Unity Arena in Oslo

Viertelfinale der Handball-WM Deutschland drohen gegen Portugal halb leere Ränge

Stand: 28.01.2025 11:23 Uhr

In Düsseldorf haben mal 53.586 Fans eine Handball-Partie besucht, das war beim Eröffnungstag der Europameisterschaft 2024 am 10. Januar. Jetzt bei der WM droht selbst im Viertelfinale am Mittwoch (20.30 Uhr, ab 20.15 Uhr live im Ersten und im Stream sowie bei sportschau.de im Live-Ticker) gegen Portugal ein halbes Geisterspiel in Oslo, weil Norwegen sich schon nach der Hauptrunde aus dem Turnier verabschiedet hat - die Sportschau ging auf Spurensuche.

Schon in der Vorrunde im dänischen Herning gab es dieses Problem: An den Tagen, an denen sich der Gastgeber nicht selbst die Ehre gab, herrschte teilweise gähnende Leere auf den Rängen. Vor allem die Tribünen-Kopfseiten sahen aus wie bei Geisterspielen in der Corona-Zeit. Der Weltverband verramschte schließlich spontan große Kontingente der Karten zu Spottpreisen, brachte damit aber die Fans gegen sich auf, die ihre Tickets schon vor Monaten zu den regulären Hochpreisen gekauft hatten.

Nur Deutschland füllt die Hallen

DHB-Präsident Andreas Michelmann sagt dazu: "Nach wie vor gibt es nur ein Land auf der Welt, das in der Lage ist, die Hallen komplett zu füllen, auch wenn die eigene Mannschaft nicht spielt." Man kann drauf kommen: Er meinte Deutschland. Michelmann: "Wir haben es bei der EM mit 94 Prozent Auslastung bewiesen."

Für die aktuelle Situation in Dänemark, Kroatien und Norwegen helfen diese Aussagen wenig, aber sie stimmen. Ein großer Teil der Schuld ist dabei in den Ausrichternationen hausgemacht.

Keine Schilder, keine Logos, keine Werbung

Wenn man allein schon die Anfahrten zu den Hallen in Herning oder jetzt in Oslo zum Maßstab nimmt, kann man gut nachvollziehen, warum vielleicht nicht ganz so Handball-interessierte Menschen nicht zu den Events hingezogen werden: Man bekommt einfach nichts davon mit. Absolut nichts.

Es gibt weder in den Städten noch auf den Autobahnen oder sonstigen Zufahrtswegen Hinweise, Schilder oder sonstige Werbemaßnahmen wie beispielsweise zuletzt bei der EURO in Deutschland, wo man von UEFA-Logos und Riesen-Fußbällen nicht nur in den Ausrichterstädten förmlich erschlagen wurde.

Vorsicht bei der Übersetzung

Für den ein oder anderen Handball-Fan, der jetzt noch eine spontane Anreise erwägt, kommt möglicherweise auch noch ein kleines technisches Problem dazu. Klickt man sich nämlich über den DHB oder den Weltverband IHF auf die Ticket-Seiten und wählt in den Einstellungen die deutsche Übersetzung, dann werden plötzlich in den Kategorien 1 bis 3 die Preise in Euro angezeigt - obwohl norwegische Kronen gemeint sind.

Ein Kategorie-1-Ticket kostet dann vermeintlich 1.290 Euro, tatsächlich sind es aber "nur" 1.290 Kronen - also 109,62 Euro. Beim Familien-Ticket in der Kategorie 2 ist es das gleiche Problem: 677 Euro werden angezeigt, der tatsächliche Preis sind 57,52 Euro. Auch das billigste Einzelticket kostet nicht die angezeigten 550 Euro, sondern 46,73 Euro.

ARD-Experten haben Lösungsvorschläge

"Bis jetzt sind maximal 5.000 Tickets weg. Das heißt, es hätte noch Platz für deutsche Fans in der Arena", sagt Sportvorstand Ingo Meckes. "Wir hoffen, dass da der ein oder andere den Weg hierher findet."

Die Sportschau-Experten haben verschiedene Ideen zur Lösung des Problems. Johannes Bitter: "Der Anspruch sollte schon sein, vor allem in K.o.-Spielen auch die großen Hallen zu füllen. Sicher muss man viel mehr Werbung machen, man kann in die Schulen gehen, man muss die Menschen hier auf jeden Fall viel mehr für das Event begeistern."

Klein: "Auch mal in die kleineren Hallen"

Dominik Klein hat noch einen anderen Ansatz: "Gerade für die Spiele der Vorrunde und Hauptrunde sind die Riesenarenen vielleicht gar nicht das Richtige. Die IHF fordert ja bei den Bewerbungen immer Arenen mit diesen krassen Kapazitäten. Aber warum geht man stattdessen nicht auch mal in die Handball-Hochburgen wie Drammen oder Elverum, wo die Begeisterung eine ganz andere ist und die etwas kleineren Hallen dann auch gefüllt werden?"

Klein weiter: "Man kann natürlich auch im Vorfeld viel mehr machen. Wenn ich mal nach Deutschland schaue, was wir alles mit den Kids anstellen, um sie zum Handball zu holen: Trainings-Camps, Mini-WM, Event-Tage, da geben einfach viele Leute Vollgas."

Kastening setzt auf Eigenmotivation

Wie viele Leute am Mittwochabend auf den Tribünen Vollgas geben werden, bleibt nun abzuwarten - die 16 Nominierten im DHB-Team setzen auf jeden Fall auch auf Eigenmotivation. Timo Kastening zu den halbleeren Rängen: "Da bist du als Mannschaft natürlich umso mehr selbst gefragt, dass du die Spannung hochbekommst. Dass du von den Emotionen her mit Anpfiff der Partie voll da bist. Das ist natürlich, ganz ehrlich, bei einer vollen und stimmungsgeladenen Halle immer ein bisschen einfacher, sich da hochzupushen." 

Der Rechtsaußen und Siebenmeter-Schütze stellt aber auch klar: "Es ist ein Viertelfinale bei einer Weltmeisterschaft. Wenn du da nicht von Minute eins oder schon die Tage vorher komplett fokussiert bist, dann hast irgendwas falsch gewählt."