"Wir haben euch im Blick" Neue Fan-Proteste gegen möglichen DFL-Investor
Die DFL startet den nächsten Versuch, über einen Investor Geld einzusammeln. Viele organisierte Fanszenen zeigten am Wochenende ihre Ablehnung.
Sowohl Fans des FC Bayern München als auch von Borussia Dortmund präsentierten beim Spitzenspiel am Samstagabend (04.11.2023) Spruchbänder mit der Aufschrift: "DFL & Investoren: Wir haben euch im Blick!" Wortgleiche Banner wurden in der Bundesliga unter anderem von den aktiven Fanszenen des 1. FC Köln, des FC Augsburg, des 1. FC Union Berlin, von Borussia Mönchengladbach, des VfL Wolfsburg, von Werder Bremen, des 1. FC Heidenheim und des VfL Bochum entrollt. In der 2. Bundesliga beteiligten sich ebenfalls Fans zahlreicher Klubs an der Aktion. Auch in einigen Kurven der 3. Liga, die nicht unter das Dach der DFL fällt, gab es den organisierten Protest.
Die Botschaft: Auch der kommende Versuch der DFL, eine Zusammenarbeit mit einem Investor einzugehen, wird kritisch begleitet.
DFL versucht Klubs mit geändertem Konzept zu überzeugen
Die DFL mit ihren beiden neuen Geschäftsführern Marc Lenz und Steffen Merkel führt bezüglich des neuen Anlaufs seit September Gespräche mit den 36 Klubs. Am Montag (06.11.2024) war das Projekt nach Informationen der Sportschau ebenfalls bei einem Treffen der DFL mit den Klubs in Frankfurt am Main Thema. Es herrsche Einigkeit darüber, dass eine Weiterentwicklung des DFL-Geschäftsmodell notwendig sei, aber auch darüber, "dass es dafür Investitionen bedarf", sagte Lenz im Oktober. Dabei gehe es "explizit nicht um mehr Geld für Spieler". Die Gespräche mit den Klubs würden "ergebnisoffen" geführt.
Marc Lenz (l.) und Steffen Merkel, die beiden Geschäftsführer der DFL
Eine Größenordnung von etwas mehr als 700 Millionen Euro soll nach Informationen der Sportschau angepeilt werden. Dafür soll der Investor mit rund sieben Prozent an den Erlösen der audiovisuellen Medienrechte beteiligt werden. Bei dem geplatzten Deal im Mai 2023 unter der alten DFL-Führung lagen diese Kennzahlen bei zwei Milliarden Euro und 12,5 Prozent.
Der maßgebliche Unterschied beim neuen Versuch, einen Investor ins Boot zu holen: Das Geld soll vorrangig bei der DFL verbleiben, um die Themen Digitalisierung und Internationalisierung voranzutreiben. Dass es auf diesem Gebiet Bedarf gibt, etwa um eine eigene Videoplattformen für Bundesligapartien und exklusive Inhalte aus den Vereinen aufzubauen, war schon im Frühjahr unter den Klubs weitgehend Konsens. Beim Vorschlag im Mai stand allerdings auch eine erhebliche Finanzspritze für das Tagesgeschäft der Klubs im Raum. "Wahrscheinlich sollten wir ein kleineres Paket schnüren und uns auf die Themen Internationalisierung und Digitalisierung fokussieren", sagte DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke Ende August in der FAZ.
Abstimmung noch in diesem Jahr?
Wenn sich eine Zustimmung abzeichnet, würden der Aufsichtsrat und das Präsidium der DFL nach Informationen der Sportschau am 14. November darüber entscheiden, ob die 36 Klubs der Bundesliga und 2. Bundesliga am 11. Dezember in einer Mitgliederversammlung abstimmen sollen. Gäbe es dort eine Zweidrittelmehrheit, hätte die DFL-Geschäftsführung ein Mandat zum Abschluss des Geschäfts, ohne eine nochmalige Anhörung und Abstimmung unter den Klubs. Von der DFL gab es bislang keine offizielle Stellungnahme zum Ablauf, Zeitplan und Details des möglichen neuen Prozesses.
Noch in der ersten Jahreshälfte 2024 werden aller Voraussicht nach die Medienrechte für die vier Spielzeiten ab der Saison 2025/26 vergeben. Insider fürchten, dass die Medienerlöse sinken könnten, diese sind die größte Einnahmequelle der Klubs. Ein Investor hätte auch die Aufgabe, diese Einnahmen für die DFL zu sichern und zu steigern. Mehrere Medienpartner äußerten zuletzt Wünsche, beispielsweise nach Videos aus der Kabine oder dem Mannschaftsbus.
Auch Fanproteste führten im Mai zur Ablehnung
Proteste der Fans waren mitverantwortlich dafür, dass bei einer Versammlung der DFL im Mai 2023 ein Antrag die nötige Mehrheit verfehlte, den Investorenprozess in die entscheidende Phase zu überführen. Die Fanszenen hatten dem Thema Aufmerksamkeit verschafft.
Zudem gab es Diskussionen über die Transparenz des Prozesses, die Prüfung von Alternativen, die Gerechtigkeit bei der Geldverteilung unter den Klubs sowie die mögliche Einflussnahme eines Investors. Die Sportschau hatte ein in den Plänen verankertes Vetorecht des Investors bei bestimmten Entscheidungen aufgedeckt. Die DFL erklärte später, dass dieses Vetorecht grundsätzliche Fragen der Zusammenarbeit betroffen hätte, nicht aber Themen wie beispielsweise den Spielplan oder die Verlegung von Spielen ins Ausland.
Banner mit der Aufschrift "DFL & Investoren: Wir haben euch im Blick!" vor der Dortmunder Südtribüne.
Blick ins Ausland: Investorendeals in Spanien und Frankreich
International gibt es Investorendeals der Ligen in Spanien und Frankreich, wobei in Frankreich nachträglich immer mehr Kritik an dem Geschäft aufkommt. Das Modell in Frankreich weist allerdings deutliche Unterschiede im Vergleich zu den Plänen der DFL auf. Auch Italiens Serie A liebäugelt mit einem Investoreneinstieg, allerdings sind sich auch dort nicht alle Klubs einig: AC Mailands Investor "Red Bird" stellte sich bislang gegen einen Investoreneinstieg auf Ligaebene.