Nach Sturz vom "Zitterbalken" Turn-Königin Simone Biles verpasst Olympia-Rekord deutlich
US-Superstar Simone Biles hat zum Abschluss der Turnwettbewerbe bei den Olympischen Spielen Nerven gezeigt. Zunächst patzte sie am Schwebebalken, kurz darauf musste sie auch am Boden einer Konkurrentin den Vortritt lassen. Lukas Dausers Traum von der erhofften Medaille blieb unerfüllt. Der 31-Jährige kündigte nach dem Barren-Finale das Ende seiner internationalen Karriere an.
Mit ihren Goldmedaillen Nummer acht und neun hätte Biles bei den Olympischen Spielen am Montag (05.08.2024) Geschichte schreiben und in der Liste der erfolgreichsten Olympioniken mit der ehemaligen sowjetischen Turnerin Larissa Latynina sowie die US-Schwimmerin Katie Ledecky gleichziehen können. Am Ende wurde es aber "nur" einmal Silber.
Biles stürzt vom "Zitterbalken"
Der angestrebte Traum von neun Goldmedaillen war bereits am Schwebebalken geplatzt. Als sich alles auf die nächste Show des schillernden US-Superstars eingestellt hatte, patzte die Turn-Königin überraschend. Während ihrer Übung rutschte sie nach einem Überschlag mit dem Fuß vom Balken. Nach Minuten des Wartens stand fest: Nur 13,100 Punkte für Biles und damit nur Platz vier - Blech statt Gold für die 27-Jährige, die das Ergebnis mit versteinerter Miene zur Kenntnis nahm.
Die Gunst der Stunde nutzte Alice D'Amato aus Italien (14,366 Punkte), die nach Silber mit dem Team über ihren ersten Olympiasieg jubeln konnte. Silber ging an die Chinesin Yaqin Zhou (14,100), über Bronze konnte sich mit Manila Esposito (14,000) ebenfalls eine Italienerin freuen. Deutsche Athletinnen hatten sich für den Final-Wettkampf der besten acht Turnerinnen nicht qualifiziert.
Andrade stiehlt Biles die Show
Eine Chance blieb Biles, die 2021 in Tokio wegen mentaler Probleme im Mannschaftswettbewerb ausgestiegen war, noch. Nach Gold mit der Mannschaft, im Mehrkampf und im Sprung ging die nur 1,42 Meter große Athletin in der Arena Bercy ein letztes Mal als große Favoritin ins Boden-Finale.
Doch erneut leistete sich Biles bei ihrer mit Höchstschwierigkeiten gespickten Übung zwei Fehler - dieses Mal bei der Landung, als sie mit beiden Füßen die Bodenfläche verlassen musste. Vom Kampfgericht wurden ihr dafür 0,6 Punkte abgezogen. Das konnte Biles auch nicht mit dem erneut höchsten Schwierigkeitsgrad ihrer Übung ausbügeln. Mit 14,133 Punkten reichte es nur für Rang zwei.
Olympiasiegerin wurde die Brasilianerin Rebeca Andrade (14,166 Punkte), die im Einzel-Mehrkampf und beim Sprung noch hinter Biles auf dem zweiten Platz gelandet war. Jordan Chiles (USA) gewann nach einem erfolgreichen Einspruch die Bronzemedaille (13,766).
Enttäuschendes Barren-Finale - Dauser beendet internationale Karriere
Zuvor hatte Lukas Dauser die olympische Bühne ohne den ersehnten glanzvollen Abgang verlassen. Im Barren-Finale wurde er nach einem Fehler nur Siebter. Gold sicherte sich der große Favorit Jungyuan Zou aus China.
"Ich habe mich nicht wirklich wohl gefühlt", sagte Dauser nach dem Wettkampf. "Ich war nicht bereit und bin nicht zu 100 Prozent in meinen Modus gekommen." Vielleicht habe er sich auch "zu viel Druck gemacht", vermutete Deutschlands Sportler des Jahres 2023, der sich vor wenigen Wochen eine Oberarmverletzung zugezogen hatte.
Wenige Stunden nach dem Finale verkündete der 31-Jährige das Ende seiner internationalen Karriere: "Das war mein letzter großer internationaler Wettkampf", sagte Dauer im ZDF. "Es war mein Happy End, dass ich überhaupt zum dritten Mal an Olympischen Spielen teilnehmen konnte." Dem Sport wolle er auch in Zukunft erhalten bleiben: "Ich freue mich auf alles, was noch kommt."
Finalteilnahme als kleines Wunder
Der Wettkampf in Paris schrieb schon vor dem Start seine eigene Geschichte. Eine der Hauptrollen besaß Dauser. Mit Spannung war das Duell zwischen dem 31 Jahre alten Turner aus Unterhaching und Tokio-Olympiasieger Jungyuan Zou erwartet worden, der vor drei Jahren vor seinem Kontrahenten am Barren triumphiert hatte.
Zou, von Dauser selbst im Vorfeld als "Jahrhundert-Talent" gelobt, galt als großer Favorit vor dem Wettkampf. Erst recht, nachdem sein ärgster Konkurrent wenige Wochen vor den Spielen von einer Bizepsverletzung ausgebremst wurde, die ihn fast die Olympia-Teilnahme gekostet hätte. Umso beeindruckender gestaltete sich Dausers fehlerfreier Auftritt in der Qualifikation.
Dauser verliert die Balance und patzt
Im Finale ging der Weltmeister, der in Paris mit einer Bandage von Reck-Olympiasieger Fabian Hambüchen turnt, als vorletzter der acht Athleten an den Barren. Doch schon früh leistete er sich bei seiner Übung mit dem Schwierigkeitsgrad 6,0 einen Patzer, als er bei einer Drehung die Balance verlor und mit einem Bein auf den Holm aufschlug.
Enttäuscht verließ Dauser das Wettkampfpodium - wohl wissend, dass dieser eine Fehler den Traum von der Medaille hatte platzen lassen. Am Ende reichte es nur für 13,700 Punkte und Platz sieben.
Zou glänzt mit Gold - Oka am Reck
Gold ging wie erwartet an Zou, der bereits die Qualifikation gewonnen hatte. Der Chinese zeigte eine perfekte Ausführung seiner Übung mit dem Schwierigkeitsgrad 6,9. Seine 16,200 Punkte blieben an diesem Tag unerreicht. Silber gewann der Ukrainer Illia Kovtun (15,500 Punkte), Bronze ging an Shinnosuke Oka aus Japan (15,300).
Der erst 20-jährige Oka gewann kurz darauf auch Gold am Reck. Zuvor war er bereits im Team und im Mehrkampf Olympiasieger geworden. Silber holte der Kolumbianer Angel Barajas. Zhang Boheng (China) und Tang Chia-Hung (Taiwan) kamen beide auf 13,966 Punkten, sodass es zwei Bronzemedaillengewinner gab.
Dauser und Kevric als Lichtblicke in Paris
Die deutschen Turner reisen damit ohne Medaille aus Paris ab. Neben Dauser hatte Helen Kevric bei ihrem Olympia-Debüt überzeugen können. Die erst 16-Jährige wurde im Finale am Stufenbarren Sechste, im Mehrkampf landete sie auf Rang acht. Für das Finale im Mehrkampf der Männer hatte sich einzig Nils Dunkel qualifiziert, kam aber nicht über Platz 18 hinaus.