Tobias Reiter am 16.11.2024 - während der Qualifikationswettkämpfe Biathlon 2024

Nach Velepec-Abschied Biathlon - Die "große Chance" für einen Neustart unter Reiter

Stand: 26.02.2025 18:09 Uhr

Mitten in der Saison verkündet Biathlon-Bundestrainer Uros Velepec seinen Rücktritt. Der kommt überraschend, ist aber konsequent - und bietet die "große Chance" für einen Neuanfang.

Von Jonas Schlott

Die Bronzemedaille war kaum verstaut, da wurde der überraschende Staffel-Erfolg der deutschen Biathleten bei der WM in Lenzerheide schon wieder getrübt: Bundestrainer Uros Velepec tritt mit sofortiger Wirkung von seinem Amt zurück, teilte der Deutsche Skiverband am Dienstag (25.02.2025) mit.

Ein Paukenschlag mitten in der laufenden Saison. Nicht nur Sportdirektor Felix Bitterling wurde von der Entscheidung überrumpelt. Auch dem einen oder anderen Schützling von Velepec dürfte die Kinnlade für einen Moment heruntergefallen sein.

Reiter kommt früher als gedacht

Zeit zur Aufarbeitung bleibt indes nicht. Bis Ende März stehen noch drei Weltcups an, in denen der Grundstein für eine erfolgreiche Saisonvorbereitung gelegt werden soll. Im Blickpunkt wird vor allem Tobias Reiter stehen, der zuletzt die Männer im IBU-Cup betreute und nun das Amt des Cheftrainers übernimmt.

Man habe sich bewusst für eine interne Lösung entschieden, Reiter schon länger als potenziellen Nachfolger für Velepec im Kopf gehabt, unterstrich Bitterling - eigentlich aber erst "für den nächsten olympischen Zyklus".

Dass der 39-Jährige bereits jetzt zum Zug kommt, sei aber "definitiv kein Beinbruch, sondern eine große Chance". Reiter sei "einer der besten Konzepttrainer, den wir im Biathlon-Bereich haben", lobte Bitterling: "Die Athleten sind voll des Lobes über seine Struktur und die klare Richtung, die er aufzeigt."

Einst Trainer von Franziska Preuß

Reiter war während seiner aktiven Zeit als Sportler im zweitklassigen Europacup (heute IBU-Cup) unterwegs, beendete aber schon mit Mitte 20 seine Karriere. Im Anschluss schlug er seine Trainerlaufbahn ein und wurde zunächst Trainer beim Bayerischen Skiverband.

2012 führte er eine gewisse Franziska Preuß zu drei Goldmedaillen bei den Olympischen Jugendspielen. Bis heute ist er wichtiger Ratgeber für die Führende im Gesamtweltcup. Zwischen 2014 und 2018 hatte er zudem die deutschen Frauen als Disziplin-Trainer betreut.

Von Reiter werden keine "Wunderdinge" erwartet

Zusammen mit Langlauf-Trainer Jens Filbrich soll er in den verbleibenden drei Weltcup-Wochen laut Bitterling vor allem "einen reibungslosen Übergang" gewährleisten und "positive Energien freisetzen". Reiter und Filbrich kennen sich bereits aus einer gemeinsamen Saison im IBU-Cup. Die Konstellation birgt wenig Risiken.

Reiter sei in der aktuellen Situation "genau der Trainer, den es jetzt braucht", bekräftigte Bitterling. In erster Linie gilt es für ihn, die Mannschaft kennenzulernen und ein Gefühl für die akuten Baustellen zu entwickeln. "Wunderdinge" erwarte man bis zum Ende der Saison zudem nicht.

Der neue deutsche Bundestrainer kann also ohne allzu großen Druck in sein Amt starten und hat einen gewissen Vorlauf, bevor die eigentliche Arbeit mit der Saisonvorbeitung beginnt. Das ist auch ein Verdienst von Velepec, der "nicht länger warten, sondern lieber sofort" den Weg für einen Neuangang freimachen wollte.

Velepec' Ansätze fruchteten nur bedingt

Das vorzeitige Ausscheiden des Slowenen kam dennoch für viele überraschend. Sicher, die deutschen Biathleten hatten in diesem Winter nicht überzeugen können, die Lücke zur Weltspitze ist weiter gewachsen. Das haben nicht nur die jüngsten Titelkämpfe in der Schweiz aufgezeigt. Die Staffel-Medaille bescherte aber immerhin einen Lichtblick, auf dem man in den verbleibenden drei Weltcup-Wochen aufbauen wollte, um die Weichen für eine erfolgreiche Olympiasaison zu stellen. Doch selbst der einigermaßen versöhnliche Abschluss konnte Velepec nicht mehr umstimmen.

2023 hatte er das schwere Erbe von Mark Kirchner als Cheftrainer angetreten und schon früh den Fokus auf die Problemzone der deutschen Männer gelegt, das Schießen. Wirklich gefruchtet haben seine Ansätze aber nicht. Mit Ausnahme von Justus Strelow mussten seine Schützlinge immer wieder Rückschläge am Schießstand verkraften. Es fehlte an Treffsicherheit und Schießgeschwindigkeit - und in letzter Instanz auch am Lauftempo.

Große Lücke zu den Top-Nationen

Das sah offenbar auch Velepec so. Es brauche "einen neuen Impuls", betonte der 58-Jährige, "vielleicht auch eine neue Form der Ansprache". Zumindest lässt sich seinen Worten entnehmen, dass er mit seinem Latein am Ende war. Mutmaßlich auch, weil seine Arbeitsansätze stagnierten und das Team mit einem Altersdurchschnitt von fast 30 Jahren wenig Entwicklungspotenzial bot.

Dass Velepec die Konsequenzen aus den nicht zufriedenstellenden Ergebnissen zieht und den Weg für einen Neuanfang vor der so wichtigen nächsten Saison freimacht, ist ihm hoch anzurechnen. Nicht umsonst dankte Bitterling ihm für die Arbeit in den vergangenen beiden Jahren - und richtete den Blick unter dem neuen Bundestrainer Tobias Reiter direkt nach vorne. Ziel sei es, "bis in die Haarspitzen motiviert in die olympische Vorbereitung zu starten."