Deutschlands Josco Wilke liegt auf dem Rücken

Erstes Spiel seit 16 Jahren Wenn "Weltklasse-Rugby" bei Paralympics nicht reicht

Stand: 29.08.2024 23:52 Uhr

Im ersten Spiel bei Paralympics seit 16 Jahren hat das deutsche Mixed-Team im Rollstuhl-Rugby gegen Japan eine deutliche Niederlage kassiert. Bundestrainer Christoph Werner und sein Team waren dennoch stolz auf sich und ihre "geile Show".

Von Florian Neuhauss, Paris

Es rappelt - Metall knallt auf Metall. Josco Wilke stehen zwei Japaner gegenüber. Und die versuchen, den Deutschen mitsamt dem Ball zurück über die Mittellinie zu schieben. Damit würde der Ballbesitz an die Asiaten übergehen. Aber von hinten eilt Jens Sauerbier zur Hilfe und blockt seinen Mitspieler.

Es war einfach nur toll. Die Stimmung war fantastisch. Und wir haben eine geile Show abgeliefert.
Bundestrainer Christoph Werner

Wilke spielt einen hohen Pass auf Marco Herbst, der sich trotz zweier Gegenspieler befreien kann. Der deutsche Kapitän fährt einen großen Bogen in die Schlüsselzone - und kann, weil Sauerbier dort schon wieder einen Block gestellt hat, über die Torlinie fahren. Rollstuhl-Rugby "at its best".

Doch es ist "nur" der Punkt zum 31:37 gegen überlegene Japaner - und die drehen in der Schlussphase der Partie nochmal richtig auf. Unter dem Strich steht ein 44:55.

Schon beim Einlaufen "Gänsehaut"

Aber auch so sind die deutschen Underdogs nach dem Spiel gegen den Medaillen-Kandidaten mächtig stolz. "Es hat richtig Spaß gemacht", sagt Wilke, der sich zudem über die große Unterstützung seiner Familie freute. Auch wenn die Arena lange nicht voll war, sorgten die Zuschauer - darunter auch viele Japaner - für gute Stimmung.

Teamkollegin Britta Kripke fügt hinzu: "Ich hatte schon beim Einlaufen Gänsehaut und bin persönlich mit dem Spiel super happy." Und auch Bundestrainer Christoph Werner ist aus dem Häuschen: "Wir haben eine geile Show abgeliefert. Phasenweise war das Weltklasse-Rugby von uns."

Japan eine Nummer zu groß für Deutschland

Im ersten Viertel konnte die deutsche Nationalmannschaft auch noch gut mithalten. Angetrieben von Kapitän Herbst erspielte sich das Team Ende des ersten Viertels die Chance zum 12:12. Kripke hatte den Japanern den Ball geklaut. Aber die Asiaten verteidigten geschickt - und zogen in der Folge immer weiter davon.

"Am Anfang sind wir noch frisch gewesen. Aber die Japaner haben einen breiteren Kader als wir und konnten viel wechseln. Wir mussten mehr durchackern", erklärt Wilke. Werners Schützlinge waren dem Tempo der Japaner auf Dauer nicht gewachsen, besonders Daisuke Ikezaki mit seinem blond-gefärbten "Vokuhila" war nicht zu stoppen.

Die Deutschen hatten aber auch immer wieder ihre Momente: So gelang Herbst zum 16:21 ein Try, als er im Gedränge in der Schlüsselzone den Überblick behielt und einfach rückwärts über die Linie fuhr. Mehr als 20 Tore hatte der 35-Jährige am Ende erzielt. "Habe ich? Ich zähle da nicht mit. Mir ist egal, wer bei uns die Tore macht."

Herbst als Kapitän und "Highpointer" gefordert

Als sogenannter "Highpointer" ist Herbst aber auch für die Tore zuständig. Je nach Schwere ihrer Beeinträchtigung werden den Spielerinnen und Spielern unterschiedlich hohe Punkte zugeordnet. Der deutsche Kapitän hat zum Beispiel eine 3,5. Die Viererteams auf dem Feld dürfen in Summe aber nicht mehr als acht Punkte zusammenbringen. 8,5 Punkte sind erlaubt, wenn eine Frau auf dem Feld ist. Auch deshalb spielt Kripke sehr viel. Sie bringt im Prinzip durch den Abzug nur 0,5 Punkte in die Rechnung ein.

"Meine Wünsche für das Eröffnungsspiel sind alle in Erfüllung gegangen", sagte die 47-Jährige und strahlte. Vom Trainer gab es ein Extra-Lob: "Sie war super drauf."

Deutsche wollen Rugby-Krimi gegen Kanada

Doch Kripke wie auch einigen anderen Spielern war durchaus Nervosität anzumerken. Ihr Spiel war insgesamt zu fehlerhaft, um gegen Japan eine Chance zu haben. Coach Werner setzt darauf, dass im Spiel gegen Kanada, das schon am Freitag um 17.30 Uhr (im Livestream auf sportschau.de) in der Arena Champ-de-Mars folgt, davon nichts mehr zu sehen ist: "Die Kanadier haben verloren und stehen unter Druck. Wir wollen wieder eine geile Show liefern und überraschen."

Trotz der Niederlage hat das erste Duell bei den Paralympics mit deutscher Beteiligung seit der Spiele 2008 in Peking Lust auf mehr gemacht. Herbst sagt: "Auch wenn es am Ende eine deutliche Niederlage war, sind wir von unseren Fans richtig gefeiert worden. Und wenn wir gegen Kanada dieselbe Performance noch einmal abrufen können, dann wird das ein richtiger Krimi."

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau Paralympics 2024 | 29.08.2024 | 10:00 Uhr