DSV-Sprungtrainer Heinz Kuttin winkt mit der Fahne ab

Exklusiv-Interview Skisprung-Trainer Kuttin - "Frauen diskutieren über andere Dinge"

Stand: 20.11.2024 13:24 Uhr

Er war ein erfolgreicher Skispringer und ist seit mehr als 25 Jahren Trainer: Heinz Kuttin soll die deutschen Skispringerinnen zurück zu alter Stärke führen. Wie er Katharina Schmid und Co. in einen "Flow" bringen will, was den Trainerjob besonders macht und warum er nach vier Jahren als Kombi-Sprung-Coach Lust auf etwas Neues hatte, erzählt der 53-Jährige im exklusiven Sportschau-Interview.

Sportschau.de: Heinz Kuttin, wie waren die ersten Wochen mit Ihren "neuen" Frauen?

Sehr gut. Ich bin sehr zufrieden mit der Vorbereitung, der Planung und der Umsetzung. Ich bin ein Trainer, der viele Jahre auf dem Buckel hat. Ich glaube, die alte Schule tut den jungen Skispringerinnen ganz gut. Natürlich gibt es auch ein paar Problemchen mit Verletzungen. Wir versuchen aber, alle Athletinnen in eine gute Verfassung zu bringen.

Erstmals eröffnen am Freitag (16.15 Uhr, live in der Sportschau) Männer und Frauen in einem Mixed-Wettkampf gemeinsam den Winter. Mit welchen Erwartungen blicken Sie dem Auftakt entgegen?

Ich erwarte, dass alle die Trainingsleistungen umsetzen können. Natürlich wäre es schön, wenn wir mit einem Podium aus Lillehammer abreisen können. Das würde Selbstvertrauen geben, um in einen Flow hineinzukommen. Den Flow kann man sich nicht direkt erarbeiten, den muss man wirklich kriegen, damit es leicht von der Hand geht. Wir sind körperlich sehr gut drauf und haben viel am Material getüftelt, sehen aber erst am Wochenende, wie gut auch die anderen gearbeitet haben. Ich denke aber, wir sind gut aufgestellt. 

Sie waren zuletzt Sprungtrainer der deutschen Kombinierer. Warum wollten Sie zurück zum Spezialspringen?

Ich bin seit meinem 25. Lebensjahr Skisprung-Trainer. Der Ausflug in die Nordische Kombination hat mir richtig gut gefallen und mir neue Türen geöffnet. Ich habe viele Dinge kennengelernt, die man als Skispringer gar nicht hat – vor allem durch das Ausdauertraining. Es hat mir aber auch gezeigt, dass allein mit Skispringen der Wettkampf nicht gewonnen ist. Nach vier Jahren war es dann an der Zeit, etwas Neues zu tun. Ich bereue den Schritt nicht.

Die vergangene Saison der Skispringerinnen lief sehr durchwachsen. Wo lagen die größten Baustellen?

Skispringen ist ein brutaler Sport. Wenn man nicht in den Flow kommt, tut man sich schwer, Topleistungen zu bringen. Deshalb haben wir viel in die Basisarbeit investiert, um die körperlichen Voraussetzungen zu schaffen. Wir haben den Fokus voll darauf gesetzt, wie wir besser werden können, um wieder Vertrauen ins Handeln zu bekommen.

Heinz Kuttin

Heinz Kuttin beim Sommertraining im Gespräch mit Katharina Schmid.

Mit welcher Zielstellung gehen Sie in die Saison?

Wir trainieren nicht, damit wir irgendwo in der Weltgeschichte herumspringen. Natürlich muss man dabei auch Unterschiede machen. Katharina Schmid hat ganz andere Ziele als eine junge Springerin. Wenn Katha ihre Leistungen abrufen kann, ist sie immer imstande, vorn dabei zu sein. Selina Freitag macht auch einen sehr guten Eindruck. Sie hat sich technisch und in der Flugposition stark verbessert. Ich möchte es nicht auf Platz 1,3 oder 5 reduzieren, sondern wünsche mir, dass sie ihre Topleistungen bringen und in einen Flow kommen. 

Hat sich im Sommer eine Springerin aufgedrängt, die neu ins Weltcup-Team rückt?

Hinter unseren erfahrenen Springerinnen haben wir eine größere Gruppe, die um den Anschluss kämpft. Neu dabei ist Alvine Holz, die im Sommer konstant gute Leistungen gezeigt hat und zum fixen Weltcup-Team gehört. Ich bin gespannt, wie sie performt, wenn es um Weltcup-Punkte geht.

Sind beim Start am Wochenende in Lillehammer alle dabei?

Nein. Luisa Görlich, die sich beim Weltcup-Finale in Planica das Kreuzband gerissen, hat, ist auf dem Weg zurück und guter Dinge. Es wird bei ihr aber noch einige Zeit dauern. Agnes Reisch hat auch Probleme mit den Knie, konnte beim letzten Lehrgang in Garmisch-Partenkirchen aber mitmachen.

Sie haben vorher meist Männer trainiert. Was ist beim Training und im Umgang mit Frauen anders?  

Es ist ganz anders, macht aber irrsinnig viel Spaß. Es ist nicht immer einfach – weder mit Männern noch mit Frauen. Die ersten Monate liefen aber sehr einfach und haben mich positiv überrascht. Frauen diskutieren nicht mehr, aber über andere Dinge.

Worauf freuen Sie sich am meisten?

Darauf, jetzt die Ergebnisse zu sehen. Wir haben gearbeitet, gearbeitet, gearbeitet und im Sommer viel Schweiß verbraucht. In der ersten Phase bis inklusive Engelberg wollen wir die Form finden, wo wir Trainingsleistungen umsetzen können. Dann soll es richtig losgehen. Die Two Nights Tour und die Weltmeisterschaft sind unsere Höhepunkte, wo jede Einzelne große Ziele hat.

Das deutsche Aufgebot für Lillehammer

Frauen

  • Selina Freitag (WSC Erzgebirge Oberwiesenthal)
  • Anna Hollandt (SC Degenfeld)
  • Alvine Holz (WSV Bad Freienwalde)
  • Agnes Reisch (WSV Isny)
  • Katharina Schmid (SC Oberstdorf)
  • -Juliane Seyfarth (WSC Ruhla)

Männer

  • Karl Geiger (SC Oberstdorf)
  • Markus Eisenbichler (TSV Siegsdorf)
  • Stephan Leyhe (SC Willingen)
  • Pius Paschke (WSV Kiefersfelden)
  • Philipp Raimund (SC Oberstdorf)
  • Adrian Tittel (SG Nickelhütte Aue)
  • Andreas Wellinger (SC Ruhpolding)

Zeitplan

  • Sa., 11 Uhr: HS 140, Qualifikation Frauen
  • Sa., 12:30 Uhr: HS 140, Einzel Frauen
  • Sa., 14:45 Uhr: HS 140, Qualifikation Männer
  • Sa., 16 Uhr: HS 140, Einzel, Männer
  • So., 11 Uhr: HS 140, Qualifikation Frauen
  • So., 12:30 Uhr: HS 140, Einzel Frauen
  • So., 14:45 Uhr: HS 140, Qualifikation Männer
  • So., 16 Uhr: HS 140, Einzel Männer

Sanny Stephan