Vor dem Portugal-Showdown Gislason sieht 50:50-Chance auf den Halbfinal-Hattrick
Portugal steht erstmals in der Verbandsgeschichte in einem WM-Viertelfinale, das deutsche Team hingegen kann einen Halbfinal-Hattrick bei Handball-Großevents hinlegen. Doch Bundestrainer Alfred Gislason spricht vor dem Duell am Mittwoch (20.30 Uhr, ab 20.15 Uhr live im Ersten und im Stream sowie bei sportschau.de im Live-Ticker) warnende Worte.
Wie locker-lässig die Akteure der ganz großen WM-Überraschung an das Länderspiel ihres Lebens herangehen, war am Dienstagmittag in ihrem Mannschaftshotel zu beobachten. Im "Scandic" in Fornebu am Rand von Oslo steht im Foyer ein etwas abgewandeltes Shuffleboard von rund vier Metern Länge, auf dem mit kleinen, aber ziemlich schweren Metall-Steinen Curling im Kleinformat gespielt werden kann.
Die Portugiesen zelebrierten ihre Matches wie einen Wettkampf, aber sie lachten dabei, klopften sich auf die Schultern und feierten sich wie die Könige, wenn sie die Steine des Gegners vom Board geschubst und ihre eigenen besser platziert hatten.
"Die Jungs lieben es zu spielen"
Ihr Trainer Paulo Pereira, der parallel dazu dem norwegischen Fernsehen ein Interview zu geben versuchte, schaute immer mal wieder kritisch zu seinen Jungs am Curling-Board herüber, wenn gerade wieder laute Jubelschreie aufbrandeten. Aber er sagte dann mit einem Lächeln: "Die Jungs haben Spaß und lieben es zu spielen. Mit dieser Mischung aus dem totalen Fokus, aber auch der nötigen Lockerheit wollen wir gegen Deutschland die Sensation schaffen."
Sensation? Das ist sicherlich eine Etage zu hochgegriffen und vergleichbar mit dem Versuch von Schweiz-Coach Andy Schmid, den Deutschen vor dem Duell den kompletten Druck auf die Schultern zu laden. Portugal hat sich immerhin in einer Gruppe mit den Handball-Hochkarätern Norwegen, Schweden und Spanien durchgesetzt, die allesamt schon zu Hause angekommen sind.
Gislason hat enormen Respekt
Von daher klingt die Einschätzung von Alfred Gislason schon etwas näher an der Realität: "Es wird ein sehr schwieriges Spiel, und Portugal hat viel mehr Stärken als nur die beiden Costa-Brüder. Sie sind schnell, sie verteidigen sehr hart, sie haben auch gute Außen, gute Kreisläufer, gute Torhüter. Ich sehe die Chancen bei 50 zu 50."
Immerhin kann das DHB-Team aber auf ausgiebige Erfahrungen im Umgang mit Druck aufbauen. Bei der Heim-EM im Vorjahr gelang der Halbfinaleinzug, am Ende wurde es Rang vier. Dazu kam dann Olympia-Silber im vergangenen Sommer. Drei Halbfinal-Teilnahmen in Serie hatte es zuvor nur unter Trainer-Legende Heiner Brand zwischen 2002 und 2004 gegeben.
Golla fordert "komplette" Leistung
Um am Mittwochabend diese historische Chance wahrzunehmen, wollen die deutschen Spieler aus den ersten sechs Turnierpartien mit fünf Siegen und nur einer Niederlage gegen Dänemark lernen. Kapitän Johannes Golla zur Sportschau: "Wichtig wird sein, dass diesmal Abwehr und Angriff von Beginn voll da sind, dass wir unsere Torhüter sofort gut unterstützen und eine komplette Leistung zeigen. Aber da ich sehr optimistisch."
Lukas Mertens sieht das ähnlich: "Das sind die Matches, für die wir alle Handball spielen. Portugal hat natürlich eine starke, junge und schnelle Mannschaft. Aber wir haben sie zuletzt in den Testspielen zweimal geschlagen, wir haben am Mittwoch Juri Knorr wieder dabei, der sicher Akzente setzen kann. Also wir werden voll da sein, das kann ich versprechen."
Knorr-Rückkehr "wichtig wie Gidsel bei Dänemark"
Auf Knorr, der nach seinem Infekt wieder deutlich besser aussieht und sich für das Spiel fitgemeldet hat, setzt auch Gislason große Hoffnungen: "Wenn er uns fehlt, ist das so, als würde bei Dänemark Mathias Gidsel ausfallen. Juri kann sicher nicht 60 Minuten spielen, aber wenn er immer mal zehn Minuten auf dem Platz ist und dann zehn Minuten regeniert, dann wird uns das schon ganz extrem helfen."