Auftakt Vierschanzentournee "Irre Leichtigkeit": Skispringer Wellinger siegt in Oberstdorf
Die deutschen Skispringer haben beim Tournee-Start in Oberstdorf die Fans begeistert: Andreas Wellinger gewann vor Ryoyu Kobayashi aus Japan und Stefan Kraft aus Österreich.
Schon nach dem ersten Durchgang hatte Wellinger in Führung gelegen, als letzter Starter im Finale hielt er dann dem immensen Druck in überragender Art und Weise stand.
Sein Satz auf 128 Meter war zwar nicht der weiteste, aber wegen der schwierigen Bedingungen und der herausragenden Haltungsnoten reichte es am Ende mit drei Punkten Vorsprung auf Kobayashi zum Sieg. Hinter Kraft flog der Slowene Lovro Kos auf Platz vier, zwei weitere Deutsche landeten in den Top Ten.
"Es war eine irre Leichtigkeit da"
Im Sportschau-Interview feierte Wellinger anschließend seinen Triumph: "Vor diesem Publikum zu gewinnen, ist unglaublich, das kann man mit Worten gar nicht beschreiben. Es macht mich nach den letzten Jahren einfach extrem stolz und gehört sicher zu den größten Momenten, die ich erlebt habe." Wellinger weiter: "Es ist unfassbar, ich bin megaglücklich. Es war eine irre Leichtigkeit da."
Der sonst so kritische Bundestrainer Stefan Horngacher schwärmte: "Das war makellos vom Andi, einfach toll. Und er hat das zum wichtigsten Zeitpunkt gezeigt."
Und auch die Politik meldete sich zu Wort: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte Wellinger zu einem "großartigen Sieg. 2018 beim Olympia-Sieg von Andreas Wellinger in Pyeonchang war ich noch live dabei. Ich freu mich, dass er in diesem Winter zu alter Form zurückgefunden hat. So kann's weitergehen", schrieb das deutsche Staatsoberhaupt bei Facebook.
Geiger fällt auf Platz sieben zurück
Im ersten Durchgang hatten alle fünf Deutschen ihre direkten Duelle gewonnen und sich unter den besten 15 eingereiht. Den deutlich weitesten Satz zelebrierte Wellinger mit 139,5 Metern.
Karl Geiger hatte nach dem ersten Durchgang als Vierter ebenfalls noch das Podium anvisiert, doch im zweiten Durchgang ging für ihn nichts: Landung schon bei 122 Metern, am Ende musste er sich mit Rang sieben zufrieden geben.
Top-Leistung von Philipp Raimund
Einen großartigen Wettkampf lieferte Philipp Raimund ab. Im zweiten Durchgang landete er bei 135 Metern und sprang damit von Rang zehn noch auf den sechsten Platz nach vorn. Im Ersten freute er sich: "Einfach mega. Ausgerechnet hier mein bestes Karriereergebnis zu erzielen, besser geht es nicht."
Pius Paschke ging als Neunter ins Finale und haderte ein wenig mit dem fehlenden Aufwind, er durfte letztlich mit Rang elf aber auch durchaus zufrieden sein.
Leyhe vermasselt den zweiten Sprung
Stefan Leyhe hatte bei seinen beiden Sprüngen mit Rückenwind zu kämpfen, da die Oberstdorfer Schanze ihm sowieso noch nie besonders lag, konnte er das auch nicht gut kompensieren. Nach Platz 15 im ersten Durchgang stürzte er im zweiten Durchgang schon bei 119 Metern ab und wurde am Ende noch auf Rang 24 durchgereicht.
Polen weiter in der kollektiven Krise
Zufreidenheit im deutschen Lager - bei anderen herrschte Ratlosigkeit. So setzte sich die rätselhafte Kollektiv-Krise der Skisprungnation Polen auch in Oberstdorf nahtlos fort. Seit Jahren etablierte Springer wie Dawid Kubacki und Piotr Zyla hüpften schon im ersten Durchgang auf für ihre Verhältnisse lächerliche Weiten von 112 und 113 Metern, immerhin gewannen sie damit aber noch ihre direkten Duelle.
Das war dem dreimaligen Tournee-Champion Kamil Stoch mit seinen ebenfalls ganz mauen 117 Metern nicht vergönnt. Stoch unterlag dem Slowenen Lovro Kos deutlich und hatte wie alle seine Landsleute schon nach einem einzigen Sprung keine Chance mehr auf einen vorderen Rang in der Tournee-Wertung.
Auch Granerud schon am Ende
Noch schneller als das polnische Trio hatte der Gesamtsieger der Vorsaison wieder Bodenkontakt. Der norwegische Starspringer Halvor Egner Granerud landete bei für ihn unglaublichen 105 Metern und hatte entsprechend auch über die Lucky-Loser-Regel keine Chance mehr auf den zweiten Durchgang.
Stark aber von Granerud: Als die Jury das Springen wegen des anhaltenden Rückenwindes für mehrere Minuten unterbrochen hatte, ging er trotz seiner schweren Niederlage zu den Zuschauern und verteilte Autogrammkarten.
Ammann begeistert - mit 42 Jahren
Eine beeindruckende Vorstellung lieferte zur Freude der Fans in Oberstdorf dagegen die Schweizer Legende Simon Ammann. Im für Skispringer fast schon biblischen Alter von 42 Jahren schaffte er nach 119 Metern im ersten Durchgang im Finale bei deutlich besseren Bedingungen einen Satz auf 134,5 Meter - und jubelte wie in seinen allerbesten Zeiten.
Wellinger nun der Gejagte
Weiter geht es nun mit dem Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen (14 Uhr, Live-Ticker bei sportschau.de) sowie die beiden Events in Innsbruck (3. Januar) und Bischofshofen (6. Januar). Mindestens am Neujahrstag heißt der Gejagte dann Andreas Wellinger: "Ich würde sagen, das ist mal eine schöne Ausgangsposition", sagte der mit einem Grinsen: "Das erste Hindernis ist überwunden. Für mich ist jetzt die Herausforderung, dass ich genauso weiter springe. Wenn ich das mache, kann ich in der Rolle des Gejagten bleiben - und dann ist alles möglich."