Franziska Preuß freut sich über ihren Welmeistertiel in der Verfolgung

Biathlon WM-Bilanz - Eine Überfliegerin und Olympia-Sorgen

Stand: 24.02.2025 10:26 Uhr

Die deutschen Biathleten reisen mit einer besseren Medaillenbilanz als vor einem Jahr von der WM ab. Der Erfolg ist vor allem der starken Franziska Preuß zu verdanken. Mit Blick auf Olympia schlägt Sportdirektor Felix Bitterling Alarm - vor allem bei den Männern fehlt der Nachwuchs.

Für ihr letztes WM-Rennen von Lenzerheide hätte sich Franziska Preuß wirklich einen schöneren Abschied gewünscht. Stattdessen erlebte die beste deutsche Biathletin "einfach nur ein Gewürge". Beim finalen Massenstart am Sonntag (23.02.2025) musste sich die in dieser Saison so erfolgsverwöhnte 30-Jährige mit Rang sieben zufriedengeben. Bauchschmerzen im ersten Teil des Rennens und ziemlich langsame Ski vermiesten der besten Deutschen aber einen weiteren Podestplatz zum WM-Finale.

Preuß: "Viele schöne Momente"

Trotzdem reist die Weltcupspitzenreiterin mit vier Medaillen aus der Schweiz zurück ins heimische Ruhpolding. Und deshalb wird Preuß auch mit "vielen schönen Momenten" an Lenzerheide zurückdenken. "Wenn man mir vorher jemand gesagt hätte, dass ich mit vier Medaillen heimfahre und dabei zwei Einzelmedaillen, das hätte ich sofort genommen", strahlte Preuß in der Sportschau mit Blick auf die vergangenen zehn Tage in Graubünden. Denn: "Mein Ziel war, eine Einzelmedaille zu gewinnen. Ich fahre jetzt mit Silber und Gold und zwei Bronzemedaillen heim."

Franziska Preuß - "Nehme viel Positives mit"

Sportschau Wintersport, 23.02.2025 09:20 Uhr

Preuß: 66 Treffer bei 70 Schüssen

Vier Medaillen, das schaffte bei den Frauen neben Preuß nur die vierfache Weltmeisterin Julia Simon aus Frankreich. "Ich nehme auf jeden Fall viel Positives mit", sagte Preuß. Zum Beispiel, dass sie am Schießstand auch bei der WM abliefern kann: In vier Einzelrennen mit insgesamt 14 Schießen, also 70 Schuss, hatte Preuß nur vier Fehler.

Überragend dabei ihr fehlerfreies Schießen in der Verfolgung, als sie mit großem Vorsprung zum WM-Titel lief und sich danach freute: "Ich bin einfach nur glücklich. Ich hab so oft auf der letzten Runde so viel kämpfen müssen. Und dass ich heute so oft vorn sein darf, dass ich das einmal erleben darf, ist megacool. Das werde ich so schnell nicht vergessen."

Sportdirektor Bitterling: "Ordentliche WM"

Fünf Medaillen holte das deutsche Team in der Schweiz. Das sind zwei Medaillen und ein WM-Titel mehr als vor einem Jahr im tschechischen Nove Mesto. Deshalb zieht Felix Bitterling, Sportdirektor der deutschen Biathleten, auch ein positives Fazit: "Wir haben alles in allem eine ordentliche WM gesehen. Wir haben fünf Medaillen gewonnen. Da gab es nicht wahnsinnig viele Nationen in diesem Bereich. Zum anderen konnten wir unsere Medaillenzahl von Nove Mesto signifikant steigern."

Preuß an vier von fünf Medaillen beteiligt

Dank Franziska Preuß, möchte man hinzufügen. An vier der fünf deutschen Medaillen hatte Preuß ihren Anteil – an Verfolgungs-Gold, Sprint-Silber in den Einzelrennen sowie zwei Bronzemedaillen in der Mixed-Staffel und der Single-Mixed-Staffel. Nur beim Überraschungs-Bronze in der Männer-Staffel war Preuß nicht am Start.

Franziska Preuß krönt sich zur Weltmeisterin in der Verfolgung

Sportschau Wintersport, 16.02.2025 17:03 Uhr

Bitterling: "Damen haben abgeliefert"

So muss Bitterling in seiner Bilanz auch differenzieren. "Wenn man die beiden Geschlechter betrachtet, setzt sich der Trend fort", so der Bayer. "Die Damen machen ihre Sache sehr gut. Auch wenn nicht an jedem Tag alles funktioniert. Sie haben absolut abgeliefert." Dabei verweist der Bayer darauf, dass mit Vanessa Voigt und Janina Hettich-Walz zwei frühere WM-Medaillengewinnerinnen aus gesundheitlichen Gründen und wegen einer Schwangerschaft fehlten.

Bei Männern "genauer hinschauen"

Und bei den Männern? "Da muss man genauer hinschauen", sagt Bitterling: "Es gibt einige positive Dinge, wie bei den Mixed-Staffeln, wo die Herren zu 50 Prozent beteiligt waren. Und natürlich der Höhepunkt in der Staffel."

Am Samstag liefen die DSV-Männer zu Bronze. Zu einer überraschenden Bronze-Medaille, die auch dank einer funktionierenden Taktik gewonnen wurde. Statt mit dem schussstarken Startläufer Justus Strelow startete die Staffel mit dem läuferisch besseren Philipp Nawrath, die am Schießstand immer mal wackligen Johannes Kühn und Philipp Horn brachten das Quartett ohne Strafrunde zu Bronze. Im Ziel liefen bei beiden die Tränen. Und Kühn sagte erleichtert: "Das ist meine erste Medaille. Ich war seit 2018 bei jedem Großereignis dabei. Das ist meine letzte WM und ich hole in meinem letzten Rennen eine Medaille. Das ist schön."

WM-Staffel der Männer in Lenzerheide - die Siegerehrung

Sportschau Wintersport, 22.02.2025 11:55 Uhr

Bitterling: "Drei-Klassen-Gesellschaft" bei den Männern

Taktisch klug gingen Bitterling und Co. auch bei der Mixed-Staffel vor, als der am Schießstand überragende Justus Strelow mit zwei fehlerfreien Serien Bronze rettete. Solche Tage benötigte es, damit die Männer ebenfalls mit Medaillen nach Hause fahren durften. Denn, so Bitterling: "Alles in allem, wenn man bei den Männern genauer hinschaut, sind die Abstände doch signifikant." In der Staffel sah Bitterling sogar "eine Drei-Klassen-Gesellschaft, wo wir die dritte Klasse gewonnen haben." An die siegreichen Norweger und die zweitplatzierten Franzosen komme man aktuell nicht heran.

Männer: Zu viele Schießfehler

Alle Einzel-Titel bei den Männern gingen nach Norwegen oder Frankreich, die Top 7 der erfolgreichsten Athleten von Lenzerheide sind von beiden Nationen dominiert, bevor als achtbester WM-Teilnehmer Campbell Wright aus den USA kommt. "Alles in allem und konzeptionell gibt uns das aber zu denken", so Bitterling.

Während es die Frauen angeführt von Preuß bei der WM in Einzelrennen sechsmal in die Top 10 schafften, gelang bei den Männern nur eine Top-10-Platzierung: Philipp Horn wurde im Einzel Siebter. Die Probleme des Weltcups setzten sich dabei bei der WM fort: Keiner der Deutschen kam ohne Schießfehler durch die Individual-Wettkämpfe. Drei Rennen mit 40 Schießfehlern sind zu viel, um beim Kampf um die Podestplätze mitreden zu können.

Bitterling: "Das gibt mir zu denken"

Und während bei den Frauen die erst 19-jährige Julia Tannheimer bei ihrer ersten WM Achtungserfolge feiern konnte und die erst 20-jährige Selina Grotian bereits ihren ersten Weltcupsieg feiern konnte, drängt sich bei den deutschen Männern kein Talent als künftiger Hoffnungsträger auf. WM-Debütant Danilo Riethmüller ist bereits 25 Jahre, der zweifache Bronze-Gewinner Justus Strelow bereits 28. "Speziell zu denken gibt mir das mit der kurzen noch verbleibenden Zeit bis zu den Olympischen Spielen", erklärt Bitterling. "Wir haben da mehr Potenzial, aber wir bringen es einfach nicht auf die Straße. Das zieht sich seit einiger Zeit wie ein roter Faden durch."

Preuß: Erst Brotzeit, dann Weltcup-Gesamtsieg

In weniger als einem Jahr beginnt Winter-Olympia in Mailand. Größte deutsche Medaillenhoffnung könnte auch dann Franziska Preuß sein. Daran will die Olympia-Dritte mit der Staffel 2022 aber noch nicht denken. Schließlich hat sie in diesem Winter ja noch Ziele: "Ich habe den Traum, das Gelbe Trikot bis zum Schluss zu verteidigen. Das habe ich definitiv im Kopf und ist auch sehr präsent, sagt die Weltcupspitzenreiterin. Auf ganz kurze Distanz sind die Wünsche aber etwas geringer: Nach den schweren WM-Wochen freut sich Preuß jetzt auf "eine gute Brotzeit daheim" bei der Familie.