![Der Italiener Tommaso Giacomel (v.l.n.r.) und die Norweger Sturla Holm Laegreid und Tarjei Boe | picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Alessandro Trovati Der Italiener Tommaso Giacomel (v.l.n.r.) und die Norweger Sturla Holm Laegreid und Tarjei Boe](https://images.sportschau.de/image/07e967f1-97d0-45d6-99ac-063db870bb10/AAABlKMbu3c/AAABkZLrr6A/original/biathlon-antholz-144.jpg)
Biathlon-WM 2025 Nochmal Bö-Festspiele? Die Favoriten der WM
In den vergangenen Jahren dominierte Johannes Thingnes Bö den Weltcup fast nach Belieben. Zuletzt lief nicht alles rund. Zeit für eine Wachablösung ausgerechnet beim Saison-Höhepunkt? Wir haben die Favoriten der anstehenden Weltmeisterschaft einmal unter die Lupe genommen.
Egal, wie diese Biathlon-Weltmeisterschaft läuft, eins scheint bereits vorab klar: Johannes Thingnes Bö wird auch diesen Titelkämpfen seinen Stempel aufdrücken. Entweder, weil es der Norweger schafft, einen weiteren Rekord zu erreichen. Oder, weil der Dominator der vergangenen Jahre bei seinen letzten Titelkämpfen ohne Titel bleiben wird.
Bö winkt alleiniger WM-Rekord
Der 31-Jährige, der im Januar seinen Rücktritt zum Ende der Saison bekannt gab, sammelte in seiner Karriere 20 Weltmeistertitel. Genauso viel wie sein früherer Teamkollege Ole Einar Björndalen. In Lenzerheide könnte er zum alleinigen Rekordhalter aufsteigen. "Bis Weihnachten habe ich viel über die Rekorde nachgedacht. Dann traten sie in den Hintergrund", erklärte Bö, der seinen Rücktritt unter anderem mit Sehnsucht nach seiner Familie begründete, später. "Aber wenn alles gut, läuft, kann ich noch Rekorde brechen."
Bö - Nicht mehr unschlagbar
In den vergangenen sechs Jahren gewann Bö fünfmal den Gesamt-Weltcup – und auch in Lenzerheide zählt er zu den Top-Favoriten auf die WM-Titel. Auch wenn der Norweger, der im Biathlon bereits alles gewonnen hat, in dieser Saison weniger dominant auftritt. In den bisher 14 Einzelrennen der Saison triumphierte Bö "nur" dreimal. Nach seiner Rücktritts-Ankündigung von Ruhpolding schaffte er es in zwei von drei Einzelrennen nichtmal aufs Podest. Und kurz vor der WM musste er auch die Weltcup-Gesamtführung an Landsmann Sturla Holm Laegreid abgeben. Auf der Strecke ist Bö erstmals seit der Saison 2016/2017 nicht dominierend Schnellste – der Schwede Sebastian Samuelsson ist noch ein bisschen schneller. Und auch am Schießstand, vor allem Stehend, zeigt Bö bereits überwunden geglaubte Schwächen. Hinzu kommt, dass sich Bö kurz vor der WM noch einen Infekt einfing, wie er dem schwedischen TV-Sender "TV2" sagte.
Bö ist nicht unschlagbar. Drei Einzelsiege und insgesamt acht Podestplätze zeigen aber auch: Bö ist trotzdem weiter der Top-Kandidat für Siege.
Größter Bö-Konkurrent im eigenen Team
Der größte Konkurrent kommt für Bö mal wieder aus dem eigenen Team und heißt Sturla Holm Laegreid. Im vergangenen Jahr sorgte Laegreid beim Weltcup in Lenzerheide noch für einen Skandal, weil sich in seinem Teamhotel ein Schuss aus seiner Waffe löste. Bei seiner Rückkehr nach Graubünden hat er nun beste Chancen, seinen sechs WM-Goldmedaillen weitere folgen zu lassen.
Der ohnehin schießstarke 27-Jährige hat sich in dieser Saison am Schießstand noch einmal verbessert. Liegend kommt er auf eine unglaubliche Trefferquote von 95 Prozent, bei 115 Schüssen in diesem Winter traf er 111 Mal. Insgesamt fanden 92 Prozent seiner Schüsse ins Ziel. Und auch im Laufen konnte sich der 15-fache Weltcupsieger noch einmal verbessern. Nach der Rücktrittsankündigung von Bö weinte Laegreid Tränen der Rührung. Bei der WM könnte er seinen Landsmann nun sogar in den Schatten stellen.
![Sturla Holm Laegreid. | AFP Der Norweger Sturla Holm Laegreid gewinnt die Verfolgung in Oberhof](https://images.sportschau.de/image/9b16e680-42fd-4e8f-a2ae-df8f2334d598/AAABlFYea0Y/AAABkZLlUbs/16x9-960/wintersport-biathlon-strelow-100.jpg)
Sturla Holm Laegreid.
Französische Verfolger
Hinter Bö und Laegreid folgen nicht nur im Weltcup mit einigem Abstand ein halbes Dutzend mögliche Medaillenfavoriten - und darunter mit Tarjei Bö oder Vebjorn Soerum gleich nochmal ein paar Norweger. Und Frankreichs Emilien Jacquelin zum Beispiel. Der 29-Jährige scheint menschlich gereift, wie sich unter anderem im Einzel von Ruhpolding zeigte, als er einen frustrierten Johannes Thingnes Bö auf der Strecke motivierte, das Rennen nicht aufzugeben. Jacquelin peilt als Weltcup-Gesamt-Vierter das beste Ergebnis seiner Karriere an. Ebenfalls für Siege gut ist Jacquelins sechs Jahre jüngere Teamkollege Eric Perrot, der in diesem Winter den Massenstart von Kontiolahti gewann.
![Emilien Jacquelin in Aktion in Oberhof | dpa Emilien Jacquelin in Aktion in Oberhof](https://images.sportschau.de/image/560839ed-9b53-4ff4-ac32-4d5ef82751cd/AAABlFCfFwg/AAABkZLlUbs/16x9-960/emilien-jacquelin-114.jpg)
Emilien Jacquelin in Aktion in Oberhof
Erste WM-Medaille für Giacomel?
Zu den Mitfavoriten zählen auch Schwedens laufstarker Sebastian Samuelsson und der ebenfalls auf der Strecke starke Italiener Tommasso Giacomel. Der 24-jährige Südtiroler lief beim Massenstart im Januar in Ruhpolding erstmals zu einem Weltcupsieg. Überhaupt zeigte Giacomel im zweiten Weltcup-Trimester die beste Form seines Lebens.
Schweizer Hoffnung: Niklas Hartweg
Die Schweizer WM-Gastgeber haben mit Niklas Hartweg eine ernsthafte Medaillenhoffnung. Der gebürtige Karlsruher, dessen Stern 2022 mit zwei Weltcup-Podestplatzierungen aufging, zeigte zuletzt aufsteigende Form. In den sechs Einzel-Rennen des neuen Jahres lief er fünfmal in die Top 10.
Im vergangenen Sommer war nach einem Mountainbike-Unfall mit Bänderrissen in der Schulter noch unklar, wie er in die Saison finden würde. Spätestens nach Rang vier im Einzel von Ruhpolding war klar: Wenn alles gut läuft, kann der 24-Jährige den Schweizer Fans die ersehnte Medaille bringen.
![Philipp Nawrath | picture-alliance/dpa Philipp Nawrath](https://images.sportschau.de/image/99887e38-5abd-4813-b946-c401910c2930/AAABlINKhkY/AAABkZLlUbs/16x9-960/br-philipp-nawrath-104.jpg)
Philipp Nawrath
Und die Deutschen? "Schießen entscheidet"
Und die Deutschen? Ein zweiter Platz von Danilo Riethmüller (im Massenstart von Annecy) und ein dritter Rang von Philipp Nawrath (im Sprint von Kontiolahti) zeigen, dass an einem guten Tag auch die Deutschen um die Medaillen mitlaufen können. Doch das deutsche Männer-Team ließ in dieser Saison zu viel am Schießstand liegen.
Selbst Justus Strelow, in der vergangenen Saison noch bester Schütze des gesamten Weltcups (bei Athleten mit mindestens zehn Starts), kam in diesem Winter erst in einem Einzel-Rennen ohne Fehler durch. "Das Schießen wird entscheidend sein in der Höhenlage", weiß der Weltcup-Gesamt-Elfte Philipp Nawrath über die Rennen auf rund 1.400 Meter Höhe. Die Hoffnung auf einen Podestplatz bleibt trotzdem: "Natürlich wäre eine Medaille das absolute Highlight – aber im Biathlon gehört auch immer eine Portion Glück dazu."