
Biathlon-WM Tannheimer über Preuß - "Sie ist wie eine große Schwester"
DSV-Talent Julia Tannheimer spricht im Biathlon-WM-Special des Wintersport-Podcasts über Franziska Preuß, verrückte Trainer-Wetten, Medienrummel und ihren steilen Aufstieg in die erweiterte Weltspitze.
Sportschau: Ihr Trainer Sverre Olsbu Roiseland hat eine neue Frisur, zu bestaunen unter anderem bei Instagram. Sein Kopf wurde nach Franziska Preuß' Goldmedaille rasiert. Können Sie noch einmal erzählen, wie es dazu kam?
Julia Tannheimer: Er meinte bei einer Besprechung, dass er sich eine Glatze schneiden lässt, wenn jemand aus dem Team Gold holt. Nach der Goldmedaille haben wir angestoßen und Franzi kam auf die Idee, dass eine Glatze vielleicht etwas langweilig ist, deshalb müssen die Trainer bis nach dem Einzel sehr verrückte Frisuren tragen. Sverre hat einen Blitz und ein Herz rasiert bekommen. Das war sehr, sehr witzig, gestern.
Sportschau: Wie ist die Stimmung generell in der Mannschaft?
Tannheimer: Die Trainer nehmen sich nicht zu ernst, sind für jeden Spaß zu haben. Es macht viel mehr Spaß, in so einer lockeren - und trotzdem professionellen - Gruppe zu trainieren.
Sportschau: Wie werden Medaillen im Quartier gefeiert?
Tannheimer: Gestern (vor dem heutigen Ruhetag, Anm. d. Red.) war der erste Abend, an dem wir gefeiert haben, weil davor ja immer ein Teil der Mannschaft am nächsten Tag wieder Wettkampf hatte. Da wird dann nicht gefeiert. Aber gestern haben wir dann alle mit Sekt beisammen gesessen - die Sportler mit alkoholfreiem Sekt.
Vorbild und große Schwester Franziska Preuß
Sportschau: Franziska Preuß ist die Athletin der Stunde, hat bereits einen kompletten Medaillensatz gesammelt. Wie erleben Sie sie hier?
Tannheimer: Sie ist einerseits ein Vorbild, andererseits wie eine große Schwester, die einem zeigt, wie alles funktioniert. Man geht mal zusammen joggen, sie nimmt einen immer gut mit, zeigt, wie alles geht. Es ist natürlich nochmal besser, wenn man alles von so einer überragenden Athletin gezeigt bekommt - aber gleichzeitig auch merkt, wie bodenständig ist. Sie ist einfach ein normaler Mensch, hebt in keiner Weise ab.

Haben gut lachen: Sverre Olsbu Roiseland (l.) und Franzi Preuß
Sportschau: Gibt es etwas, das Sie von ihr auf persönlicher Ebene mitgenommen haben? Möglicherweise mit Druck umzugehen oder Ergebnisse richtig einzuordnen?
Tannheimer: Mit Druck kann ich eigentlich ziemlich gut umgehen, das macht mir nicht so viel aus. Auch die Ergebnisse - ich schaue da nicht oft drauf, sondern eher darauf, wie sie zustandegekommen sind. Deswegen war ich auch mit den Ergebnissen, zum Beispiel gestern (24. in der Verfolgung, Anm. d. Red.) nicht so zufrieden, auch wenn ich mit einem 24. Platz generell schon zufrieden bin. Ich kann das schon ganz gut einordnen. Aber wenn mir da mal was schwerfällt, kann ich mich an Franzi wenden.
Tannheimer: "Franzi sieht mich nicht als Konkurrentin"
Sportschau: Sie sind der Jungspund im Team. Wie gefällt Ihnen diese Rolle?
Tannheimer: Ich bin ganz froh, dass Selina Grotian nicht viel älter ist, Johanna Puff auch nicht. Klar, die Trainer nehmen ein bisschen mehr Rücksicht auf mich, auch noch einmal mehr als auf Selina, weil sie im letzten Jahr schon dabei war und es meine erste Weltcup-Saison ist.
Wenn die Älteren sich schon seit vielen Jahren kennen würden, dann weiß ich nicht, ob ich so gut reingefunden hätte. So haben wir alles mit dabei, das macht unsere Harmonie im Team auch aus. Ich glaube, es ist auch einfacher, weil das Konkurrenz-Denken nicht so da ist: Franzi sieht mich nicht als Konkurrentin, weil ich so viel jünger bin. Ich sehe sie als fünf Schritte über mir, die ich in den nächsten Jahren gehen muss. So kann man sich noch mehr für die anderen freuen.
Sportschau: Sie sind noch nicht so lange im Weltcup mit dabei. Müssen Sie sich manchmal zwicken, wie schnell das jetzt alles ging?
Tannheimer: Ja, schon. So richtig glauben kann ich es nicht. Man wird da jetzt einfach so ein bisschen reingeworfen, die anderen helfen einem natürlich, dass man damit gut umgehen kann. Aber wenn mir das jemand vor zwei oder drei Jahren erzählt hätte, wie schnell das geht, hätte ich das im Leben nicht gedacht.
Interviews? "Wollte ich am Anfang gar nicht machen"
Sportschau: Haben Sie sich mental darauf vorbereitet, dass man durch Mixed-Zones und Interviews führt?
Tannheimer: So richtig darauf vorbereiten kann man sich, glaube ich, nicht. In Ruhpolding war es schon ziemlich stressig für mich. Einfach, weil es direkt nach dem Wettkampf ist. Manchmal hat man gar nicht mehr Zeit, sich überhaupt umzuziehen.
Aber ja, das wird mit jedem Weltcup normaler. Es gehört halt dazu. Mittlerweile geht es, es ist okay. Ich mache den Sport nicht wegen der Interviews. Am Anfang war ich schon richtig aufgeregt, da wollte ich es eigentlich gar nicht machen. Aber man lernt die Journalisten zum Teil ja auch persönlich kennen, dann macht es auch mehr Spaß.
Sportschau: Ihre Interviews wirken sehr aufgeräumt. Legen Sie sich bestimmte Sachen zurecht?
Tannheimer: Ja. Immer wenn ich mir meine Stöcke und Ski vor den Interviews abhole, überlege ich mir: Was könnte ich gefragt werden, was könnte ich antworten? Weil es für mich das Schlimmste wäre, wenn ich da im ARD- oder ZDF-Interview stehe und denke: Oh Gott, ich weiß gar nicht, was ich antworten soll. Es sind ja doch immer ähnliche Fragen, das mache ich dann schon, dass ich mir Gedanken mache, was ich sagen kann.

Tannheimer: "Mit meiner Leistung noch nicht zufrieden"
Sportschau: Zurück zur WM: Im Sprint waren sie 17., in der Verfolgung 24. - wie zufrieden sind Sie damit?
Tannheimer: Mit den Ergebnissen bin ich zufrieden, mit meiner Leistung einfach noch nicht. Im Sprint war das Schießen gut, da habe ich mich läuferisch aber noch nicht so gefühlt, wie ich es gerne gehabt hätte. Ich glaube, das lag auch daran, dass ich zuvor länger keinen Wettkampf hatte.
Im Verfolger waren die zwei Fehler hintenraus ärgerlich. Da habe ich einen Schuss herausrepetiert und habe mich dadurch verwirren lassen. Auch läuferisch hat es noch nicht so gut gepasst, auch wenn es besser war als im Sprint. Deswegen hoffe ich, dass es morgen (Einzel ab 15 Uhr, live im Ticker auf sportschau.de, Anm. d. Red.) noch besser wird.
Sportschau: Wenn wir auf die kommenden Rennen blicken - vermutlich ist die große Chance, eine Medaille zu holen, die Staffel der Frauen. Ist das etwas, das bei Ihnen im Hinterkopf hängt?
Tannheimer: Ich denke noch gar nicht an die Staffel. Nach dem Einzel kann man damit anfangen, ich arbeite aber immer Rennen für Rennen ab. Wir wissen noch nicht mal, wer die Staffel läuft. Ich will ein gutes Rennen laufen und den Trainern zeigen, dass ich in die Staffel gehöre. Und dann, denke ich, dass es für uns natürlich ganz nach vorne gehen kann, wenn wir alle unsere Leistung abrufen.
Das gesamte Interview mit Julia Tannheimer mit Themen wie der Zimmerverteilung der DSV-Biathletinnen in Lenzerheide, vielseitigem Training im Sommer sowie Tannheimers Lieblingsfächern in der Schule gibt es in der kompletten Podcast-Folge.