Skispringen Was wird aus Bundestrainer Stefan Horngacher?
Während die deutschen Skispringer auf die Zielgerade der Saison einbiegen, bleibt die Zukunft von Bundestrainer Stefan Horngacher ungewiss.
Es kommt nicht oft vor, dass Stefan Horngacher Emotionen zeigt. Als Andreas Wellinger Ende Dezember das Springen der Vierschanzentournee in Oberstdorf gewann, zeigte der deutsche Skisprung-Trainer dann aber doch eine kleine Gefühlsregung. "Wenn es dann wirklich losgeht, fängt es in der Magengrube schon zu ziehen an", lächelte der 54-Jährige, nur um direkt im Anschluss sein Kerngeschaft, die Fehlernanalyse, anzugehen.
Seit seinen mittlerweile fünf Jahren als Bundestrainer der deutschen Skispringer zeichnet sich Horngacher durch unaufgeregt nüchterne Arbeit aus. "Bodenhaftung behalten", "akribisch weiterarbeiten" - Worte wie diese sind seine Athleten und die deutschen Skisprung-Fans vom Österreicher gewohnt, der sich auch nicht davor scheut, den Finger in die Wunde zu legen. Wie lange solche Aussagen von ihm allerdings noch zu hören sind, ist ungewiss.
DSV will Horngacher um jeden Preis halten
Horngachers Vertrag beim Deutschen Skiverband (DSV) läuft im April aus. Ein Ende seiner Amtszeit hatte der Wahl-Schwarzwälder zuletzt nicht ausgeschlossen. Dass man ihn beim DSV halten möchte, ist dagegen kein Geheimnis. "Wir würden ihn gerne ewiglich an den Verband binden, weil er einfach ein guter Typ ist mit extrem viel Fachexpertise", rollte DSV-Sportdirektor Horst Hüttel Horngacher zuletzt den roten Teppich aus.
Auch eine andere Funktion im Verband wäre denkbar. Die Hauptsache ist, dass er dem DSV erhalten bleibt. Das könnte sich offenbar auch der Bundestrainer selbst vorstellen, auch wenn er sich mit eindeutigen Treuebekenntnissen bisher zurückhielt.
Fachlich ist Horngacher, der 2019 das schwere Erbe seines Landsmannes Werner Schuster angetreten hatte, über alle Zweifel erhaben. Schon als polnischer Nationaltrainer hatte er Kamil Stoch zu alter Stärke und dem Triumph bei der Vierschanzentournee 2018 geführt. Das ist ihm in Deutschland (noch) nicht gelungen, auch wenn Andreas Wellinger in diesem Winter lange hoffen ließ.
Horngacher ordnet den "Laden" neu
Und dennoch ist die Entwicklung im deutschen Team nicht von der Hand zu weisen. Die Erfolge von Wellinger, Pius Paschke und auch Karl Geiger zu Beginn des Winters sind nicht zuletzt das Verdienst seiner akribischen Arbeit. Auch Philipp Raimund hat unter Horngacher den Sprung in die erweitere Weltspitze geschafft und gilt als großer Hoffnungsträger für die Zukunft.
Vor allem die vergangene Saison, die die DSV-Adler mit einer eher mageren Bilanz beendet hatten, schien Horngacher anzutreiben, mehr aus dem zweifellos vorhandenen Potenzial herauszuholen. Zwar sei es schwer gewesen, den "Laden neu zu ordnen", die Ergebnisse des Winters zeigen aber, dass es ihm im Großen und Ganzen gelungen ist.
Es ist vor allem die ruhige, umgängliche und professionelle Art, die Horngacher im deutschen Verband so wichtig macht. Ein Ruhepuls, der den Druck und den Trubel ein Stück weit von den Athleten nimmt.
Trondheim als Zünglein an der Waage?
Das wiederum kostet zeitgleich "extrem viel Kraft", betonte Hüttel. Daher werde man auch im Umkehrschluss von Seiten des Verbandes keinen Druck auf ihn ausüben. Dass auf Horngacher mit den Weltmeisterschaften im nächsten Jahr und den Olympischen Spielen 2026 durchaus reizvolle Aufgaben warten würden, weiß er selbst wohl am besten.
Zwar wolle man sich erst zum Ende des Winters final zusammensetzen, um die Zukunft zu klären, bis dahin hat Hüttel aber noch einen Joker in der Hinterhand. "Wir werden in Trondheim mit ihm sprechen, an der Stätte für die WM im nächsten Jahr. Vielleicht kann das etwas in ihm auslösen." Ein erfolgreiches Abschneiden dort könnte auch Horngachers letzte Zweifel beseitigen - sollte er diese überhaupt haben. Fest steht: "Es wird ein Stück weit auch in seiner Hand liegen", so Hüttel.