
Italien ausgeschaltet Erst Gala, dann Zitterpartie - Deutschland steht im Halbfinale
Mit einer herausragenden ersten Hälfte und einer Zitterpartie im zweiten Durchgang gegen Italien hat Deutschland am Sonntagabend (23.03.2025) das Halbfinale erreicht und das Final-Four-Turnier der Nations League ins eigene Land geholt.
Das 3:3 (3:0) gegen die "Squadra Azzurra" war im ersten Durchgang eine Demonstration der Stärke und eine Vorführung des Gegners - ehe anschließend auch wieder die Defizite deutlich wurden, wenn Konzentration und Spannung nachlassen.
Deutschlands Bundestrainer Nagelsmann begeistert
Bundestrainer Julian Nagelsmann sagte anschließend der ARD: "Wir haben eine unfassbar gute erste Halbzeit gespielt, haben dann durch unsere Fehler Italien zu Drucksituationen eingeladen. Wir mussten dann wechseln, weil wir viele Spieler auf dem Platz hatten, die erst anderthalb Einheiten mit der Mannschaft trainiert haben. Insgesamd fand ich aber, dass wir total verdient weitergekommen sind."
Joshua Kimmich, der absolut herausragende Mann beider Partien, erklärte: "Die erste Halbzeit war tatsächlich sehr sexy anzugucken, wir haben sehr schnell gespielt, Italien hatte fast gar keine Abschlüsse. Nach dem 1:3 haben wir dann gesehen, dass wir doch noch sehr fehleranfällig sind."
Nations League: Jetzt geht es nach München
Insgesamt war das Weiterkommen im Viertelfinale aber verdient: Vom 4. bis 8. Juni geht es nun in München und Stuttgart um den Titel. Deutschland trifft zunächst im Halbfinale in München auf Portugal, das Spiel um Platz drei wird in Stuttgart ausgetragen, das Finale in München.
Gegen die Italiener erzielten Kimmich (30. Minute), Jamal Musiala (36.) und Tim Kleindienst (45.) die Tore für das DFB-Team, Moise Kean verkürzte in der 49. und 69. Minute. In der Nachspielzeit erzielte Giacomo Raspadori dann noch den 3:3-Ausgleich - das Hinspiel am vergangenen Donnerstag in Mailand hatte Deutschland mit 2:1 gewonnen.
Nach 30 Minuten hatte Deutschland 15:1 Torschüsse
Dass die deutsche Mannschaft auf gar keinen Fall abwartend oder nur auf ein Remis bedacht in dieses Rückspiel gehen wollte, war nach wenigen Sekunden schon allen Zuschauern im Dortmunder Stadion klar: Maximilian Mittelstädt feuerte gleich nach der ersten Kombination den ersten Schuss ab, kurz danach verfehlte auch Leon Goretzka nur knapp das Tor von Gianluigi Donnarumma.
Sehr schnell wurde auch erkennbar, was sich Bundestrainer Nagelsmann bei seinen vier Veränderungen gegenüber dem Hinspiel gedacht hatte: enorme Intensität in den Zweikämpfen, eine selten gesehene Aggressivität, die auch die Italiener komplett überraschte.
Die neu in die Startelf rotierten Nico Schlotterbeck auf der linken Abwehrseite, Angelo Stiller auf der Sechs, Maximilian Mittelstädt auf dem linken Flügel und Tim Kleindienst im Sturmzentrum trugen zu einem überragenden Mix aus hohem Pressing, schnellen Balleroberungen und ganz kurzen Wegen bis zum Abschluss bei: 15:1 Torschüsse hatte das DFB-Team nach 30 Minuten gesammelt.
Donnarumma orientierungslos bei Standards
Es war wahrscheinlich die beste, ganz sicher aber die intensivste, euphorischste erste halbe Stunde in der Amtszeit von Nagelsmann. Und wenn man in die Gesichter von Schlotterbeck, Joshua Kimmich oder Antonio Rüdiger nach gewonnen Zweikämpfen schaute, konnte man sich irgendwie gar nicht mehr vorstellen, dass vor allem in Deutschland jahrelang über die Wertigkeit dieses Nations-League-Wettbewerbs gewitzelt wurde.
Italien kam teilweise minutenlang gar nicht mehr aus der eigenen Hälfte heraus, hatte zunächst aber noch Glück, dass das orientierungslose Umherrirren des 1,96-Hünen im Italien-Tor, Gianluigi Donnarumma, vor allem nach Standards nicht schon früher bestraft wurde.
Erst in der 30. Minute war Donnarumma erstmals geschlagen. Leon Goretzka hatte Kleindienst steil geschickt, der Alessandro Buongiorno locker stehen ließ und dann geschickt das Foul zum Elfmeter herausholte: Kimmich verwandelte eiskalt.
Eckball-Tor als schallende Ohrfeige für Italien
Auch nach der Führung machte Deutschland weiter Druck ohne Ende. Kleindienst hätte fünf Minuten später per Kopf nach einer brillanten Rüdiger-Flanke beinahe schon den zweiten Treffer erzielt, doch Donnarumma lenkte die Kugel noch stark um den Pfosten.
Und während die Italiener noch ratlos und selbstmitleidig die fehlenden Zuordnungen ausdiskutierten, hatte Kimmich die Ecke schon ausgeführt: Das Tor war leer, Musiala hatte die Chance blitzschnell erkannt, Kimmich noch den Balljungen zur Eile animiert - und schon lag der Ball im Netz.
Das Tor taugte perfekt als Zusammenfassung des geistigen und körperlichen Zustands beider Teams an diesem Abend, auch wenn es natürlich wie purer Slapstick aussah. Und man mag sich gar nicht ausmalen, wie die italienischen Medien das Kollektivversagen ihrer Nationalmannschaft genau an diesem Treffer aufhängen dürften.
Kimmich: Fünf Torbeteiligungen in zwei Halbzeiten
Für Kimmich ging die Party-Woche aber noch in der ersten Hälfte weiter. Schon in Mailand hatte er im zweiten Durchgang beide Tore vorbereitet, Sekunden vor dem Pausenpfiff sammelte er seine fünfte direkte Torbeteiligung innerhalb von 90 Minuten: Seine Chip-Flankte köpfte Kleindienst ins Tor, Donnarumma erreichte den Ball eindeutig erst hinter der Torlinie.
Italien reagierte mit zwei Wechseln zur Pause und kam tatsächlich sofort besser in die Partie. Ein schludriger Pass von Leroy Sané in den Rücken von Kimmich leitete dann das 1:3 ein, Kean ließ Oliver Baumann dabei keine Chance. Danach bekam Deutschland wieder etwas mehr Kontrolle in die Aktionen, war deutlich weniger aggressiv, verlor defensiv die Zuordnung und hatte kaum noch Abschlussaktionen.
Nagelsmann wollte mit einem Dreierwechsel die Sinne seines Teams wieder schärfen, doch plötzlich ging gar nichts mehr: Pascal Groß war im Zweikampf zu passiv, Jonathan Tah ließ sich von Kean veralbern - Italien war 20 Minuten vor dem Ende wieder dran.

Elfmeter wird wieder einkassiert - aber einen gibt es noch
Völlige Schockstarre brach in der 74. Minute aus: Schlotterbeck hatte Giovanni Di Lorenzo im Strafraum umgegrätscht, der hervorragende Schiedsrichter Szymon Marciniak zeigte sofort auf den Elfmeterpunkt. Kean schnappte sich den Ball, doch bevor er zum möglichen Hattrick antreten konnte, meldete sich der VAR - und der Strafstoß wurde wieder einkassiert, weil Schlotterbeck die Kugel wohl noch minimal berührt und Di Lorenzo schon vor der Berührung seine Sturzphase eingeleiltet hatte.
Danach ging das Zittern zwar weiter, Italien kam aber nicht mehr zu den ganz klaren Torchancen. In der Nachspielzeit ging es aber noch mal hoch her: Mittelstädt ging im Strafraum im Luftkampf mit der Hand zum Ball - der VAR griff wieder ein, Italien kam per Strafstoß doch noch zum Ausgleich - erst nach knapp 100 Minuten war das Zittern vorbei.