Skitechniker bei der Biathlon-WM Auf der Jagd nach dem perfekten Schliff
Ohne gute Skier geht bei der Biathlon-WM im Kampf um die Medaillen nichts. Das wechselhafte Wetter stellt dabei die Skitechniker vor eine immense Herausforderung. Gut, dass der deutsche Ski-Verband für die Weltspiele aufgerüstet hat.
Dass ein Biathlon-Rennen mit dem Startschuss beginnt, ist ein Trugschluss. Während sich die Athletinnen und Athleten im Vorfeld körperlich und mental auf Wettkampf-Temperatur bringen, begeben sich die Skitechniker täglich auf die Jagd - auf die, nach dem optimalen Ski. "Das ist der Kitzel für uns", sagt Enrico Heisig und grinst: "Unsere Motivation ist es, zu versuchen, den Athleten das beste Material weltweit an die Füße zu bringen."
"Die Material-Entwicklung ist rasant"
Enrico Heisig, Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung beim deutschen Ski-Verband, steht in einem großen grauen Truck auf dem Parkplatz vor der Arena von Nove Mesto. Es ist laut. Heisigs Kollege Christian Beetz schiebt einen Ski nach dem anderen in die massiv anmutende Schleifmaschine. "Im Prinzip fährt ein Abrichter an den Schleifstein und zieht die Struktur drauf, damit ich das Negativ der Struktur auf dem Stein habe", erklärt Beetz, der Schleifer beim deutschen Ski-Verband, die komplizierte Technik: "Im Anschluss wird der Ski mit Hilfe eines Rades dann durchgeschoben." Der Schleifstein überträgt die Struktur auf den Ski. Dass die mobile Schleifmaschine und drei zusätzliche Skitechniker in Nove Mesto mit dabei sind, ist keine Selbstverständlichkeit. Statt zu sechst ist die Technik-Crew in Tschechien zu neunt.
"Die Material-Entwicklung ist sehr rasant und man muss immer am Ball bleiben", erzählt Enrico Heisig: "Um schnell reagieren zu können, müssen wir eine Schleifmaschine dabei haben - vor allem bei den schwierigen Bedingungen hier." Stellt sich also die Frage: Warum nicht immer so? Die Antwort ist simpel: Der Aufwand sei bei der Kürze der Weltcup-Wochenenden unverhältnismäßig und die Kosten zu hoch.
Enrico Heising
100 Paar Ski werden täglich präpariert
Um die Wichtigkeit eines guten Schliffs zu verdeutlichen, bemüht Heisig gerne einen Vergleich aus dem Motorsport: "Ein Schliff ist eine Struktur auf den Belag eines Skis gebracht - das ist wie bei den Autoreifen in der Formel 1. Da gibt es bei trockenen Bedingungen einen glatten Reifen, um eine gute Haftung zu haben - bei Regen zum Beispiel aber gibt es den starken Profil-Reifen. So ist das bei uns auch." Während der 53-Jährige das erzählt, prasselt der Regen auf das Dach des Trucks: "Ich sage es mal so: Wenn man keinen richtig guten Ski hat, dann ist das bei der Dichte in der Weltspitze schwer, vorne reinzulaufen."
Nur ein paar Meter weiter steht der "normale" Wachstruck des deutschen Teams. "Normal", weil er bei jedem Weltcup dabei ist. Cheftechniker Sebastian Hopf hat - wie immer - ordentlich zu tun. Im Schnitt präpariert sein sechsköpfiges Team täglich 100 Paar Ski. Dazu kommen pro Kopf durchschnittlich 35 Test-Kilometer - auch das pro Tag. Über die Unterstützung des Entwicklungsteams samt Schleifmaschine freut sich Hopf sehr: "Dabei geht es auch um Entwicklungsprojekte, die seit Jahren laufen. Und hier haben wir die Möglichkeit, die Weiterentwicklungen im Wettkampf mit unserem Status Quo zu vergleichen. Und klar, wenn das Neue besser ist, dann können wir es auch direkt einsetzen."
Konkurrenzkampf auf und neben der Strecke
Welche Weiterentwicklungen das genau sind - darüber wird größtenteils geschwiegen. Der Konkurrenzkampf zwischen den Technik-Abteilungen der Top-Nationen ist riesig. "Die Dinge die bei uns passieren, bleiben nur bei uns. Wir werden auch nicht erfahren, was bei den Norwegern, Franzosen oder Schweden passiert. Das bleibt das jeweilige Geheimnis. Sonst würde das ja aber keinen Spaß machen", sagt Enrico Heisig und lacht. Tage mit deutlich mehr als zehn Stunden Arbeit sind für die Ski-Techniker des DSV Standard.
Die Momente, in denen es mal etwas ruhiger in den Trucks zugeht, sind ironischerweise diejenigen während der Rennen. Wenn die 30.000 Fans an der Strecke und auf den Tribünen die Arena in einen Hexenkessel verwandeln, ist die Arbeit der Techniker bereits getan. Auf kleinen Fernsehern beobachten die Service-Männer das Geschehen im Trockenen. Der WM-Auftakt verlief für Enrico Heisig, Christian Beetz, Sebastian Hopf und das restliche Team zufriedenstellend. Bei der Mixed Staffel und dem fünften Platz für Deutschland haderte nur Vanessa Voigt mit ihrem Material. Insgesamt machten die Skier aber einen guten Eindruck. Trotzdem gilt: Egal wie gut die Ergebnisse auch sein mögen, die Jagd nach dem perfekten Schliff wird weitergehen. Ob es den letztendlich überhaupt gibt, spielt dabei eigentlich gar keine so große Rolle.
Christian Beetz