Weltcup-Debüt im Skispringen Adrian Tittel - Rohdiamant mit Bodenhaftung
Adrian Tittel gehört in dieser Saison erstmals zum Weltcup-Kader der deutschen Skispringer. Der 20-Jährige gilt als großes Talent und soll behutsam an die Skisprung-Elite herangeführt werden.
"What a week". Adrian Tittel brachte es auf den Punkt. Die Junioren-WM in Planica im Februar verlief für den 20 Jahre alten Skispringer von der SG Nickelhütte wie ein Traum: Silber mit dem Team, Bronze im Einzel und dem Mixed-Team. Tittel hatte bei den Junioren-Titelkämpfen im slowenischen Skisprung-Mekka jede Menge Aufmerksamkeit auf sich gezogen und gleichzeitig eine fünf Jahre andauernde Durststrecke des deutschen Skisprung-Nachwuchses beendet. Die zuvor letzte deutsche WM-Medaille bei den Junioren hatte Luca Roth 2019 in Lahti gewonnen.
Während Roth weiter im zweitklassigen Continental-Cup springt, öffnet sich für Tittel nun die ganz große Skisprung-Bühne. Gemeinsam mit Andreas Wellinger, Karl Geiger, Markus Eisenbichler, Stephan Leyhe, Pius Paschke und Philipp Raimund gehört er zum deutschen Weltcup-Team, das ab Freitag (live im Ersten) die Saison im norwegischen Lillehammer eröffnen wird. Vieles wird für Tittel Neuland sein: der mediale Rummel, die hochklassige Konkurrenz und nicht zuletzt der traditionsreiche Lysgardsbakken im norwegischen Wintersport-Mekka.
Tittels Karriereplan geht bisher auf
Es dürfte ihm zugutekommen, dass die Aufmerksamkeit im deutschen Team zuallererst bei den arrivierten Springern wie Wellinger und Geiger liegt. Auch auf Eisenbichler werden die Blicke nach einjähriger Weltcup-Abstinenz besonders gerichtet sein. Tittel, der jüngste Springer im deutschen Team, soll zunächst behutsam an die Bedingungen herangeführt werden, seinen in den vergangenen Jahren eingeschlagenen Weg fortsetzen. Denn bisher hat er ziemlich viel richtig gemacht.
Vor allem die Verlagerung seines Lebensmittelpunktes von Oberwiesenthal nach Oberhof hat sich ausgezahlt. Am Rennsteig in Thüringen, wo er gemeinsam mit seiner Freundin wohnt, sind die infrastrukturellen Trainingsbedingungen mit verschiedenen Schanzen und Krafträumen besser. Tittel kann sich hier voll und ganz auf den Sport fokussieren. Ralph Gebstedt, Leitender Stützpunkttrainer in Oberhof, attestierte seinem Schützling nicht umsonst eine steile Entwicklung in den vergangenen Jahren, "von einem durchschnittlichen C-Kader zu Deutschlands bestem Junioren".
Hüttel: "Er hat sich schon einen gewissen Namen gemacht"
Tittel, der einst als Nordischer Kombinierer begann, bringt hervorragende Veranlagungen fürs Skispringen mit, kann vor allem mit einer sauberen Sprungtechnik glänzen. Gleichzeitig formuliert er keine überzogenen Ansagen, tritt ruhig und gelassen auf. Das, was ihm noch ihm körperlichen Bereich fehlt, soll stetig aufgebaut werden. Seine Form lässt aber schon zum jetzigen Zeitpunkt auf eine vielversprechende Karriere hoffen.
"Adrian ist ein junger Mann mit Potenzial. Er hat sich bei den Etablierten im Team schon einen gewissen Namen gemacht", erklärte DSV-Sportdirektor Horst Hüttel nach dessen Nominierung. Tittel hatte dabei von der neuen Regel profitiert, dass die WM-Medaillengewinner der vergangenen Saison ein Startrecht im Weltcup besitzen. Darüber hinaus hatte der Youngster aus dem Erzgebirge über die gesamte Saison mit konstanten Leistungen im Continental-Cup überzeugt, sprang dort regelmäßig in die Top 20, ehe in Planica die vorläufige Krönung mit drei WM-Medaillen folgte.
Für Bundestrainer Stefan Horngacher gilt es nun, seinen Rohdiamanten im Team in Ruhe weiterzuentwickeln und ihn auch vor überzogenen Erwartungen zu schützen. Tittel soll "Erfahrungen sammeln und seine Trainingsleistungen in den Wettkämpfen umsetzen", sagte der 55-jährige Österreicher vor den Wettkämpfen in Lillehammer. Das gelang in der jüngeren Vergangenheit bereits bei Philipp Raimund, der sich binnen kürzester Zeit als feste Größe im deutschen Weltcup-Team etablieren und vergangene Saison in Lake Placid sein erstes Einzel-Podest feiern konnte.