Deutschland-Fans im Brisbane Stadium beim Spiel gegen Südkorea.

WM 2027 Harte Konkurrenz für DFB - Fitschen spricht von "toller Bewerbung"

Stand: 21.08.2023 14:00 Uhr

Deutschland bewirbt sich gemeinsam mit den Niederlanden und Belgien um die Ausrichtung der Frauen-WM 2027. Doch die Konkurrenz ist groß. Und die Chancen auf einen Erfolg für den DFB sind in Australien noch weiter gesunken.

Von Florian Neuhauss, Sydney

"Ich glaube, die WM hat in Australien wirklich nachhaltig das Bewusstsein für Sport und für Frauen geändert. Und auch weltweit, muss man sagen, hat es eine riesige Begeisterung gegeben. Das wird den Frauenfußball jetzt auf eine neue Stufe setzen", sagte die ehemalige deutsche Nationalspielerin Doris Fitschen im Sportschau-Interview. Sie vertrat den DFB zusammen mit Heike Ullrich beim FIFA-Kongress am Finalwochenende in Sydney. Und die Generalsekretärin fügte hinzu: "Durch die Erweiterung des Teilnehmerfeldes haben wir eine weltweite Wirkung in alle Konföderationen, in jede Ecke dieser Welt. Und mich haben alle Teams emotional gepackt."

Der DFB und Deutschland hatten fest eingeplant, selbst etwas zu dieser Begeisterung beizutragen. Nach dem Aus in der Vorrunde, sind die meisten Spielerinnen und Verantwortlichen aber schon seit zwei Wochen wieder zu Hause.

Das ist doppelt bitter. Denn neben dem sportlichen Erfolg ging es Down Under eigentlich auch darum, Werbung für die eigene Bewerbung um die WM 2027 zu machen. Deutschland hat zusammen mit den Niederlanden (Aus im Viertelfinale) und Belgien (nicht qualifiziert) das Konzept "Breaking New Ground" (zu deutsch "Neue Wege gehen") eingereicht. Die drei Konkurrenten sind Braslien, Südafrika sowie die USA zusammen mit Mexiko. Die Entscheidung fällt im kommenden Mai bei der FIFA-Versammlung in Bangkok.

"Fast Forward" oder doch eher auf Pause?

Mit Blick auf die WM-Bewerbung hatte der DFB vor bald zwei Jahren die "Strategie Frauen im Fußball FF27" ins Leben gerufen. Wobei FF für "Fast Forward", also "schnell vorwärts" steht. Der Frauenfußball in Deutschland sollte nachhaltig gestärkt werden - die frühere Europameisterin Fitschen ist Gesamtkoordinatorin und Leiterin des Projekts. "Ich bin davon überzeugt, dass die Entwicklung des Frauenfußballs nicht aufzuhalten ist", betonte die 54-Jährige in Australien.

Anders könnte es um die deutsche Bewerbung stehen, die ohnehin mit einem großen Makel zu kämpfen hat. Auch wenn Fitschen überzeugt ist, "dass wir eine super Bewerbung machen werden", "ein tolles Kozept" und "gute Chancen haben, die WM nach Hause zu holen". Bei einem sich der Welt öffnenden Wettbewerb ist Europa, wo die WM erst 2011 (Deutschland) und 2019 (Frankreich) stattgefunden hat, wahrscheinlich einfach nicht an der Reihe.

Für welche Bewerbung stimmt der asiatische Block?

Im Weltfußball sind die Mechanismen eigentlich immer dieselben: Abgestimmt wird in Blöcken. Europäische Länder stimmen für europäische Bewerber, nordamerikanische für nordamerikanische und asiatische für asiatische - schließlich haben sie alle einen gemeinsamen Verband. Bewerbungen gibt es dieses Mal aus Nordamerika, Südamerika, Europa und Afrika. Bleibt wahrscheinlich der asiatische Block als Zünglein an der Waage.

Weder in Südamerika noch in Afrika hat bisher eine Weltmeisterschaft stattgefunden. Es kann schon so sein, dass die Entscheidung deshalb für eines dieser Länder fällt.
Projektkoordinatorin Doris Fitschen vom DFB

Fitschen zeigte sich optimistisch, die Entscheider auf der Welt mit der nachhaltigen WM der kurzen Wege im Herzen Europas begeistern zu können. Die Richtung von FIFA-Präsident Gianni Infantino ist allerdings klar: Eine Weltmeisterschaft soll neue Märkte erschließen. In Südamerika und Afrika hat noch nie eine Frauen-WM stattgefunden - Pluspunkt für diese zwei Bewerbungen.

Hinzu kommt, dass Südafrika durch den Einzug ins Achtelfinale, den auch Brasilien verpasste, zusätzlich auf sich aufmerksam gemacht hat.

DFB-Präsident Neuendorf verzichtet auf Australien-Reise

Und dann gibt es noch einen Minuspunkt für den DFB. Beim FIFA-Kongress kamen Vertreter der 211 Mitgliedsstaaten zusammen. "Hier kann man wunderbar netzwerken", formulierte es Fitschen. Aber auch wenn sie bei der Convention von Generalsekretärin Ullrich begleitet worden ist, dürfte sich schon so mancher Vertreter anderer Verbände und Länder gefragt haben, wo denn DFB-Präsident Bernd Neuendorf steckte.

Ist dem starken Mann beim DFB die Bewerbung um die Frauen-WM nicht wichtig genug oder glaubt er gar selbst nicht mehr an die deutschen Erfolgschancen? Jedenfalls hatte Neuendorf nach dem frühen Aus des deutschen Teams von seiner eigentlich zu den K.o.-Spielen geplanten Reise nach Australien abgesehen - und damit auch ein Zeichen gesetzt.

Derweil zeigte sich zum Beispiel der Südafrikaner Danny Jordaan während der gesamten WM und besonders beim Kongress sehr umtriebig. Der Strippenzieher hat bereits das Männerturnier 2010 in seine Heimat geholt.

Enttäuschung steckt Ullrich "noch in den Knochen"

Ullrich sagte am Rande des Kongresses in Sydney, ihr stecke "die Enttäuschung noch in den Knochen" über das frühe Ausscheiden des deutschen Teams. Gleichzeitig hätte sie aber gesehen, "dass das Interesse an den weiteren Spielen, obwohl wir ausgeschieden sind als deutsche Mannschaft, in Deutschland noch enorm groß war. Das zeigt, dass der Frauenfußball in Summe angekommen ist."

Vielleicht werde der Frauenfußball-Boom in Deutschland "eine kleine Delle" erleben. Sie sieht aber das Positive an der WM: Bei den 570 Millionen Dollar Umsatz, mit dem die FIFA nach eigenen Angaben erstmals kostendeckend gearbeitet hat, zeigt sich laut der DFB-Generalsekretärin: "Der Frauenfußball kann sich alleine vermarkten und neue Wege gehen. Das ist in Summe inspirierend für den Frauensport."

Auch wenn es im Mai im Bangkok mit dem Zuschlag für die WM in vier Jahren erwartungsgemäß nicht klappen sollte, so kann der DFB ja zumindest von der positiven Gesamt-Stimmung auch nur profitieren. Und sollte sich das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg über die Nations League, die bereits im September beginnt, für Olympia 2024 in Paris qualifizieren, könnte Deutschland schon bald selbst wieder für große Begeisterungsstürme im Frauenfußball sorgen.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau FIFA Frauen WM | 20.08.2023 | 19:20 Uhr