Hans Rosenthal als Moderator seiner Sendung "Dalli Dalli". Quelle: imago images/United Archives

Stadionsprecher von Tennis Borussia Stadionsprecher von Tennis Borussia: "Hans Rosenthal ist bei unseren größten Glücksmomenten als Fußball-Fans immer dabei"

Stand: 01.04.2025 15:32 Uhr

Am Mittwoch wäre Hans Rosenthal 100 Jahre alt geworden. Die meisten Deutschen kennen ihn als Unterhalter und Fernsehmacher. Doch auch für den Fußballverein Tennis Borussia hat er eine besondere Bedeutung, wie der Stadionsprecher des Klubs erzählt.

rbb: Herr Bangel, Sie gehen seit den 1970er Jahren zu Tennis Borussia. Hans Rosenthal war bis 1973 Präsident des Klubs. Haben Sie noch direkte Erinnerungen an seine Präsidentschaft?
 
Carsten Bangel: Nein. Mein Wissen über ihn als Tebe-Präsident habe ich aus zweiter Hand. Er ist aber sehr präsent im kollektiven Gedächtnis des Klubs, das schreibt sich über die Generationen fort. Meine persönlichen Erinnerungen an Hans Rosenthal sind natürlich "Dalli Dalli" und seine Radiosendungen - wie wahrscheinlich bei vielen Deutschen.

Hans Rosenthal Arm in Arm mit Pelé und Wolfgang Gruner auf dem Fußballplatz (Quelle: privat)
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Schon bevor Rosenthal Präsident des Klubs wurde, soll er viele Jahre Fan des Klubs gewesen sein. Woher kam seine Liebe zu Tebe?
 
Die Entscheidung für einen Fußballverein ist ja selten rational. Das wird einem entweder in die Wiege oder aber später in die Vita gelegt. Ich vermute, dass es bei ihm auch so war. Ich weiß, dass er sich als Fünfjähriger auch gefreut hat, als Hertha BSC Deutscher Meister wurde. Im Anschluss ist er aber wohl recht schnell Lila-Weißer geworden.
 
Ich habe einen sehr engen Kontakt zu Walter Frankenstein. Die beiden waren gemeinsam im Auerbach'schen Waisenhaus in der Schönhauser Allee. Dort haben sie - wie Frankenstein erzählt - gemeinsam vor dem Empfänger gesessen, weil sie aufgrund ihres jüdischen Glaubens nicht mehr ins Stadion gehen durften - und haben sich regelmäßig in die Haare bekommen. Frankenstein ist Herthaner und Rosenthal war eben Tebe-Fan. Da waren sie sich schon mal für 90 Minuten spinnefeind, den Rest der Woche aber wieder dicke Freunde. Wenn sie Fußball gespielt haben, war Walter Hertha und Hänschen Tennis Borussia.

Und wie passierte es, dass er 1965 Präsident des Klubs wurde?
 
Er kam später regelmäßig ins Mommsenstadion - zum Beispiel mit Bubi Scholz, einem Freund von ihm. Er ist dann relativ schnell in diese Funktionärsrolle reingerutscht. Er hat das nicht angestrebt und keine Ambitionen gehabt. Er hat sich aber profiliert und wurde dann ein bisschen dazu gedrängt, Verantwortung zu übernehmen. Rosenthals Sohn Gerd glaubt, dass auch die jüdisch geprägte Geschichte von Tebe für Hans eine Rolle gespielt hat.

Hans Rosenthal 1972 (Quelle: Picture Alliance)
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Rosenthal war ein emsiger Unterhalter und Fernsehmacher. Aber auch in sein ehrenamtliches Präsidentenamt bei Tebe soll er viel Energie und Leidenschaft gesteckt haben.
 
Ja, man fragt sich wirklich, wie er dieses Pensum neben seinen vielen beruflichen Tätigkeiten schaffen konnte. Er war in dieser Phase sehr wichtig für den Verein. Wie so oft war Tebe auch damals finanziell nicht auf Rosen gebettet. Es gab etliche Außenstände bei Krankenkassen, Rentenversicherungen und Gläubigern. Die hat er dann erstmal alle abgeklappert und dafür gesorgt, dass diese Außenstände dem Verein gestundet wurden.
 
Sein preußisches Naturell und seine Sparsamkeit waren sehr wertvoll. Aufgrund seiner Berühmtheit war er darüber hinaus sehr vertrauenswürdig. Er war so bekannt wie der Bundeskanzler oder Fritz Walter.
 
Außerdem bekommt man immer wieder eine gewisse Väterlichkeit Rosenthals geschildert. Er hatte offenbar für alle Spieler ein offenes Ohr und jeder konnte mit seinen Sorgen zu ihm kommen. Er hat durch sein Wirken sicherlich den Grundstein für die späteren Aufstiege gelegt.

Seine Zeit als Klubpräsident verlief aber nicht nur rosig. Rosenthal wurde damals von vermeintlichen Mitstreitern über den Tisch gezogen.
 
Das war sicherlich eine Enttäuschung für ihn. Damals ging es um eine Summe von 100.000 Euro, für die eine Gruppe jeweils mit bestimmten Beträgen bürgen wollte. Es stellte sich dann aber heraus, dass die anderen ihre Zusagen nicht einhielten. Die Bank kam schließlich zu Rosenthal und sagte, es gebe ein Problem. Um in die Bresche zu springen, hat er dann eine Hypothek auf sein Bungalow in Lichterfelde aufgenommen. Er war bereit, für den Verein ins Risiko zu gehen. Auch nach seiner Zeit als Präsident hat er den Klub noch finanziell unterstützt.

Pelé in der Kabine neben seinen Mannschaftskameraden für die Hans-Rosenthal-Elf (Quelle: privat)

Hans Rosenthal der Fußballfan: Bei einem Benefizspiel neben Weltstar Pelé und Uwe Seeler.

Am Mittwoch wäre Hans Rosenthal 100 Jahre alt geworden. Wie steht es um sein Erbe bei Tennis Borussia?
 
Das drückt sich am prägnantesten in unserem Tor-Ritual aus. Seit 25 Jahren hüpft Hänschen Rosenthal bei jedem Tor auf der Anzeigetafel in die Höhe und ich rufe etwas abgewandelt, was er damals immer bei "Dalli Dalli" gerufen hat: "Wir sind der Meinung ...", und das Stadion antwortet: "Das war Spitze!" Seit einem Vierteljahrhundert ist Hans Rosenthal also bei unsere größten Glücksmomenten als Fußballfans immer dabei. Eine vierstellige Zahl an Toren haben wir gemeinsam mit ihm gefeiert und dadurch ist er immer präsent.

Tebe will Rosenthal aber nicht nur auf "Dalli Dalli" reduzieren.
 
Für uns ist sein Vermächtnis viel größer. Wir setzen uns mit Antisemitismus und seiner ganzen Biografie auseinander, die leider manchmal etwas unter den Tisch fällt, wenn er nur als Entertainer betrachtet wird. Das ZDF hat anlässlich des 100. Geburtstags einen grandiosen Film produziert [zdf.de], den wir bei uns mit anschließender Podiumsdiskussion zeigen möchten.
 
Wir wollen auch eine Fahrradtour machen, auf der wir seine Wirkungsstätten in Berlin abklappern werden - das Waisenhaus, die Winsstraße, wo er geboren wurde, den Rias oder das Haus des Rundfunks. Unmittelbar haben wir für den nächsten Spieltag auch eine Geburtstagsparty geplant, wo ich die Musik spielen werde und die Fans bestimmt auch eine Choreografie zeigen werden.

Vielen Dank für das Gespräch.
 
Das Interview führte Jonas Bürgener.