Biathlon-WM in Nove Mesto Fehlender Schnee - Quo vadis Biathlon?
Die Temperaturen sind seit Wochen zu hoch. Die WM in Nove Mesto kann gerade so stattfinden. Doch die Aussichten für die Schneesicherheit in Zukunft sind düster.
Eine dünne weiße Schneeschicht sorgte am Donnerstag (08.02.2024) zumindest kurzzeitig für ein bisschen winterliches Flair, doch die Austragung der Biathlon-WM in Nove Mesto ist ein Kraftakt. Temperaturen teilweise deutlich über dem Gefrierpunkt, Dauerregen und Sturm erschwerten die Vorbereitung und warfen schon am ersten Wettkampftag einmal mehr die Frage auf: Wie lange ist professioneller Wintersport in Mitteleuropa fern alpiner Regionen überhaupt noch möglich, wenn es selbst Anfang Februar keine verlässliche Kälte und Schnee mehr gibt?
Biathlon-Experte Lesser: Januar eine absolute Katastrophe
"Ich mache mir natürlich Sorgen um die Zukunft unserer Sportart", sagte Julia Simon. Die Französin hatte gerade ihre Goldmedaille für den Sieg mit der Mixed-Staffel überreicht bekommen. Dafür war sie in tiefem Kunstschnee bei unerbittlichem Regen am Mittwoch durch die Loipe in den tschechischen Wäldern gestapft. Auch ARD-Experte Erik Lesser hat die Problematik erkannt. Das Wetter oder eher die Wärme machen den Biathleten zu schaffen. "Der komplette Januar war eine absolute Katastrophe. Ruhpolding war schlecht, Oberhof nur ein weißes Band und jetzt in Nove Mesto haben sie Glück, dass sie ein Riesen-Schneedepot haben", stellt er ehemalige Biathlet in Sportschau-Podcast ernüchtert fest. "Es ist in Mitteleuropa kein Winter, null Komma null."
Ausweichen nach Übersee?
Auch Simon erlebt einen derart schlechten Winter nicht zum ersten Mal. "Es ist nicht leicht, das zu sehen und es passiert auch immer öfter und schneller", sagte die 27-Jährige zu den Veränderungen durch den voranschreitenden Klimawandel. Weltcups standen zuletzt mehrfach auf der Kippe, Strecken auch in Deutschland oder Frankreich wurden mit großem Aufwand hergerichtet. Schon 2016 kam es wetterbedingt zu einer kompletten Absage in Oberhof. Kein Schnee per Lastwagen mehr "Wir müssen über die Zukunft nachdenken, wie wir da noch Biathlon betreiben können", sagte Gesamtweltcupsiegerin Simon. Lesser sieht als Lösung einen Standortwechsel, man müssen schauen, "wo jetzt kalte Temperaturen sind". Als mögliche Regionen nennt er Skandinavien oder Übersee.
Die nächsten Jahre werden herausfordernd, denn die Klimakrise sorgt an vielen Orten absehbar dafür, dass es weniger Schnee und immer kürzere Kältephasen gibt. So wurde in Frankreich Ende 2022 notgedrungen Schnee per Lastwagen angeliefert, um das Event zu retten. Solche Szenarien sollen künftig unbedingt verhindert werden. Was also tun? Beim Weltverband wird ein Biathlon-Kalender der Zukunft diskutiert. Bis zur Saison 2025/2026 steht das Programm fest, erst in der Periode bis 2030 wird es wohl erste Anpassungen geben. Eine Revolution sei aber selbst dann weiterhin nicht zu erwarten, ist zu hören. Denn die Interessen aller Ausrichter zu berücksichtigen, ist mühsam. Es geht unter anderem um Hotel-Kapazitäten, aber eben auch um viele Eitelkeiten.
Verschieben des Weltcup-Kalenders?
Ob die Länge der Saison verändert wird, neue Regionen erschlossen werden müssen oder Ausrichter ihren Weltcup-Status verlieren werden, ist offen. Auch in Deutschland gibt es Überlegungen. Der Deutsche Skiverband (DSV) stößt eine Debatte über den zukünftigen Kalender an und wünscht sich einen Termin für die Rennen in Oberhof später im Januar und nicht direkt nach Silvester. "Wichtig ist, dass wir am Schluss eine Lösung finden, die sicherstellt, dass am jeweiligen Ort die bestmöglichen Bedingungen sind", sagte Stefan Schwarzbach, Vorstand Kommunikation beim DSV.
Dass Deutschland auch ab dem Winter 2026/2027 beide Weltcups in Thüringen und dem bayerischen Ruhpolding behalten will, steht außer Frage. "Die Gebiete, in denen es Schneesicherheit gibt, werden weniger", hatte Klimaforscher Werner Aeschbach vom Institut für Umweltphysik in Heidelberg schon im Vorjahr gesagt: "In 2.000 Metern wird es aber immer noch viel Schnee geben. Unter 1.000 Meter gibt es diese Sicherheit aber eben mittelfristig nicht mehr."
ARD-Experte Arnd Peiffer glaubt, die Veranstalter müssten in Zukunft noch flexibler werden. "Dann muss man irgendwann sagen, 'ok, wir haben jetzt eine Kälteperiode in Skandinavien, da machen wir drei Weltcups'", so der Ex-Biathlet im Sportschau-Podcast am Rande der WM. Peiffer sieht "große Herausforderungen" für den Weltverband und die einzelnen Veranstalter.
Zukunft Skiroller? - Peiffer ist skeptisch
Lösen Skiroller die richtigen Ski ab? Zu sehen ist das auch in Nove Mesto, das auf knapp 600 Metern über dem Meeresspiegel liegt. Nur dank eines großen Schneedepots, das vielerorts Standard ist, ist die Durchführung der Weltmeisterschaft trotz deutlicher Plusgrade möglich. 20.000 Kubikmeter Kunstschnee wurden auf die Loipen aufgetragen, weitere 50.000 Kubikmeter stehen für die noch elf verbleibenden Rennen bis zum 18. Februar zur Verfügung.
Am Wochenende soll es nicht viel kälter als fünf Grad werden, weiterer Regen ist vorhergesagt. "Das größtmögliche Lob gilt den Organisatoren, dass sie unter diesen Bedingungen Wettkämpfe auf WM-Niveau veranstalten", sagte IBU-Mediendirektor Christian Winkler. Bei der kommenden WM 2025 in Lenzerheide/Schweiz und bei den Olympischen Winterspielen ein Jahr später in Antholz/Italien geht es deutlich über 1.200 Meter ins Hochgebirge, das Schneesicherheit verspricht. Nach der ersten Weltmeisterschaft 2027 in Estland ist noch nicht klar, wer die nächsten Titelkämpfe ausrichtet.
Zur Realität gehört aufgrund des Schneemangels längst das Training auf Skirollern. In warmen Monaten gibt es schon Weltmeisterschaften im Sommer-Biathlon auf dem kompakten Ski-Ersatz. Dass dieser irgendwann die gewachsten Bretter auch im Winter ablöst, scheint derzeit noch weit weg. Ex-Profi Peiffer befürchtet, dass die Attraktivität des Sports darunter leiden könnte und damit auch der Nachwuchs: "Das Coole am Langlaufen ist natürlich, es ist die schnellste Fortbewegungsmöglichkeit auf Schnee. Und das ist natürlich bei Skirollern nicht der Fall. Da kann ich auch ein Fahrrad nehmen." Immerhin hätten die Skijägerinnen und Skijäger dann aber eine - sicher gewöhnungsbedürftige - Zukunft ohne Schnee, die es beispielsweise im alpinen Skirennsport oder anderen Disziplinen so nicht gibt.
Datum | Entscheidung |
---|---|
Mi., 7. Februar (17:20 Uhr) | Mixed-Staffel (4x6 km) |
Fr., 9. Februar (17:20 Uhr) | Sprint der Frauen (7,5 km) |
Sa., 10. Februar (17:05 Uhr) | Sprint der Männer (10 km) |
So., 11. Februar (14:30 Uhr) | Verfolgung der Frauen (10 km) |
So., 11. Februar (17:05 Uhr) | Verfolgung der Männer (12,5 km) |
Di., 13. Februar (17:10 Uhr) | Einzel der Frauen (15 km) |
Mi., 14. Februar (17:20 Uhr) | Einzel der Männer (20 km) |
Do., 15. Februar (18:00 Uhr) | Single-Mixed (4x3 km + 1,5 km) |
Sa., 17. Februar (13:45 Uhr) | Staffel der Frauen (4x6 km) |
Sa., 17. Februar (16:30 Uhr) | Staffel der Männer (4x7,5 km) |
So., 18. Februar (14:15 Uhr) | Massenstart der Frauen (12,5 km) |
So., 18. Februar (16:30 Uhr) | Massenstart der Männer (15 km) |