar - die Spannung ist zurück
Die Formel 1 hat 2024 gezeigt, dass die Unberechenbarkeit zurück ist. Es war ein Auf und Ab mit teils unwahrscheinlichen Wendungen - aber einem altbekannten Weltmeister.
Bahrain (1. Rennen - Anfang März): Absolute Red-Bull-Dominanz
Die Saison 2024 geht in Bahrain los, wie sie 2023 aufgehört hatte: Red Bull – und dann lange nichts. Die pure Dominanz des Weltmeister-Teams zeigt sich nach dem Auftaktwochenende in der nüchternen Bilanz: Pole Position, schnellste Runde und Rennsieg gehen an Weltmeister Max Verstappen. Teamkollege Sergio Perez wird zwar Zweiter, hat aber über 22 Sekunden Rückstand. Eine Machtdemonstration von Verstappen in einem überlegenen Auto. Und ein Zeichen für Langeweile?
Red Bulls Max Verstappen gewinnt den Grand Prix von Bahrain
Melbourne (3. Rennen - Ende März): Besonderer Ferrari-Doppelsieg
Verstappen steht auch im dritten Saisonrennen auf Pole, gilt als Favorit, muss aber wegen einer defekten Bremsscheibe sein Auto schon in der dritten Runde abstellen. Nutznießer wird Ferrari, das sich in den Abständen leicht an Red Bull herangearbeitet hatte und nach einem denkwürdigen Wochenende in Australien einen ganz besonderen Doppelsieg feiert: Nur wenige Tage vor dem Rennwochenende unterzog sich Carlos Sainz Jr. einer Blinddarm-Operation, reist angeschlagen nach Melbourne und gewinnt vor Teamkollege Charles Leclerc. Ein Lebenszeichen im wahrsten Sinne des Wortes.
Ferraris Carlos Sainz streckt seine Trophäe auf dem Siegerpodest in die Höhe
Miami (6. Rennen - Anfang Mai): Norris feiert ersten Karriereerfolg
Lange hat es gedauert, in Miami geht für Lando Norris ein Traum in Erfüllung. Der Brite, der gefühlt 80 Mal Zweiter wurde in den vergangenen Jahren, gewinnt auf dem spektakulären Kurs rund um das Hard-Rock-Stadium sein erstes Formel-1-Rennen überhaupt. Und das auch noch in beeindruckender Manier: Im McLaren fährt Norris von Startplatz fünf auf eins und dominiert zum Ende des Rennens nach Belieben das Feld. Verstappen (2) und Leclerc (3) komplettieren das Podium. Das Feld rückt enger zusammen. Red Bulls Dominanz scheint gebrochen.
Mc Larens Lando Norris bejubelt den Gewinn des Grand Prixs von Miami
Monte Carlo (8. Rennen - Ende Mai): Leclerc besiegt Monaco-Fluch
Es schien wie verhext zu sein für Charles Leclerc und dem Rennen in seiner Heimat: Der Monegasse stand 2021 und 2022 in Monaco auf der Pole Position, was auf einer Strecke, auf der es quasi unmöglich ist, zu überholen, als halbe Miete für den Rennsieg gilt. Trotzdem dauerte es bis zum 26. Mai 2024: Nach vielen unglücklichen Rennen in den vergangenen Jahren darf Leclerc erstmals die Siegertrophäe in den Händen halten. Ferrari-Teamkollege Sainz komplettiert auf Platz drei ein starkes Teamergebnis und stellt damit unter Beweis: Mit Ferrari ist noch zu rechnen. Auch weil Red Bull langsam, aber sicher in Probleme gerät – Verstappen wird nur Sechster.
Ferraris Charles Leclerc bejubelt auf dem Podest den Gewinn des Grand Prixs von Monaco
Spielberg (11. Rennen - Ende Juni): WM-Kampf nimmt Fahrt auf
Kurz vor der Sommerpause ist klar: Die Machtverhältnisse haben sich verschoben. Red Bull verliert mit "Mastermind" Adrian Newey die wichtigste Person für die Entwicklung des Autos, Perez fährt den Erwartungen weit hinterher und die Konkurrenz hat es geschafft, die große Lücke nicht nur zu schließen, sondern sich einen Vorsprung zu erarbeiten. Die neue Kraft, die es zu schlagen gilt, heißt McLaren. Wäre da nicht Ausnahmekönner Verstappen:
Red Bulls Max Verstappen und Mc Larens Lando Norris nebeneinander auf der Strecke in Spielberg
Der Niederländer schafft es, ein schwächeres Auto in Österreich zum Sprint-Sieg zu fahren und auf Pole zu stellen. Im Rennen aber dominiert McLaren. Norris macht rundenlang Jagd auf Verstappen, der sich mit aller Kraft wehrt – bis es zur Kollision kommt. Das Ende vom Lied: Norris scheidet aus, Verstappen rettet einen fünften Platz und das bisher sehr intakte Verhältnis der beiden WM-Kontrahenten bekommt erste Risse. Ganz nebenbei gewinnt George Russell im Mercedes – und macht damit klar: Es gibt nun vier Teams mit siegfähigen Autos. Die Formel 1 ist wieder unberechenbar.
Silverstone (12. Rennen – Anfang Juli): Hamilton kann es doch noch
Diese Unberechenbarkeit der Formel 1 zeigt sich auch in Silverstone eine Woche später – wieder wird am Ende ein Mercedes das Rennen gewinnen. Diesmal aber ist es Russells Teamkollege Lewis Hamilton. Und es ist ein besonderer Erfolg. Denn der einstige Dominator, der bereits sieben WM-Titel gewinnen konnte, feiert in der Heimat seinen ersten Rennsieg seit 2021. Bemerkenswert: Red Bull ist zwar weiterhin der Konkurrenz unterlegen, Verstappen schafft es aber, das Maximum rauszuholen: P2 in Großbritannien, Teamkollege Perez wird 17. – sein letztes Podium sollte jenes in China Mitte April sein. Eine Bankrotterklärung.
Mercedes Lewis Hamilton streckt nach dem Sieg in Silverstone die Flagge Großbritanniens in die Luft
Budapest (12. Rennen - Ende Juli): McLaren dominiert und irritiert
Im Rennverlauf spült es Norris dann, durch eine Boxenstrategie, in der McLaren gezwungen ist, Piastri zu benachteiligen, zurück auf Platz eins. Bis zur Teamanweisung, seinen Teamkollegen wieder passieren zu lassen. Es wird ein triumphaler Doppelsieg eines Teams, dass das beste Auto und zwei hochtalentierte Fahrer hat – aber sich durch fehlende Hierarchie womöglich einer WM-Chance beraubt.
McLarens Oscar Piastri und Lando Norris auf der Strecke in Budapest
Sao Paulo (20. Rennen - Anfang November): Regenkönig Verstappen
Norris' Aufholjagd im Spätsommer und Herbst führt dazu, dass Verstappen noch einmal zittern muss. An einem regnerischen Wochenende in Sao Paulo ist alles bereitet: Der Brite gewinnt den Sprint und fährt in einem spektakulären Qualifying auf Pole, während Verstappen nach schlechtem Timinig in der Quali und einer Startplatzstrafe von Position 17 aus ins Rennen geht.
Max Verstappen bejubelt den Gewinn des Grand Prixs von Sao Paulo
In einem chaotischen Rennen bekommt Norris früh Probleme, Verstappen holt Position um Position auf. Es gilt die alte Formel-1-Regel: Der Regen macht die Autos (mehr oder weniger) gleich. Am Ende gewinnt Verstappen, mitunter auch durch Safety-Car-Glück, deutlich. Die Weltmeisterschaft ist ihm kaum noch zu nehmen, eine Woche später macht er sie in Las Vegas perfekt. Norris wird am Ende Zweiter, gewinnt mit McLaren aber die Konstrukteursweltmeisterschaft – knapp vor Ferrari.