Ski alpin Albanien hat einen Skistar - Lara Colturi
Albanien auf dem Podest bei einem alpinen Ski-Weltcup? Gibt es nicht? Gibt es doch! Lara Colturi macht es möglich. Am Samstag (23.11.2024) hat sie für das Heimatland ihre Vorfahren Geschichte geschrieben.
Der 99. Weltcup-Sieg von Mikaela Shiffrin in Gurgl hatte noch eine verrückte Nebengeschichte. Neben der wohl besten Skifahrerin der Geschichte stand Nachwuchstalent Lara Colturi auf dem Podium. Was zunächst nicht nach einer großen Story klingt, wird erst durch den Blick auf das Abschlusstableau zu etwas Besonderem.
Denn neben dem italienisch klingenden Nachnamen der erst 18-Jährigen ist eine rote Flagge mit dem Doppeladler abgebildet. Colturi startet für Albanien und hat mit ihrem zweiten Platz im Slalom in den Öztaler Alpen Historisches für den Balkanstaat geleistet.
Talent in die Wiege gelegt
Doch wer ist Colturi und warum steht eine Albanerin plötzlich neben Superstar Shiffrin auf dem Podest? Das Skifahren ist der 2006 geborenen Skirennläuferin in die Wiege gelegt. Ihre Mutter ist die Italienerin Daniela Ceccarelli, die vier Jahre vor der Geburt ihrer Tochter bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City zur Überraschung vieler Experten die Goldmedaille im Super-G gewann.
Da Laras Vater als Ski-Trainer ebenfalls auf den alpinen Pisten zu Hause ist, scheint der Weg des Nachwuchs vorprogrammiert.
Das Ziel: Möglichst schnell in den Weltcup
Entsprechend schnell wird sie von ihren Eltern auf die Bretter gestellt und zeigt dabei früh ihr Talent. Sie wächst im Susatal nahe der norditalienischen Großstadt Turin auf und wird stetig besser. Mit 15 Jahren gewinnt sie schließlich den in Italien ausgetragenen FIS Children Cup - eine Art inoffizielle Weltmeisterschaft für Kinder.
Doch die Konkurrenz in der Skination ist groß und ebenso der Druck. Die Familie fällt also im Mai 2022 die Entscheidung, dass Lara für Albanien startet. Das geht, weil ihre Mutter albanische Wurzeln hat. Zudem kann der italienische Verband kein Veto einlegen, da ein Wechsel bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres ohne Einverständnis des Verbandes erfolgen kann.
Als Privatteam am Start
Bei ihren ersten vier FIS-Rennen nach dem Nationenwechsel siegt sie in Chile zweimal im Riesenslalom und zweimal im Slalom - Siegquote: 100 Prozent. In einer Art Privatteam geht sie mit der Unterstützung ihrer Mutter und ihres Vaters nun im Weltcup an den Start. Bei ihrer Premiere im finnischen Levi spielen ihr noch die Nerven einen Streich. Am ersten Tag verpasst sie die Qualifikation fürs Finale, an Tag zwei scheidet sie im ersten Durchgang aus. Doch schon eine Woche später in Killington holt sie im Riesenslalom als 17. ihre ersten Weltcup-Punkte.
Lara Colturi mit ihren Medaillen von der Junioren-WM 2023.
Über die Junioren-WM auf das Weltcup-Podest
Und der Aufstieg von Colturi geht weiter. Bei der Junioren-WM im österreichischen St. Anton wenige Monate später gewinnt sie Gold im Super-G und Bronze im Riesenslalom. In der Abfahrt verpasst sie eine weitere Medaille nur um fünf Hundertstelsekunden. Schon das war geschichtsträchtig, hatte Albanien doch bisher nie bei einem alpinen Skisport-Großevent eine Medaille gewinnen können. Die familiäre Atmosphäre im Training bringt sie immer weiter nach vorne. In der Vorsaison erreicht sie ihren nächsten Meilenstein und knackt im Januar dieses Jahres im Slalom von Flachau erstmals die Top 10.
Österreich scheint der gebürtigen Italienerin, die nun für Albanien startet, also zu liegen. Daher verwundert es fast nicht, dass das nächste Kapitel ihrer einzigartigen Erfolgsgeschichte nun wieder in der Alpenrepublik geschrieben wird. Nach Rang vier im ersten Durchgang in Gurgl findet Colturi auf dem steilen Hang am Kirchekar im Finale die zweitschnellste Linie und schiebt sich so noch an ihren erfahrenen Konkurrentinnen Wendy Holdener sowie Katharina Liensberger vorbei. Und schreibt dabei ganz nebenbei einmal mehr albanische Skigeschichte.