Mehr Geld für die Klubs? Die DFL und ein Investor - der nächste Versuch
Die DFL startet einen neuen Versuch, einen Investor zu gewinnen. Der soll die Bundesliga internationaler, digitaler und innovativer machen. Die Verantwortlichen rechnen sich mit einer abgespeckten Version bessere Chancen als beim gescheiterten Prozess im Mai aus.
Die 36 Klubs der Deutschen Fußball Liga (DFL) gaben das Bild einer stark zerstrittenen Gemeinschaft ab, als vor vier Monaten der Investorendeal gestoppt wurde. In einer denkwürdigen Mitgliederversammlung hatte es keine ausreichende Mehrheit für die Zusammenarbeit mit einem externen Geldgeber gegeben.
Am Mittwoch (13.09.2023) kamen viele der Befürworter und Kritiker des Investorendeals in Berlin zusammen, um bei einer Gala den 60. Geburtstag der Bundesliga zu feiern, die 1963 in ihre erste Saison gestartet war. Es ist eine Gelegenheit, um nach dem großen Knall im Mai wieder ins Gespräch zu kommen.
Die DFL startet aktuell den nächsten Versuch, einen Investor an den Geschäften der Liga zu beteiligen. Die neue DFL-Geschäftsführung aus Marc Lenz und Steffen Merkel führt Gespräche mit den 36 Klubs, um die Strategie unter ihrer Führung zu erläutern. Dabei geht es auch um einen neuen Versuch in der Investorenfrage.
Weniger Geld, dafür kleinere Beteiligung des Investors
Dabei soll nach Informationen der Sportschau stärker auf die Begrifflichkeit geachtet und das Wort mit "I" gemieden werden. Wie beim vorherigen Versuch ist von einem "strategischen Partner" und nicht von einem "Investor" die Rede. Der Begriff "Investor" sorgte gerade in organisierten Fanszenen für Ablehnung, was bei einem anderen Begriff nicht unbedingt anders sein muss. Der Investor - oder Partner - soll jedenfalls das Geld bringen, mit dem die Bundesliga den Weg in die digitale mediale Zukunft gestalten will.
Fans protestierten im Mai gegen den Deal.
"Wahrscheinlich sollten wir ein kleineres Paket schnüren und uns auf die Themen Internationalisierung und Digitalisierung fokussieren", sagte DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke von Borussia Dortmund Ende August in der FAZ. Nach Informationen der Sportschau ist das nun der Fall. Eine Größenordnung von etwas mehr als 700 Millionen Euro soll angepeilt werden. Laut "Sport Bild" soll der Investor dafür mit rund sieben Prozent an den Erlösen der audiovisuellen Medienrechte beteiligt werden. Bei dem geplatzten Deal im Mai unter der alten DFL-Führung lagen diese Kennzahlen bei zwei Milliarden Euro und 12,5 Prozent.
Dabei geht es damals wie heute nicht um einen Anteilsverkauf, sondern um eine Beteiligung - die nach Ablauf einer vereinbarten Zeit an die DFL zurückfallen würde.
Kritik an Transparenz, Geldverteilung und möglicher Einflussnahme
Kritik kam im Vorfeld der Abstimmung im Mai von einigen Klubs zu einer fehlenden Transparanz des Prozesses und an einer Einflussnahme des Investors mit einem Vetorecht, über das die Sportschau berichtete. Einige Klubs monierten zudem die geplante Geldverteilung, die ähnlich dem TV-Schlüssel die großen Klubs bevorteilt hätte. Die Schere gehe so ein weiteres Stück auf, lautete die Befürchtung.
Diesen Bedenken kann die DFL nun entgegentreten, indem sie das Geld weitgehend in eine zentral organisierte Digitalisierung der Liga steckt. Allerdings wird auch bei einer Abgabe von nur sieben Prozent der Einkünfte ein Teil der Erlöse aus einem Investorengeschäft dafür genutzt werden müssen, die dann fehlenden Einnahmen auszugleichen, die fortan an den Investor gehen würden - wohl nach TV-Schlüssel.
Neben einem besseren Ablauf des ganzen Vorgangs ist vor allem Tempo geboten. 2024 soll die Ausschreibung der audiovisuellen Rechte ab der Saison 2025/26 erfolgen. Ein Investor soll die Aufgabe haben, dabei mehr Geld einzunehmen. Deshalb soll er logischerweise die Ausschreibung zumindest irgendwie mitgestalten können.
Im Mai herrschte Konsens: Bundesliga muss ihr Geschäftsmodell ändern
Im Hintergrund herrscht Zuversicht, dass ein kleineres Paket mit Fokus auf die Digitalisierung auf mehr Zustimmung stößt als der Vorschlag aus dem Mai. Denn auch unter den Kritikern war es weitgehend Konsens, dass die Bundesliga ihr Geschäftsmodell verändern muss. Um jüngere Zielgruppen auch im Ausland zu erschließen, soll eine eigene digitiale Plattform entstehen und unter Mitarbeit der Klubs mit Inhalten versorgt werden.
Im Kampf um Aufmerksamkeit hat die Bundesliga nicht nur Konkurrenz aus der Champions League und der Premier League, sondern auch durch andere Sportarten und Freizeitangebote außerhalb des Profisports.
Die Zukunft? Videos aus Kabine, Mannschaftsbus und Trainingscamp
Die Art, Fußball im Fernsehen und auf Plattformen zu zeigen, könnte sich in den kommenden Jahren deshalb verändern. Spaniens Liga, das bereits einen ähnlichen Investorendeal vollzogen hat, gewährt dem Publikum mittlerweile Einblicke in die Kabine vieler Teams. Die Klubs bekommen dafür bis zu 13 Millionen Euro, Real Madrid beispielsweise verzichtete auf dieses Geld und die Kameras.
Überhaupt ist das Thema nicht konfliktfrei. Der Torhüter von Athletic Bilbao, Unai Simon, erhob Widerspruch. "Ich habe die Umkleidekabine für uns immer als etwas Persönliches, Privates erlebt. Wenn man zu einem Spiel geht, braucht man Rituale, Konzentration und Menschen, mit denen man sich wohlfühlt", sagte er. "Ich mag es nicht, ich fühle mich nicht wohl. Es kommt mir so vor, als sei es unser heiliger Moment und ich habe das Gefühl, dass jemand in ihn eindringt."
Spaniens Ligachef Javier Tebas lobt das Vorgehen des Klubs dagegen öffentlich bei X, vormals Twitter. In der Zukunft könnten bei der Berichterstattung über Fußball Clips aus dem Mannschaftsbus und dem Trainingsgelände weitere Möglichkeiten sein.
Sky und DAZN fordern mehr exklusiven Zugang
"Wenn der Fußball sich entwickeln will und wenn er vor allem bei jungen Zielgruppen punkten will, dann muss er sich mehr öffnen", sagte Sky-Sportchef Charly Classen der Deutschen Presse-Agentur. "Dabei müssen wir breiter denken, als nur Bilder aus der Kabine zu fordern - es geht generell um die Personalisierung des Sports und darum, des Deutschen liebsten Sport nicht nur an den Spieltagen, sondern täglich zu begleiten." Dafür sei ein besserer Zugang insbesondere zu Klubs und Spielern hilfreich.
Dieser Ansicht schloss sich DAZN-Geschäftsführerin Alice Mascia an. Man müsse "mehr wagen im Hinblick auf innovative Ideen und Formate". Sky und DAZN halten die Liverechte an der Bundesliga und der 2. Bundesliga.
ECA: Nationale Ligen müssen über einen anderen Modus nachdenken
Das Hauptproblem können aber weder ein Clip aus dem Mannschaftsbus noch einer aus der Umkleiderkabine lösen. Der Titelkampf in der Bundesliga ist seit zehn Jahren weitgehend langweilig. Serienmeister wie Bayern München sind in Europa aber ein verbreitetes Phänomen geworden, was vor allem eine Folge der hohen Europapokaleinnahmen der Spitzenklubs ist.
Die europäische Klub-Vereinigung ECA, die bei ihrer Generalversammlung eine neue Geldverteilung aus dem Europapokal beschloss, sieht sich dabei nicht in der Verantwortung. ECA-Geschäftsführer Charlie Marshall sagte im Gespräch mit der Sportschau, dass sich ein Produkt immer gut verkaufen lasse, wenn es stark genug sei. Er empfahl Europas Ligen Änderungen.
Der ECA-Geschäftsführer Charlie Marshall
Er verwies auf Frankreich, das den Ligapokal abgeschafft und die Zahl der Teams in der Ligue 1 reduziert hat. "Auch ein Format mit Playoffs oder ein Modus wie in Belgien könnten ein Weg sein. Davon müssen wir mehr sehen." Aber Änderungen seien schwierig, weil gerade der nationale Fußball sehr traditionell und konservativ sei. "Wenn man aber nichts Innovatives ausprobiert, kann man niemand anderem die Schuld geben."