Versammlung der Klubs Investoren-Deal der DFL gescheitert - Liga gespalten
Kein Investor für die Deutsche Fußball-Liga (DFL) - ein Antrag für die Einbindung eines Investors verfehlte die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit, die Investorensuche ist damit beendet. Mehrere Klubs machten ihre Gegenstimmen öffentlich, die DFL ist gespalten.
Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung der Klubs am Mittwoch (24.05.2023) in einem Hotel am Frankfurter Flughafen sollte grundsätzlich darüber abgestimmt werden, ob die Suche nach einem Investor für die DFL fortgesetzt wird. Die DFL-Spitze war in den letzten Minuten den Kritikern noch entgegen gekommen und hatte ihren Antrag verändert, dieser wurde in der Abstimmung trotzdem nicht angenommen. "Trotz der klaren Mehrheit ist für uns klar, dass der Prozess damit beendet ist. Das ist Demokratie", sagte DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke (Borussia Dortmund).
20 Klubs stimmten für den Antrag, elf dagegen und fünf enthielten sich, wie die DFL bestätigte. Erforderlich wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit von 24 Klubs gewesen. Auf Antrag des VfL Bochum wurde geheim abgestimmt. Die DFL-Interimsgeschäftsführer Oliver Leki (SC Freiburg) und Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) erklärten, dass sie damit zum 30. Juni aus ihren Ämtern ausscheiden. Hellmann bleibt Teil des DFL-Präsidiums, Leki des Aufsichtsrats. Eine neue Geschäftsführung der DFL soll im Juli benannt werden, sagte Watzke. Auf die neue Geschäftsführung kommt dann eine große Aufgabe zu: Sie muss den nun offensichtlich tief gespaltenen Verband einen.
DFL-Spitze mit Drohungen Richtung Solidargemeinschaft
Watzke baute eine Drohkulisse auf. Gerade Bayern München und Borussia Dortmund "hätten sehr viele unserer Rechte in den zentralen Bereich verlagert, um die Solidarität zu stärken. Wir haben der Liga die ausgestreckten Arme entgegen gereicht, wir hätten definitiv den größten Beitrag leisten müssen und wir hätten das auch getan." Die großen Klubs würden nun nachdenken, wie es für sie weitergehe. "Es sollte uns bitte in der nächsten Zeit niemand mit Solidaritätsthemen kommen."
Hellmann kritisierte, dass einige Klubs falsche Argumente in ihre Fanszenen getragen hätten und sagte: "Diejenigen, die dagegen waren, werden eine Frage beantworten müssen: Wo kommt in Zukunft Sicherheit und Stabilität für die Bundesliga her?" Hellmann sprach von einer "Niederlage der Zentralvermarktung". Aus der Entscheidung ergehe, dass "die Schere weiter auseinander gehen wird". Bayern Münchens Vorstandschef Oliver Kahn sagte laut Deutscher Presse-Agentur: "Ziel war es, die Bundesliga und die 2. Bundesliga zu stärken. Bei diesem Modell hätten die größeren Vereine viel Solidarität mit den Kleineren gezeigt."
VfB Stuttgart kritisiert: Deal hätte "wirtschaftliche Schere weiter geöffnet"
Später machten mehrere Klubs ihre Ablehnung öffentlich, so zum Beispiel der VfB Stuttgart. Ein Verkauf von Anteilen an den TV-Rechten dürfe "nicht zur Zementierung einer Verteilungslogik führen, die den Interessen der großen Traditionsclubs und ihrer Fans widerspricht und die wirtschaftliche Schere zwischen den Clubs weiter öffnet, statt sie zu schließen", teilte Vorstandschef Alexander Wehrle mit. "Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, nach der Corona-Krise wieder näher an die Fans heranzurücken und Fehlentwicklungen der Branche zurückzudrängen. Der vorliegende Antrag wäre in dieser Form auch an diesem Punkt das falsche Signal gewesen. Daher können wir den vorgeschlagenen Weg als VfB Stuttgart nicht unterstützen." Mit ähnlichen Argumenten veröffentlichte auch Schalke 04 seine Ablehnung.
Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli, befand sich während des Prozesses unter den Kritikern. "Das Ergebnis und die kontroversen Debatten zeigen, dass es offenkundig noch viel Klärungsbedarf und zu viele offene Fragen gab", teilte er nach der Versammlung mit. "Wir müssen erst eine klare Strategie entwickeln, gemeinsam und konstruktiv - und dann können wir diese gezielt finanzieren, um unsere klar definierten Ziele zu erreichen." Es habe durchaus gute Aspekte an dem Deal gegeben, diese müssten "in einen neuen Prozess" überführt werden.
Ligaspitze machte vor der Sitzung mehrere Zugeständnisse - vergeblich
Die Ligaspitze hatte in ihrem veränderten Antrag nach Informationen der Sportschau einige Zugeständnisse gemacht, durch die sie die Klubs mehr in die Entscheidungsfindung einbeziehen wollte. So sollte den 36 Vereinen bis zum 23. Juni die Möglichkeit gegeben werden, Änderungsvorschläge einzureichen, beispielsweise zur Auswahl des möglichen Partners, zur generellen Umsetzung, aber auch zu der Verwendung des Geldes.
Die kritisch gestimmten Klubs - vor allem der FC St. Pauli und der 1. FC Köln - hatten sich vor allem daran gestört, dass noch zu viele Fragen offen seien. Die für 11.30 Uhr terminierte Sitzung in einem Hotel am Frankfurter Flughafen hatte wegen der Beratungen über den Antrag des DFL-Präsidiums mit 45 Minuten Verspätung begonnen. Am Ende stand trotzdem die Entscheidung gegen den Deal.
Fanszenen und mehrere Klubs kritisierten Einstieg eines Investors
Der versuchte Einstieg eines Investors war unter den DFL-Klubs im Vorfeld der Versammlung kontrovers diskutiert worden. Die Befürworter wie die Geschäftsführer von Borussia Dortmund, Eintracht Frankfurt, SC Freiburg oder Union Berlin skizzierten das Geschäft als notwendig, um die Bundesliga international wettbewerbsfähig zu halten. Widerspruch kam dagegen vor allem von Vertretern des FC St. Pauli und des 1. FC Köln, die die Ausgaben von zukünftigen Einnahmen sowie den Zeitdruck bei der Umsetzung kritisierten.
Aus den organisierten Fanszenen kam in den letzten Wochen eine klare Absage, in fast allen Stadien der Bundesliga und 2. Bundesliga gab es Protestaktionen. Thomas Kessen, Sprecher des Fanbündnisses "Unsere Kurve", sagte dem Sport-Informationsdienst: "Da wurde von einigen offenbar bewusst mit Informationen gehaushaltet, um die eigene Politik durchzubringen. Unter dem Wort 'Solidarität' findet man im Duden sicherlich nicht den aktuellen TV-Verteilungsschlüssel."
Proteste von Mönchengladbachs Fans gegen den möglichen DFL-Investor
Eine Befürchtung von Fans und Klubs, die das geplante Geschäft kritisierten, war eine Einflussnahme des Investors auf Entscheidungen der DFL. Die DFL-Spitze versicherte immer wieder, dass dies vertraglich ausgeschlossen werden soll. Die Sportschau deckte jedoch auf Grundlage interner DFL-Papiere auf, dass dem Investor sehr wohl eine Art Vetorecht bei für ihn "wichtigen Geschäften" zugestanden werden sollte. Die DFL erklärte auf Nachfrage nicht, was für Geschäfte damit gemeint sind. Auch mehrere Drittligisten hatten Unmut über die Pläne der DFL geäußert.
DFL-Plan: Zwei Milliarden Euro, ein Großteil davon für die Klubs
Die DFL hatte die Gründung einer Tochterfirma geplant, um dort unter anderem die TV-Rechte zu bündeln, die einen Großteil der Einnahmen ausmachen.
Der Plan sah im Kern Folgendes vor:
- Ein Investor sollte der Liga zwei Milliarden Euro zahlen.
- Dafür sollten 20 Jahre lang 12,5 Prozent der Erlöse dieser Tochterfirma aus dem Verkauf der Rechte dem Partner überlassen werden.
- Das Ziel: Die Erlöse sollten insgesamt steigen und für alle neben der Milliardenzahlung einen dauerhaften Gewinn bringen.
40 Prozent des Geldes, sollte bei der DFL verbleiben, um die Internationalisierung und die Digitalisierung der Liga voranzutreiben. Wichtigstes Element sollte dabei die Errichtung und Pflege einer Videoplattform werden, um ein jüngeres und internationales Publikum anzusprechen. Gerade bei der Auslandsvermarktung fällt die Bundesliga beispielsweise deutlich hinter der spanischen Liga zurück.
60 Prozent des Geldes sollte auf unterschiedlichen Wegen an die Klubs gehen. Ein großer Teil sollte der DFL zufolge zweckgebunden in infrastrukturelle Maßnahmen bei den Klubs fließen und nicht frei in den Spielerkader oder in einen Schuldenabbau gesteckt werden können. Das sollte bei den einzelnen Klubs vom Zustand ihrer Infrastruktur abhängen - wer keine oder wenig infrastrukturelle Maßnahmen braucht, hätte das übrige Geld frei verwenden können. Die Geldverteilung sollte sich an die übliche Ausschüttung nach dem bekannten TV-Schlüssel richten, bei dem die Spitzenklubs mehr, die Klubs im unteren Bereich weniger Geld bekommen.
Zudem ergaben Recherchen der Sportschau, dass 500 Millionen, also ein Viertel des erhofften Geldes aus dem möglichen Geschäft, dafür verwendet werden sollten, die fehlenden Einnahmen aus den 12,5 Prozent der Rechte auszugleichen, die fortan an den Investor gehen.