Biathletin will aus dem Schatten Janina Hettich-Walz – zwischen Schwarzwald, Weltcup und Olympia-Traum
Derzeit ist Janina Hettich-Walz drittbeste Deutsche im Biathlon-Weltcup. Am Donnerstag vor 50.000 Fans auf Schalke misst sich die 27-Jährige mit der Weltelite und träumt von ihrem ersten Einzelpodest und den Olympischen Spielen.
Dass Janina Hettich-Walz beim Biathlon auf Schalke (28.12.2023, ab 17.50 Uhr live im Ersten) am Start steht, kam für die Biathletin eher unerwartet. Da Teamkollegin Sophia Schneider verletzungsbedingt ausfällt, wird Hettich-Walz gemeinsam mit Roman Rees in Gelsenkirchen in die Loipe gehen. "Ich freue mich auf die Chance, vor der Kulisse zu starten. Schalke ist ein absolutes Highlight", sagt Hettich-Walz, die vor zwei Jahren mit Erik Lesser bei der World Team Challenge auf Platz vier lief. "Das war durch Corona ohne Zuschauer in Ruhpolding. Da war ich schon sehr traurig, weil ich mich auf das Erlebnis Schalke gefreut hatte."
Und noch etwas war damals anders: Die Biathletin startete noch als Janina Hettich. Auch noch ohne Doppelnamen feierte die heute 27-Jährige ihre sportlich bisher größten Erfolge. Vor knapp fünf Jahren debütierte Hettich-Walz zum Saisonende 2019 im Biathlon-Weltcup und etablierte sich in den folgenden Wintern langsam als festes Weltcup-Mitglied. In der Saison 2020/2021 holte sie in Oberhof mit der Frauen-Staffel ihren ersten Weltcupsieg und erreichte mit Platz fünf im Einzel in Antholz ihr bisher bestes Weltcup-Ergebnis. Bei der anschließenden Weltmeisterschaft auf der Pokljuka sicherte sie sich mit der Frauen-Staffel die Silbermedaille. "Mein bisher größter Erfolg", sagt Hettich-Walz heute.
Anfänge auf Skirollern
Ihre ersten Schritte in den Wintersport machte die in Schramberg im mittleren Schwarzwald geborene Hettich-Walz gar nicht auf Schnee, sondern auf Asphalt. "Ich habe mir mit 10 Jahren Langlaufski gewünscht und da es in dem Winter bei uns gar keinen Schnee gab, dann Skiroller bekommen", erzählt Hettich-Walz. "Ich weiß noch ganz genau, dass ich auf den ersten 100 Metern dreimal hingefallen bin. Aber da war dann mein Ehrgeiz geweckt."
Lange dauert es nicht, bis die kleine Janina mehr wollte. "Biathlon lief immer bei uns im Fernsehen und ich habe meine Eltern überredet, dass sich mich mal zum Training nach Schönwald fahren", so Hettich-Walz, die rund 30 Minuten vom Biathlonstützpunkt entfernt aufgewachsen ist. "Ich glaube meine Eltern dachten, ich mache das nicht lange. Ich habe sie schon ein bisschen überrascht, weil ich dabeigeblieben bin."
Im Schwarzwald verwurzelt
Um Training und Schule ohne lange Wege zu vereinen, wechselte sie mit 16 Jahren auf das Sportinternat in Furtwangen, machte dort Abitur. Mittlerweile ist die 27-Jährige Sportsoldatin bei der Bundeswehr. Ihrer Heimat und dem Schwarzwald ist sie bis heute treu. "Ich hatte schon Gedanken, nach Ruhpolding oder Oberhof zu wechseln, um dort zu trainieren, aber ich brauche es, daheim zu sein, um Kraft zu tanken", sagt Hettich-Walz.
Im Sommer trainiert sie neben den Trainingslagern mit dem Team rund ein Drittel der Zeit individuell. Mit ihrem Mann Kai Walz, mit dem sie seit Frühjahr 2022 verheiratet ist und seitdem den Doppelnamen Hettich-Walz führt, hat sie in der Heimat ein Haus gebaut. "Ich bin hier schon sehr verwurzelt", sagt sie. "Meine Eltern wohnen zwei Häuser weiter und meine Großeltern in der gleichen Straße, das ist für mich einfach dieses Gefühl von Zuhause, das mir sehr viel Energie für den Sport gibt."
Energie, die sie für ihre sportliche Zukunft nutzen möchte. Im Olympia-Winter 2022 verpasste Hettich-Walz nach durchwachsenen Leistungen die Qualifikation für Peking. "Das war schon einer der größten Tiefpunkte meiner Karriere. Es gab immer Auf und Abs, aber das war das erste Jahr, in dem ich meine gesteckten Ziele nicht erreicht habe", sagt die Athletin vom SC Schönwald rückblickend.
Olympia 2026 als Traum und Ziel
Doch ihr Olympia-Traum lebt weiter. "Olympia ist das Größte, was man erreichen kann und 2026 mein großes Ziel", sagt Hettich-Walz, deren Blick auch auf die Weltmeisterschaft 2025 in der Schweiz geht. "Lenzerheide mit der WM und Olympia mit Rennen in Antholz sind zwei Orte, die ich sehr gerne mag. Das Ziel ist auf jeden Fall, bei diesen Highlights dabei zu sein und Medaillen zu gewinnen."
Neben dem sportlichen Training setzt die Biathletin für ihren Erfolg auch auf mentales Training. "Der Faktor Kopf ist beim Biathlon sehr wichtig. Bei mir geht es vor allem darum, negative Ergebnisse loszulassen und sie besser und schneller zu verarbeiten und beim Schießen den Fokus voll auf den Scheiben zu haben", erzählt Hettich-Walz. Neben dem Leistungssport hat sie außerdem ein Studium im Bereich Betriebswirtschaftslehre abgeschlossen.
Nicht im Schatten von anderen
Der Fokus gilt aber erstmal dem Sport. In dieser Saison konnte sich Hettich-Walz mit ihren Ergebnissen bereits frühzeitig für die Weltmeisterschaft im Februar in Nove Mesto qualifizieren. Trotz solider Rennen und derzeit dem 16. Platz im Gesamtweltcup überstrahlen bisher öfter ihre Teamkolleginnen mit noch besseren Platzierungen. "Ich sehe mich nicht im Schatten von anderen. Es ist aber irgendwie auch logisch, dass immer die die größte Aufmerksamkeit bekommen, die die besten sind und aufs Podest laufen", sagt Hettich-Walz.
Doch auch sie selbst strebt in diesem Winter nach fünf Jahren im Weltcup nach ihrem ersten Einzelpodium. "Meine Leistungen zeigen mir, dass ich Richtung Podest laufen kann und das ist auch das Ziel für die Saison." Zumindest wenn es nach einer Redewendung ihrer Mama geht, könnte es bald endlich klappen. "Meine Mama bringt hin und wieder mal den Spruch 'Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen'. Eigentlich mag ich den gar nicht so gerne", sagt Hettich-Walz. "Aber es passt schon auch zu meiner sportlichen Karriere. Ich habe nie die super großen Sprünge gemacht, sondern mich eher konstant Schritt für Schritt ein bisschen verbessert."