US Open 2024 US-Männer hoffen auf ersten Grand-Slam-Titel seit 2003
Seit 2003 hat kein US-Amerikaner mehr ein Grand-Slam-Turnier gewonnen. Nun stehen bei den US Open zwei im Viertelfinale. Und ihr Traum geht weiter.
Andy Roddick hat in Amerikas Tennis-Geschichte keinen besonderen Platz. Warum auch? Der mittlerweile 42-Jährige hat nur ein Grand-Slam-Turnier gewonnen. Und was ist sein Sieg bei den US Open 2003 schon im Vergleich zu den 14 Major-Triumphen eines Pete Sampras, den jeweils acht Erfolgen von Andre Agassi und Jimmy Connors oder den sieben Siegen des John McEnroe?
Trotzdem ist dieser Tage in New York der Name Andy Roddick oft zu vernehmen. Das ist jedoch seit vielen Jahren so beim letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres. Denn das Hartplatz-Event in Flushing Meadows ist - mal wieder - die finale Chance für Amerikas Männer, eine mittlerweile auf 21 Jahre angewachsene Durststrecke zu beenden und endlich ein Major zu gewinnen.
7667 Tage ohne Titel
7667 Tage sind seit Roddicks Dreisatz-Sieg im Finale der US Open am 7. September 2003 gegen den Spanier Juan Carlos Ferrer vergangen. Niemand hätte in der verwöhnten Tennis-Nation USA wohl damals damit gerechnet, dass es für mehr als zwei Jahrzehnte der letzte Erfolg eines US-Amerikaners bei einem Grand Slam sein würde. Zum Vergleich: Die US-Frauen haben seit 2003 - allen voran dank Serena Williams - 23 Grand Slams gewonnen.
In diesem Jahr haben mit Taylor Fritz und Francis Tiafoe zwei US-Profis das Viertelfinale erreicht, nach dem Sieg über Alexander Zverev steht Fritz sogar bereits im Halbfinale. Titelverteidiger Novak Djokovic und 2022er-Champion Carlos Alcaraz sind frühzeitig ausgeschieden. Wer will es den Gastgebern da verdenken, dass die Titelträume derzeit im “Big Apple” etwas größer und etwas realer sind? Zumal Tiafoe im Achtelfinale Alexei Popyrin in vier Sätzen besiegt hatte.
Zverev gegen Fritz und 25.000 frenetische Amerikaner
Jenen Australier also, der in der Runde zuvor Djokovic nach Hause geschickt hatte. Und der anschließend meinte, dass Tiafoe "manchmal angsteinflößendes Tennis" spiele. Und wenn der US-Amerikaner so weiter mache, ergänzte Popyrin, habe er "eine reelle Chance". Tiafoe spielt am Dienstag (03.09.2024) im Viertelfinale gegen den Bulgaren Grigor Dimitrov. Bei einem Sieg könnte sein Halbfinalgegner Taylor Fritz sein. Käme es tatsächlich am Freitag soweit, stünde fest, dass erstmals seit Andy Roddick in Wimbledon 2009 wieder ein US-Amerikaner ein Grand-Slam-Finale erreicht hätte.
Alexander Zverev konnte den Traum der US-Tenniswelt nicht nachhaltig stören. Der Hamburger hatte im Achtelfinale zwar bereits den Kalifornier Brandon Nakashima in vier Sätzen eliminiert. Aber am Dienstag verlor Zverev im Viertelfinale im riesigen Arthur Ashe Stadiums gegen Taylor Fritz in vier Sätzen. Deutschlands Nummer eins trat dabei nicht nur gegen den Weltranglisten-Zwölften an, sondern auch gegen knapp 25.000 US-amerikanische Landsleute von Fritz. Das Schöne für Zverev trotz der Niederlage: Das Publikum unterstützte seinen "Boy" frenetisch, blieb aber zu jeder Zeit fair und zollte Zverev Respekt.
Vieles sprach für Zverev
Der Olympiasieger von Tokio hatte sich zuvor in New York in guter Verfassung gezeigt. Er sei glücklich mit dem Level seines Spiels, hatte Zverev nach dem Achtelfinal-Erfolg betont. Zum vierten Mal stand er in Flushing Meadows in der Runde der besten acht. Zverev wollte mehr - aber er muss weiter auf seinen ersten Grand-Slam-Titel warten.
Ab dem Viertelfinale eines Grand Slams gebe es "keine leichten Spiele mehr", meinte Zverev. Dass er gegen Fritz im Achtelfinale von Wimbledon in fünf Sätzen verlor, verlieh dem Duell einen zusätzlichen Kick.
Tiafoe löst 2022 Tennis-Hype aus
2020 war Zverev in New York schon im Finale, verlor denkbar knapp gegen den Österreicher Dominic Thiem in fünf Sätzen. Ein Jahr später kam im Halbfinale gegen Djokovic das Aus - ebenfalls in fünf Sätzen. Er zählt längst bei jedem Grand Slam zum erweiterten Favoritenkreis - und diesmal nach dem Aus von Djokovic und Alcaraz sogar noch ein bisschen mehr. Nun kann Fritz in der Vorschlussrunde am Freitag Tiafoe auf treffen.
Der hatte vor zwei Jahren in New York nach vielen Jahren wieder für eine Art Hype unter den US-Tennis-Fans gesorgt. Tiafoe hatte als erster Amerikaner seit Roddick 2006 wieder das Halbfinale bei den US Open erreicht. Bei ESPN verfolgten bis zu 3,6 Millionen Landsleute seine Fünf-Satz-Niederlage gegen den späteren Champion Alcaraz. Seit Beginn der US-Open-Übertragungen im Jahr 2009 hatte der TV-Sender nur fünf Mal mehr Zuschauende vermeldet.
Fünf US-Amerikaner unter den Top 20
Vor zwölf Monaten hatte dann mit Ben Shelton erneut ein Amerikaner beim Heim-Grand-Slam die Vorschlussrunde erreicht - war aber beim 3:6, 2:6, 6:7 gegen Novak Djokovic chancenlos. Zudem war zu Beginn des Jahres 2023 bereits Tommy Paul im Halbfinale der Australian Open gewesen. Ein Blick auf die Weltrangliste zeigt, dass die USA fünf Spieler unter den Top 20 haben. Keine andere Nation hat aktuell so viel Quantität an Qualität. Doch haben sie auch den einen, der ein Grand Slam gewinnen kann? Einen Winner?
Früher stellte sich diese Frage gar nicht. Seit Beginn der "Open Era" 1968 hatten US-Amerikaner bis 1984 jedes Jahr mindestens ein Major gewonnen. Die einzige Ausnahme war 1969. Und es galt schon als große Enttäuschung und Krise, als sie von 1985 bis 1988 ohne einen Titel geblieben waren. Doch auf diese Durststrecke folgte die erfolgreichste Ära. Vom French-Open-Triumph des Michael Chang 1989 bis zu Roddicks US Open-Titel 2003 waren die Sieger in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York insgesamt 28 Mal US-Amerikaner.
Viele Fragen. Antworten am Sonntag?
Taylor Fritz kennt diese Statistiken - Francis Tiafoe, Tommy Paul und Ben Shelton kennen sie ebenso. Und jeder von ihnen, betont Fritz, wolle derjenige sein, der diese titellose Serie beende. Allerdings, so der 26-Jährige, spreche man nicht großartig darüber. Doch das müssen sie auch gar nicht, denn sie bekommen es von den Medien ohnehin zu hören.
Fragen wie, ob das Warten dieses Jahr enden werde? Welcher US-Amerikaner die größten Chancen habe und was ein Sieg wohl bedeuten würde? Vielleicht gibt es all die Antworten am Sonntag nach dem Finale. Alexander Zverev konnte jedenfalls den amerikanischen Titeltraum nicht beenden.