Wachstumsmarkt im Fußball Spitzenklubs werben um neue Fans und Geld aus den USA
Borussia Dortmund absolviert derzeit Testspiele in den USA, die halbe Premier League und andere europäische Spitzenklubs sind ebenfalls unterwegs - alle haben dasselbe Ziel: neue Fans, die Geld für Fußball ausgeben wollen.
Für die Mannschaft von Borussia Dortmund brachte die Sommerpause mehr Flugmeilen zusammen als manche Saison in der Champions League. Der BVB begann seine US-Tour am 27. Juli im Südwesten in San Diego. Dort spielte Dortmund ein Testspiel gegen San Diego Loyal und gewann 6:0. Am 31. Juli trat der BVB in Las Vegas an und besiegte dort Manchester United mit 3:2. In der Nacht zu Donnerstag, den 3. August spielten die Schwarz-Gelben im Norden der USA in Chicago 1:1 gegen Chelsea - fast 50.000 Menschen kamen.
Der ganze Aufwand hat einen Grund: Borussia Dortmund hofft auf die Aufmerksamkeit amerikanischer Fans und am Ende dadurch auch auf Einnahmen aus den USA. 2026 findet in den USA, Mexiko und Kanada die WM der Männer statt. Auch deshalb verspricht sich der europäische Profifußball von keiner anderen Region der Welt größere Einnahmemöglichkeiten.
Sommer 2023: Kaum ein Bundesligist auf Vermarktungstour
Die Bundesliga klagt seit Jahren darüber, dass sie in der Auslandsvermarktung zu wenig Geld einnimmt. Derzeit sind es rund 170 Millionen Euro pro Saison für die DFL. "Wenn wir nachhaltig und in einem nennenswerten Umfang unsere Auslandserlöse erhöhen wollen, dann kommen wir nicht darum herum, Präsenz zu zeigen", sagte DFL-Aufsichtsrat Hans-Joachim Watzke 2022 im "Kicker": "Zu Ende gedacht bedeutet das, dass ab nächster Saison eigentlich jeder Bundesligist und zahlreiche Zweitligisten eingeladen sind, einfach raus in die Kernmärkte zu gehen."
Salih Özcan vom BVB gegen Manchester Uniteds Bruno Fernandes in Las Vegas
Neben Asien sind das mittlerweile vor allem die USA. In der WM-Pause 2022 spielten beispielsweise der 1. FC Köln, der VfB Stuttgart und der Hamburger SV in den USA auf, im Sommer 2022 waren Bayern München und der SC Paderborn dort - es sind auch von der DFL mit Geld geförderte Versuche, Begeisterung für deutschen Fußball zu wecken. Watzkes Aufruf verhallte zumindest in diesem Sommer ansonsten vielerorts. Der größte Teil der Bundesliga befindet sich zur Vorbereitung in Österreich, einige Klubs bleiben in Deutschland. Die Bayern sind auf Asien-Tour, während sonst nur der 1. FC Kaiserslautern und der BVB durch die Vereinigten Staaten reisen.
Finanziell weiter bringt so etwas zunächst vorrangig die größeren Klubs. "Was unsere internationale Vermarktungsperspektive angeht, so haben wir eine realistische Einschätzung", sagte Kölns Christian Keller im Express nach der Reise des FC. "Es ging vor allem darum, zu lernen." Woanders gibt es weniger Zurückhaltung, der amerikanische Markt ist im Profisport umkämpft. Die Formel 1 brachte ihr US-Geschäft zuletzt mit Nachdruck nach vorne. Und in anderen europäischen Fußball-Ligen drängeln sich die Klubs um Aufmerksamkeit von Fans aus den USA.
Fans von Manchester United in Las Vegas beim Spiel gegen Dortmund
Zahlreiche Klubs aus England, Italien und Spanien auf Reisen in den USA
Die Premier League ist zu einem großen Teil auf US-Tour. Sie spielte einen offiziellen Wettbewerb aus und nannte ihn "Premier League Summer Series". Der FC Chelsea, der FC Fulham, Brighton & Hove Albion, der FC Brentford, Aston Villa und Newcastle United trugen neun Spiele in fünf Stadien in den USA aus und gaben am Ende Chelsea auch noch einen Pokal für den Gesamtsieg. Weitere englische Spitzenklubs wie Manchester United oder Arsenal bestritten in der Sommerpause mehrere Spiele in den USA.
Auch anderswo in Europa sind die USA das große Ziel für die Vermarktung geworden. Mit Juventus Turin, dem FC Barcelona, der AC Mailand und Real Madrid veranstalten vier Spitzenklubs aus Spanien und Italien die "Soccer Champions Tour" mit acht Spielen in Kalifornien, Texas, Nevada und Florida. Spaniens La Liga reiste mit Atletico Madrid, FC Sevilla, Betis Sevilla und Real Sociedad für eine "La Liga Summer Tour" in den USA und Mexiko. "Wir glauben, dass wir durch diese Spiele tiefere Verbindungen zu unseren Fans in Mexiko und den Vereinigten Staaten fördern können", sagte ein Vertreter der Liga.
All diese Klubs eint die Hoffnung darauf, dass neue Fans sich für die Klubs begeistern und später Geld für TV-Abos ausgeben oder für Werbekunden interessant werden.
Das Rose Bowl Stadium in Kalifornien beim Freundschaftsspiel zwischen AC Mailand und Real Madrid
Kaum ein Klub setzt so sehr auf die USA wie AC Mailand
Obwohl Bayern München, der FC Liverpool und Manchester City auf der Jagd nach neuen Fans und mehr Geld in dieser Sommerpause durch Asien reisen, zeigt sich deutlich, dass für den Profifußball die USA das große Ziel geworden sind. Das zieht ein Klub ganz besonders konsequent durch: AC Mailand.
Milans Besitzer, die Investmentfirma RedBird Capital, kaufte auch eine Beteiligung an den New York Yankees. Deren Präsident sitzt nun auch im Vorstand des italienischen Klubs. Mailand ist in den USA dauerhaft präsent geworden. So werden Fanartikel des Klubs am Yankees-Stadion verkauft und die Spiele des Klubs in einem Kanal der Yankees gezeigt. Milan verpflichtete außerdem den Ex-Dortmunder Christian Pulisic. Der ist sportlich wertvoll - als Nationalspieler der USA aber auch für eine Verbindung genau dorthin wichtig.
Christian Pulisic von der AC Mailand
Milan machte klar, worum es geht. Die Zusammenarbeit solle Milan "auf dem Weg zu Wachstum zu neuen Höhen führen", hieß es in einer Mitteilung. Und der Klub kokettiert längst mit dem Überschreiten einer roten Linie für viele aktive Fanszenen: Ein Pflichtspiel in den USA gilt als ausdrücklicher Wunsch. Geschäftsführer Giorgio Furlani sagte bei CBS: "Wenn es nach mir ginge, würden wir sogar ein offizielles Spiel in den USA austragen."
Auch FIFA und UEFA hoffen auf mehr Geld aus den Vereinigten Staaten
Mit der WM 2026 im Blick wird klar: Der Kampf um das amerikanische Geld ist in vollem Gange. Das finanzielle Potenzial haben aber auch die Verbände erkannt. Der DFB spielt mit der Nationalmannschaft im Oktober in Hartford gegen die USA und in Philadelphia gegen Mexiko. Es sei wichtig "mit Blick auf die kommende Weltmeisterschaft auch vor Ort präsent zu sein, Gespräche zu führen und Kontakte zu knüpfen", sagte DFB-Direktor Rudi Völler.
Die UEFA hofft ebenfalls auf neue Einnahmen. Sie engagierte die Vermarktungsagentur "Relevant" einzig und allein dafür, um die Rechte für die Champions League ab 2024 in den USA zu vertreiben. Einen derartigen Sonderstatus hat sonst keine Region, alle anderen TV-Rechte werden von der Hausagentur "Team" verkauft. Und die FIFA vergab nach der WM der Männer 2026 auch die Klub-WM 2025 in die USA. Es wird die erste Klub-WM mit 32 Teams, auch sie soll die emotionale Bindung in die USA stärken - und dadurch die finanzielle.