DBB-Präsident Ingo Weiss

Potenziale der Olympia-Disziplinen PotAS-Bericht - Basketballer verbessern sich, sind aber sauer

Stand: 02.12.2024 17:43 Uhr

Im neuen PotAS-Ranking ist das bisherige Schlusslicht Basketball geklettert. Trotzdem fordert DBB-Präsident Weiss ein Aus der Potenzial-Analyse.

2016 haben Politik und Sport beschlossen, die olympischen Sportarten künftig erfolgs- und chancenorientiert zu fördern. Bei guten Aussichten auf olympische Medaillen soll es mehr staatliches Geld geben, bei schlechten Aussichten weniger - oder sogar gar keins.

Geschaffen wurden das Potenzialanalysesystem (PotAS) und eine dafür zuständige Kommission. Diese hat am heutigen Montag in Berlin ihren zweiten Abschlussbericht für die Sommersportarten vorgestellt - und schon vor der Veröffentlichung gab es scharfe Kritik.

Dressur ganz oben, Taekwondo ganz unten

Die Deutsche Presse-Agentur dpa verkündete am Montagmorgen, dass Dressurreiten in der Rangliste der 99 Disziplingruppen auf dem ersten Platz liegt. Dahinter folgen die Hockey-Männer und die Kajak-Männer. Der Sportschau lag der Kommissions-Bericht ebenfalls vor.

Auf dem letzten Platz befindet sich die Kampfsportart Taekwondo - noch hinter Gewichtheben und Wasserball. Ausgewertet werden vergangene Erfolge, Kaderpotenzial und Verbandsstrukturen.

Überarbeitete Kriterien nach schlechten Prognosen

Der erste Sommersportarten-Bericht der PotAS-Kommission aus dem Jahr 2021 hatte Diskussionen ausgelöst, weil die Prognosen mitunter völlig danebenlagen. Der damals am besten bewertete Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) kehrte ohne Medaille von der WM 2023 zurück.

Auf dem letzten Platz landete damals der Deutsche Basketball Bund (DBB), galt also als Verband mit dem geringsten Potenzial. Es folgten der sensationelle WM-Titel der Männer 2023 und der Olympiasieg der 3x3-Basketballerinnen in Paris 2024.

Granacher zur Weiss-Kritik: "Ein bisschen respektlos"

Die PotAS-Kommission überarbeitete in der Folge die Kriterien ihres Analysesystems. Im neuen Bericht rangieren die 3x3-Frauen nun auf Platz neun, die Basketball-Männer auf Platz 15. Freuen kann sich DBB-Präsident Ingo Weiss, einer der lautesten PotAS-Kritiker, darüber nicht. "Wieso wird der DBB, der so erfolgreich ist, mit Platz 15 bestraft?", zitiert ihn die dpa.

Urs Granacher, der Vorsitzende der PotAS-Kommission, reagierte im Gespräch mit der Sportschau am Montagnachmittag mit Unverständnis auf Weiss' Kritik. "Ich finde es fast ein bisschen respektlos, wenn man sieht, welche Disziplinen jetzt noch vor den Basketball-Männern stehen und über viele Jahre hinweg große Erfolge gebracht haben für Deutschland."

Sportschau, 02.12.2024 17:36 Uhr

Weiss: "Bitte einfach abschaffen"

Weiss forderte ein Ende des Analysesystems. "Das macht mich von Jahr zu Jahr sprachloser. PotAS tut dem deutschen Sport absolut nicht gut. Das muss auch nicht mehr überarbeitet werden, bitte einfach abschaffen", sagte Weiss.

Er finde vor allem die Analyse der Verbandsstrukturen "mehr als schlecht" für den Sport. "Wir schneiden nicht so gut ab, weil wir keinen Athletenvertreter im Präsidium haben. Ja, wir haben halt ein anderes System. Athletenvertreter werden bei uns in alle Themenfelder miteinbezogen, die den Sport an sich betreffen. Auch deshalb sind wir so erfolgreich gewesen, weil wir jahrelang alles mit den Athleten zusammen gemacht haben."

Struktur-Analyse soll wegfallen

Die PotAS-Kommission kündigte an, dass die Analyse der Strukturen künftig wegfallen solle, "um die Zielstellung der PotAS-Analyse zu schärfen und ausschließlich potenzial- und erfolgsorientiert auszurichten", heißt es im PotAS-Bericht.

Granacher begründete das vor allem damit, dass sich die Strukturen schon so stark gebessert hätten, dass kaum noch Steigerungen möglich wären. "Es gibt noch vereinzelt Schwächen, aber die Zitrone noch weiter auszuquetschen, wäre unverhältnismäßig in Bezug auf Kosten und Nutzen. Die Bürokratie für die Verbände wäre zu hoch."

Einfluss von PotAS begrenzt

Die PotAS-Ergebnisse wirken sich zwar auf die staatliche Förderung der Spitzenverbände aus, aber nicht in dem Maße, wie ursprünglich geplant. So bemängelte der Bundesgerichtshof im Oktober 2023, dass nicht nur neutrale Kriterien, sondern auch verbandseigene Prognosen einfließen und dass letztlich eine Förderkommission über die Verteilung eigenmächtig entscheide. Diese Kommission ist besetzt durch das Bundesinnenministerium (BMI) und den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB).

Mehr Geld, weniger Medaillen

In den vergangenen Jahren hatte das BMI immer mehr Geld in den Spitzensport gesteckt in der Hoffnung, mehr Erfolge zu erzielen. Gleichzeitig ist die Medaillenausbeute bei Olympischen Sommerspielen aber immer weiter geschrumpft. Auch PotAS hat bisher keine Kehrtwende gebracht.

Für das Jahr 2024 hat das Bundesinnenministerium 780.000 Euro Ausgaben für die Mitarbeiter und die Geschäftsstelle der PotAS-Kommission eingeplant. Zudem entsteht bei den Spitzenverbänden einige Büroarbeit, um die nötigen Daten zu sammeln und zu liefern.

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Volker Schulte und Robert Kempe, Sportschau, 10.10.2024 14:32 Uhr