Ski alpin Best of Kitzbühel - das waren die Hahnenkamm-Highlights
Das Hahnenkammrennen in Kitzbühel ist das Highlight im Ski-Weltcup. Auch dieses Jahr haben sich auf und abseits der Streif (Sport-)Dramen, Promiaufläufe und wilde Partynächte abgespielt.
Sturz-Orgie beim Super-G
Die Streif hat dieses Jahr wieder ihre Krallen ausgefahren: Der DSV-Athlet Jacob Schramm stürzte schon im Training und verletzte sich schwer. Im Super-G kam es dann zu einer regelrechten Sturz-Orgie. Vielen der Athleten wurde die Kurve nach dem Seidlalmsprung zum Verhängnis - unter anderem Alexis Pinturault. Der Franzose hatte sich gerade erst von einer schweren Verletzung zurückgekämpft. Seine Frau stand mit Kind im Arm im Zielgelände und musste zusehen, wie Pinturault stürzte und mit dem Helikopter abtransportiert wurde.
Auch sein französischer Kollege Florian Loriot musste mit dem Rettungshubschrauber abtransportiert werden, nachdem er in derselben Linkskurve mit dem Kopf aufschlug. Das Thema Sicherheit stand dieses Jahr besonders stark im Fokus. Nach Cyprien Sarrazins Sturz debattierten Athleten, Betreuer und Funktionäre vor allem über das aggressive Material.
Odermatt jubelt, Haaser überrascht vor Heimpublikum
Am Ende des ersten Renntages stand wenig überraschend Marco Odermatt ganz oben. Der Schweizer Dominator hatte die goldene Gams als eines seiner größten Karriereziele definiert und sich mit einem sauberen, aber beherzten Lauf seinen Traum erfüllt. Zwischenzeitlich musste Odermatt aber um den Sieg bangen. Raphael Haaser, der gerade erst von einer mehrwöchigen Verletzungspause zurückgekommen war, brachte die österreichischen Fans zum Ausrasten. Im Ziel waren es dann mickrige elf Hundertstelsekunden, die den 27-Jährigen vom Heimsieg trennten. Dritter wurde Stefan Rogentin aus der Schweiz.
Zlatan Ibrahimovic auf der großen Ski-Bühne
Was passt besser zu Zlatan Ibrahimovic als Kitzbühel? Superlative, viele Partys, eine große Sportshow. Der ehemalige Fußballer saß Freitag und Samstag auf der VIP-Tribüne und schien begeistert von den Leistungen der Rennfahrer und von der Stimmung: "Eine großartige Atmosphäre", sagte er im Interview mit dem ORF. Auf die Frage eines Reporters, mit wem Ibrahimovic ein Foto machen wolle, antwortete er in Zlatan-Manier: "Das einzige Bild, das ich machen möchte, ist eines mit mir selbst – und das hab ich schon."
Promiauflauf: Schwarzenegger, Müller, Schweinsteiger
Neben Ibrahimovic waren auch Arnold Schwarzenegger, James Blunt, Gerhard Berger, Bernie Ecclestone und Sebastian Vettel live dabei. Schwarzenegger ist Stammgast beim Hahnenkammrennen, er gilt als einer der größten Fans der Veranstaltung und bleibt – im Gegensatz zu vielen anderen VIPs - auch wirklich immer bis zum letzten Athleten. Am Sonntag feuerten Thomas Müller, Bastian Schweinsteiger und Felix Neureuther dann die Slalom-Asse an – und freuten sich mit Lucas Pinheiro Braathen über seinen dritten Platz.
Aufatmen nach Cyprien Sarrazins Videobotschaft
Einen vermissten die Zuschauer wohl ganz besonders: Cyprien Sarrazin. Der Franzose hatte im Vorjahr beide Abfahrten gewonnen und die Zuschauermassen in Ekstase versetzt. Nach seinem Sieglauf sprang er auf die Bande, brüllte und ließ sich von den Zigtausenden Zuschauern hochleben. Es war das Bild der vergangenen Weltcup-Saison.
Nach seinem schweren Sturz in Bormio im Dezember, nach seiner Gehirn-OP, war lange nicht klar, wie es dem 30-Jährigen geht. Am Freitag dann eine Video-Botschaft von Sarrazin: Es gehe ihm besser, betonte er. Er habe noch Probleme mit der Sehkraft, sehe alles doppelt, doch die bisherigen Tests verliefen positiv. "Ich erkenne mein Glück nach diesem Sturz, ich bin gut betreut, fokussiert und geduldig", erklärte er. Die Skiwelt atmete auf.
Die "Crazy Canucks" sind zurück
Die Kanadier James "Jack" Crawfod und Cameron Alexander entzauberten bei der Abfahrt am Samstag die Favoriten. Obwohl das kanadische Skiteam seit Jahren mit Budgetkürzungen zu kämpfen hat und um viel geringere finanzielle Mittel als etwa der Schweizer oder Österreichische Skiverband verfügt, gelang der kanadische Coup.
Crawford hatte noch nie zuvor ein Weltcup-Rennen gewonnen und raste ausgerechnet auf der spektakulären Streif zum Sieg, Alexander wurde Dritter. Zwischen die beiden Kanadier drängte sich nur der Schweizer Alexis Monney. Schon in den 70er- und 80er-Jahren trieben Kanadier ihr Unwesen in der Skiwelt. Sie crashten die damals europäisch-dominierte Skiweltcup-Party und drängten sich mit Top-Platzierungen und einem wilden Fahrstil nach vorne. War die Abfahrt in Kitzbühel die Geburtsstunde für eine neue Generation von "Crazy Canucks"?
Party im Londoner
Sie tanzten und grölten oberkörperfrei, die Haare nass von Bierduschen, sie schütteten sich gegenseitig sämtliche Formen von Hochprozentigem von der Flasche direkt in den Mund. Die Videos, die am Sonntag im Netz kursierten, und die James "Jack" Crawford, Alexis Monney und Cameron Alexander im Kitzbüheler Pub Londonder zeigten, lassen erahnen, was es mit dem Spruch "If the Streif doesn’t kill you, the Londoner will" auf sich hat. Wenn die Streif dich nicht umbringt, wird es das Londoner tun. Alexis Monney jedenfalls – zuvor noch längere blonde Haare – hatte am Ende der Party eine Glatze, über den Zustand von Sieger Crawford und seinem Landsmann Alexander lassen sich nur Vermutungen aufstellen. Die Partys im Londoner nach dem Rennen sind Tradition.
Eisig, eisiger, Ganslernhang
Der Ganslernhang in Kitzbühel ist dafür bekannt, selektiv und anspruchsvoll zu sein. Was das Slalomrennen diese Saison nochmal erschwerte, war das Eis. Die Piste glänzte, schimmerte, sah fast durchsichtig aus. Slalom-Ass Henrik Kristoffersen beschwerte sich danach sogar: "Hier kannst du Eishockey spielen, aber Skifahren ist schwer." Viele Athleten rutschten weg, fanden keinen Grip, die Startnummern 48-54 schieden allesamt aus, nachdem sie am Eis ausrutschten. Der Eis-Tanz gelang am Ende dem Franzosen Clement Noel am besten. Zweiter wurde der Italiener Alex Vinatzer, über Rang drei jubelte Lucas Pinheiro Braathen.
Braathen holt erste Gams für Brasilien
Das erste Riesenslalom-Podium für Brasilien, die erste Slalom-Podestplatzierung für Brasilien - die erste Gams für Brasilien. Lucas Pinheiro Braathen, der seit dieser Saison für das Land seiner Mutter antritt, feiert für Brasilien aktuell einen Premierenerfolg nach dem anderen.
Über den dritten Rang in Kitzbühel freute sich der 24-Jährige besonders. Sein Vater lebt in Kitzbühel, er hat seinen Rücktritt und Austritt aus dem norwegischen Verband im Londoner in Kitzbühel gefeiert. Für den Slalom-Klassiker hatte Pinheiro Braathen sogar einen eigenen Rennanzug designt - ganz in weiß. "Es ist wirklich, wirklich ein Wahnsinn. Kitzbühel ist immer mein Highlight. Ich war so nervös, dieses Rennen bedeutet mir so viel", sagte er.