Linus Strasser und Loic Meillard freuen sich über ihren 1. un 3. Platz im Slalom von Saalbach

Bilanz der Ski-WM in Saalbach Schweizer Festspiele und das lange Warten auf Straßer-Bronze

Stand: 17.02.2025 08:23 Uhr

Die deutschen Skirennfahrer wenden spät ein Fiasko bei der Ski-WM in Saalbach-Hinterglemm ab. Kein Land präsentiert sich im österreichischen WM-Hexenkessel von Saalbach-Hinterglemm so stark wie die Schweiz. Eine Bilanz.

"Am Ende wird alles gut. Und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende." Dieser Ausspruch, der über die Jahre so vielen schlauen Menschen zugeschrieben wurde, dürfte nach der Siegerehrung des abschließenden Slaloms der 48. Ski-Weltmeisterschaften auch dem einen oder anderen Mitglied des deutschen Ski-Teams gekommen sein.

Schließlich dauerte dieses Hoffen, dieses Bangen, diese ewige Medaillenwarterei bis zum Abschlussrennen, ehe Linus Straßer dann im Slalom schnell genug für WM-Bronze hinter dem Schweizer Loic Meillard und dem Norweger Atle Lie McGrath war. Das zuvor noch drohende Fiasko, die erste medaillenlose WM seit 18 Jahren, blieb damit aus.

DSV-Sportdirektor Maier nicht zufrieden

"Wahnsinnig schön" fühle sich die erste Einzelmedaille bei einem Großereignis an, sagte Straßer. 2021 in Cortina d'Ampezzo hatte er mit der Mannschaft WM-Bronze gewonnen, ein Jahr später bei Olympia in Peking Team-Silber. Nun also endlich allein auf dem Podest bei einem Großereignis, nachdem er im Vorjahr bereits die Slalom-Klassiker Kitzbühel und Schladming für sich entschied.

Die Ski-WMs in Are 2007 und St. Moritz 2003 bleiben also erst einmal als dunkelste DSV-Episoden der 2000er Jahre bestehen. Am Ende wurde beim Deutschen Skiverband (DSV) trotzdem nicht gleich alles, aber zumindest einiges wieder gut. Nach dieser in so vielen Facetten wunderbaren WM in Saalbach-Hinterglemm.

Nur Straßer hat den "Punch" im deutschen Team

Der Sportdirektor Wolfgang Maier versuchte seine Enttäuschung über die Tage vorm Straßer-Coup allerdings in seiner gewohnt offenen, ehrlichen Manier gar nicht zu kaschieren: "Das Ziel war natürlich, Medaillen, nämlich zwei, zu gewinnen, das haben wir definitiv nicht erreicht. Wir haben gute Ansätze, wir sind nicht komplett abgeschlagen, aber uns fehlt der Punch aufs Podium." Ein Punch, das ergänzte Maier, den Straßer jedoch zeigte. Neben seiner Bronzemedaille legte der auch den zweitstärksten Lauf im Slalom der Team-Kombination hin, da war nur die Zeit des Abfahrers Simon Jocher zu schwach für eine Medaillenplatzierung.

Abgesehen vom 32 Jahre alten Wahl-Tiroler Straßer hatte Maier eine Reihe von Enttäuschungen zu verarbeiten. Manchmal fehlten zwar nur Kleinigkeiten - aber eben die entscheidenden - und in den Speed-Disziplinen der Männer klafften die fast schon obligatorischen Lücken. Das Team von Bundestrainer Christian Schwaiger, einst stolze DSV-Sparte, ist mittlerweile weit weg von der Weltelite.

Kombinations-Team "Emma und Aicher"?

Lichtblicke lieferten in der Sonne Saalbach-Hinterglemms andere. Es bleibt zum Leidwesen von Maier ein Geheimnis, wie das Ergebnis dieses Experiments ausgesehen hätte, das er da zur Mitte der Ski-Weltmeisterschaften vor der Team-Kombination kundtat. "Wir wollten", sagte er da mit einem Grinsen, "eigentlich mit Emma und Aicher ein Team bilden."

Emma und Aicher, das wissen die geneigten Ski-Alpin-Zuschauer, ist eine Person - die hoch talentierte deutsche Ski-Hoffnung Emma Aicher. Die dann natürlich nicht in beiden Wettbewerben der Team-Kombination antreten durfte. Gemeinsam mit der Slalomläuferin Lena Dürr verpasste die 21-Jährige eine Medaille, weil Dürr in ihrer Lieblingsdisziplin patzte. Aicher hatte als Abfahrts-Zweite noch furios vorgelegt - und gilt im Slalom eigentlich als noch stärker. Die Hänge von Hinterglemm lagen ihr, die über so viel Skifahr-Gefühl verfügt. Zuvor war sie - trotz jeweils miserabler Startnummer - zweimal Sechste in Super-G und Abfahrt geworden.

Lena Dürr wird zur tragischen Figur im deutschen Team

Aicher ist vielleicht auch gerade die einzige Skirennfahrerin der Welt, die wirklich unter der Abschaffung der alten Alpinen Kombination (eines Athleten) leidet, die seit dieser WM eben zur Team-Kombination verschmolzen wurde, in der zwei Athleten in ihrer jeweiligen Spezialdisziplin Abfahrt oder Slalom antreten.

Dürr wiederum wurde so ein wenig zur tragischen Figur, der der von Maier angesprochene "Punch" fehlte: Erst scheiterte sie im Team-Wettbewerb am Silber-Gewinner Schweiz, dann konnte sie in der Team-Kombination die Vorlage von Aicher nicht nutzen. Und im Spezialslalom fehlte ihr - gesundheitlich angeschlagen - mehr als eine Sekunde zu WM-Bronze.

Rot-weiß-rote Jubelstimmung im Zielstadion von Hinterglemm

Diese Medaille sicherte sich hingegen die Österreicherin Katharina Liensberger unter dem großen Jubel der 15.000 Zuschauer im Zielstadion von Hinterglemm. Die Arena unten am Hang wurde knapp zwei Wochen lang zum Hexenkessel Österreichs, und hat die Ski-Nation dabei auch wieder erweckt.

Immer wenn ein rot-weiß-roter Athlet das Ziel erreichte, brüllten und jubelten die Zuschauer besonders laut dem Hang entgegen - und die Stahlrohrtribünen, auf denen sie standen, begannen heftig zu wackeln. So etwa auch beim überraschenden WM-Titel von Raphael Haaser im Riesenslalom. Mehr als 170.000 Zuschauer hatten die elf Wettkämpfe insgesamt besucht und so für eine große Ski-Party gesorgt, ungleich stimmungsvoller als etwa bei der letzten WM-Ausgabe in Courchevel/Méribel in Frankreich oder der vorletzten - noch Corona-geprägten - in Cortina d'Ampezzo in Italien.

Gastgeber Österreich Zweiter im Medaillenspiegel

Der Gastgeber, die in diesem Winter so geplagte, bedeutendste Ski-Nation der Welt, meldete sich aber auch sportlich fast ganz oben im Medaillenspiegel zurück. Österreich wurde mit siebenmal Edelmetall Zweiter hinter der Schweiz.

Als Sonnen-WM ging die erste Ski-WM in Saalbach-Hinterglemm 1991 in die Geschichte ein - und auch die zweite Ausgabe 2025 war nun fast immer sonnig, nur an einem Tag schneite es ein wenig. Das Land war so sehr von der guten Stimmung beseelt, dass der in der Nähe des WM-Ortes aufgewachsene FC-Bayern-Sportdirektor Christoph Freund beispielsweise als Ski-Rutscher beim Gelingen der Wettkämpfe mithalf. Von den Athleten waren übrigens keine Beschwerden über die Pisten zu vernehmen, eine bemerkenswerte Ausnahme.

Loic Meillard erfolgreichster Athlet der WM

An den Schweizer Skirennfahrern war aber fast kein Vorbeikommen für die anderen, 13 Medaillen sicherten sich die Eidgenossen, davon fünf WM-Titel bei den Schweizer Festspielen. Anders als zuvor erwartet waren aber nicht Marco Odermatt oder die angeschlagene Mikaela Shiffrin die erfolgreichsten Athleten.

Sondern der Schweizer Loic Meillard, der aus dem Schatten Odermatts trat: Gold in der Team-Kombination, Bronze im Riesenslalom und Gold zum Abschluss im Slalom standen für ihn zu Buche. Shiffrin zog nach ihrer Goldmedaille in der Team-Kombi immerhin mit Christl Cranz als erfolgreichste WM-Medaillensammlerin überhaupt gleich, Odermatt gewann den Super-G-Titel. 2027 blicken die Eidgenossen in all ihrer Stärke nun sogar einer Heim-WM in Crans-Montana entgegen.

Auch der Schweizer Erfolg fußt auf einer herben Enttäuschung

Hoffnung könnte der deutschen Mannschaft nun geben, dass auch dieses positive Beispiel der Schweizer Glanzleistungen einst aus einer bitteren WM-Enttäuschung erwuchs. 2005 bei der WM in Bormio musste die stolze Ski-Nation ohne Edelmetall nach Hause reisen.

"Am Ende wird alles gut. Und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende." Das mag vermutlich auch mancher Schweizer Funktionär damals gedacht haben. Im Anschluss an das Großereignis krempelte der Verband seine Strukturen um - setzte fortan auch auf drei nationale Leistungszentren.

Davon profitieren nun auch der Weltcup-Dominator Odermatt, WM-Star Meillard oder der Abfahrts-Weltmeister Franjo von Allmen. Die bittere Pleite damals war die Basis für diese Medaillen-Festspiele von heute. Es ist also nun die Aufgabe von Maier und vom Deutschen Skiverband (DSV), die richtigen Schlüsse aus dieser gerade noch geretteten Ski-WM 2025 in Saalbach-Hinterglemm zu ziehen.