Biathlon-WM Fillon Maillet sucht nach der Wunderlösung
Biathlon-Star Quentin Fillon Maillet läuft in dieser Saison seiner Form hinterher. Eine WM-Medaille ist weiterhin sein Ziel, doch dafür muss alles stimmen.
Fast hätte sich Quentin Fillon Maillet beim Auftakt der Biathlon-WM selbst um eine Medaille gebracht. Als Schlussläufer der französischen Mixed-Staffel hatte er kurz vor Rennende Bronze schon so gut wie sicher. Doch statt in Richtung Ziel einzubiegen, lief der erfahrene Biathlet einfach weiter, musste umkehren und hätte den dritten Platz fast noch verschenkt.
"Oh, mein Gott! Bitte nicht so!"
"Für die Spannung", witzelte der 30-Jährige später auf Twitter. Seine Teamkollegen, die das ganze fassungslos von außen beobachtet hatten, gaben sich weniger locker: "Ich war überrascht und habe total gezittert", schilderte Émilien Jacquelin die Szene: "Er hat sich ja schon von den Fans feiern lassen. Dann habe ich gesehen, dass er auf der falschen Spur läuft und dachte: Oh, mein Gott! Simon Eder war nah dran. Ich dachte nur: Komm schon, bitte nicht Vierter! Bitte nicht so!"
Lauf- und Schießleistung ist stark gesunken
So bleibt die Episode nur eine kuriose Randnotiz. Und doch liefert dieser Zielsprint Hinweise darauf, warum Maillet bei der Biathlon-WM nicht zu den Favoriten zählt, was vor einem Jahr noch undenkbar gewesen wäre. "Mir fehlt die körperliche, aber auch mentale Energie, aber ich versuche zu kämpfen", sagte Fillon Maillet gegenüber "Ski Nordique" kürzlich. Ein solcher mentaler Aussetzer wie beim Zielsprint wäre dem Franzosen in der vergangenen Saison wohl nicht passiert.
Neben dem Gesamtweltcup gewann er zweimal olympisches Gold und dreimal Silber. In diesem Jahr läuft er seiner Vorjahresform hinterher, konnte noch kein Rennen gewinnen. Weder am Schießstand noch auf der Strecke kommt er ansatzweise in die Nähe seiner eigentlichen Leistungsfähigkeit. Im Vergleich zum schnellsten Läufer verliert er in diesem Jahr 3,5 Sekunden pro Kilometer, 2,4 Sekunden mehr als im Vorjahr. Seine Trefferquote im Stehen ist von 91 auf 85 Prozent gesunken. Im Liegen verschlechterte er sich von 87 auf 83 Prozent.
Schlechte Vorbereitung und zu großer Ehrgeiz
Aus dem Weltklasse-Athleten ist in dieser Saison "nur" ein Spitzenbiathlet geworden. Podestplätze sind die Ausnahme, nicht die Regel. Seine derzeitige Heimat heißt Top Ten. Eine bittere Erkenntnis. Er habe derzeit wirklich Mühe, "den Biathlon zu produzieren, den ich will". Es sei hart und traurig, weil er selbst viel mehr von sich erwarte.
Die Ursache für den Leistungsschwund sieht Stéphane Bouthiaux, Technischer Direktor für Biathlon beim französischen Verband, in der Saisonvorbereitung: eine Krankheit nach dem Urlaub, eine Operation, dazu jede Menge Presseanfragen. "Quentin hatte eine superkomplizierte Nebensaison", sagte er gegenüber "RMC Sports": "Er stieg dann mit Vollgas wieder ins Training ein, statt sich Zeit zu nehmen und sich zu erholen."
Das wollte er nach einem schwachen Saisonstart über die Weihnachtsfeiertage nachholen. Doch wieder wurde er krank und das warme Wetter machte eine Vorbereitung zu Hause zusätzlich schwierig. Und so blieb die erhoffte Leistungsexplosion aus.
Hoffnung macht nur die Pokljuka
Vor der Saison hatte Fillon Maillet zwei Ziele ausgegeben: große Kristallkugel und die Weltmeisterschaft. Während die große Kristallkugel so gut wie sicher den Namen von Johannes Thingnes Bö trägt, hat der Franzose noch Chancen, bei der Biathlon-WM in Oberhof wenigstens einmal ganz vorne mitzuspielen.
Zwar machen weder Platz neun im Sprint, noch Platz zwölf in der Verfolgung wirklich Hoffnung - ebenso wie der Zieleinlauf in der Mixed-Staffel. Doch in den Wochen vor der Biathlon-WM gab es Anzeichen für Besserung. Auf der Pokljuka wirkte Fillon Maillet zumindest in der Verfolgung wie der alte: Mit anderthalb Minuten Rückstand startete er ins Rennen, leistete sich nur einen Fehler und kam als Zweiter ins Ziel. Sein einziges Weltcup-Podest in dieser Saison.
Die Suche nach der Wunderlösung
"Vielleicht finde ich die Wunderlösung", hatte er vor der WM gesagt. Die hat er auch dringend nötig. In Oberhof bleiben noch zwei Chancen auf eine Einzelmedaille: das Einzel am Dienstag und der Massenstart am Sonntag.
Der Plan von Fillon Maillet ist simpel: 20 von 20 schießen. "Das ist meine Strategie. Ich werde zwar nicht über Nacht in Form kommen, aber ich werde bis zum Schluss kämpfen und auf eine Medaille hoffen." Sollte er seine Wunderlösung doch noch finden, dürfte eine Sache definitiv gelernt haben: Nicht zu früh freuen. Sonst verpasst er es am Ende noch, den Weg auf die Zielgerade einzuschlagen.