Turnen bei Olympia 2024 Dauser beendet internationale Karriere - "Hätte mir Happy End gewünscht"
Turner Lukas Dauser hat bei den Olympischen Spielen in Paris eine Medaille am Barren verpasst. Durch die Bizeps-Verletzung fehlte die Routine. Nach dem Wettkampfende am Montag (05.08.2024) verkündete er das Ende seiner internationalen Karriere.
In der Mixed-Zone hatte Dauser nach dem Olympia-Finale noch offengelassen, ob er seiner Karriere auf internationaler Bühne nach den Olympischen Spielen fortsetzt und vielleicht bei der EM im kommenden Jahr in Leipzig an den Start geht. Einige Stunden später aber verkündete er auf Eurosport und im ZDF, dass seine Entscheidung nach Überlegungen in den vergangenen Wochen und Monaten doch bereits feststehe: "Das war heute mein letzter großer internationaler Wettkampf. Irgendwann ist auch mal Schluss."
Überhaupt zum dritten Mal bei den Olympischen Spielen dabei gewesen zu sein, sei irgendwie doch sein persönliches Happy End gewesen - auch ohne die Krönung mit einer Medaille. "Ich habe mehr erreicht in meiner Karriere als ich mir erträumt habe. Auf mich warten neue Aufgaben. Ich werde Papa, und ich werde dem Sport erhalten bleiben. Ich freue mich auf die Zukunft und auf das, was kommt." Die laufende Bundesligasaison will Dauser auf jeden Fall zu Ende turnen - und dort vielleicht auch noch in den kommenden Jahren dabei sein.
Nach Silber in Tokio Platz sieben in Paris
Als Dauser am Montagvormittag bei den Sommerspielen in Paris seine letzte große Barrenübung auf internationaler Bühne geturnt hatte, marschierte er erst einmal die paar Meter über die Matte und die Treppenstufen herunter, ehe er sich auf einem Stuhl niederließ. So, als musste er gerade all das sacken lassen, was in der Halle von Paris-Bercy passierte.
Dauser wischte sich mit dem Arm den Schweiß aus dem Gesicht, die Ernüchterung war erkennbar - und ein "Scheiße" vernehmbar. Die Noten waren noch gar nicht vergeben, da wusste der Turner schon: Das wird diesmal nix mit der Medaille. Am Ende belegte der Silber-Gewinner von Tokio 2021 Rang sieben in Paris. "Ich hätte mir nach der Geschichte ein Happy End gewünscht, dass ich eine schöne Übung einfach turne", sagte er. "Ich habe es heute irgendwie nicht aufs Podium bekommen."
Muskelbündelriss vor sechs Wochen
Etwas mehr als eine Stunde zuvor spielte der Hallen-DJ in der Arena Paris-Bercy "Highway to Hell" ein. Ging es also geradewegs in die Hölle? Nun ja, so eine Barrenübung kann schon heftig sein - gerade in den Oberarmen mit all den Handständen, der Bizeps ist gefordert. Und da sind wir beim 31-jährigen gebürtigen Oberbayern Dauser schon direkt im Thema.
Vor gerade einmal sechs Wochen zog er sich einen Muskelbündelriss im Bizeps des rechten Oberarms zu. Ein "Wunder" sei es, so sagte Dauser selbst, dass er überhaupt hier ist und mitturnen kann in Paris. "Der Bizeps war nicht der Grund, warum es schief gegangen ist", fand er hinterher, ein wenig habe er die Schulter gemerkt, aber vielmehr fehlte die Routine und die vielen Trainingseinheiten in den vergangenen Wochen.
Auch deshalb konnte er seine Übung mit dem Ausgangswert von 6,6 nicht wie geplant auf 7,0 aufwerten. "Ich war eigentlich bereit. Deswegen bin ich schon enttäuscht, dass ich es heute nicht hinbekommen habe."
Hambüchens Knieschoner bringt nicht noch einmal Glück
Dauser fokussierte sich daher auf seine WM-Übung, mit der er 2023 in Antwerpen den Titel holte und die in der Qualifikation auch geklappt hat. Mit dem Volleyball-Knieschoner von Reck-Olympiasieger Fabian Hambüchen, den er zur Armbandage umfunktionierte und der in der Quali Glück brachte. Dann aber hatte Dauser am Montag beim Tsolakidis auf den Holm geschlagen, ein paar Unsauberkeiten zeigte er auch bei den anderen Elementen.
"Für Lukas natürlich ein bisschen enttäuschend. Ich hoffe aber, dass er mit ein bisschen Abstand wirklich glücklich und zufrieden ist, dass er diesen Weg gegangen ist", sagte Sportschau-Turn-Expertin Elisabeth Seitz. Mit 13,7 Punkten kam Dauser als Siebter ins Ziel - und damit mit großem Abstand zum Olympiasieger von 2021 und 2024, Zou Jingyuang aus China (16,2 Punkte).
Deutschlands Turner ohne Olympia-Medaille in Paris
"Es ist ja nicht mein erster Wettkampf, den ich verturnt habe, ich war schon enttäuschter", sagte Dauser - so als wollte er sich Seitz anschließen. "Der Weg hierher, dass ich überhaupt hier bin, macht mich ein bisschen stolz. Bis ich das checke, wird es aber die eine oder andere Woche brauchen."
Fest steht damit auch, dass Deutschlands Geräteturner keine Olympia-Medaille gewinnen konnten. Dauser war am Montag der letzte deutsche Kunstturner im Medaillenkampf. Der Deutsche Turner-Bund (DTB) hat aber noch eine Chance: in der Rhythmischen Sportgymnastik mit der sechsmaligen Weltmeisterin Darja Varfolomeev.
Dauser erhielt erst wenige Tage vor Olympia die Freigabe
Von Dauser konnte man diese ersehnte Turner-Medaille gleichwohl am meisten und am wenigsten erwarten - als Weltmeister 2023, aber eben auch als angeschlagener. Sein Start hing lange am seidenen Faden. Gemeinsam mit seinem Physiotherapeuten Cyrus Salehi arbeitete er darauf hin, dass es irgendwie klappt mit der dritten Olympia-Teilnahme, erst wenige Tage vor dem Start erhielt er die Freigabe. Dauser gab alles, um dabei sein zu können und für den Traum von einer Medaille. Es war eine Willensleistung. Die erhoffte Krönung blieb aber aus.
Endgültiges Adieu vom internationalen Turnsport
Olympia in Paris war also das endgültige Adieu des deutschen Vorzeige-Kunstturners auf der ganz großen Bühne. Neben Pauline Schäfer-Betz ist Dauser der einzige Weltmeister aus dem deutschen Olympia-Team - und präsentierte sich auch in der französischen Hauptstadt als der stärkste.
Sein großes Ziel, einmal "die deutsche Hymne zu hören bei einem großen Wettkampf", hat er mit dem WM-Titel 2023 ja ohnehin geschafft. Es in Paris zu wiederholen, war ob der Dominanz des Chinesen Zou und seiner eigenen Verletzung letztlich utopisch.