
Interview | Ex-Füchse-Handballer Paul Drux Ex-Füchse-Handballer Paul Drux: "Die Meisterschaft wäre das schlimmste Schönste"
Paul Drux, langjähriger Topspieler der Füchse Berlin, musste in dieser Saison seine Karriere verletzungsbedingt beenden. Nun spricht er über die Belastungen im Handball, seine Pläne für die Zukunft bei den Berlinern - und die mögliche Meisterschaft ohne ihn.
rbb24: Paul Drux, Sie mussten vor einem halben Jahr Ihre Handballkarriere beenden. Wie geht es Ihnen heute?
Paul Drux: Ganz gut. Meinem Knie geht es kontinuierlich besser. Im Alltag funktioniert es jedenfalls halbwegs. Zum Handball spielen reicht es leider nicht mehr.
Können Sie sich noch an den Moment erinnern, als Sie von den Ärzten die Nachricht bekommen haben, Sie sollten keinen professionellen Handball mehr spielen?
Ja, tatsächlich. Ich war im Auto, Höhe Gendarmenmarkt, also wirklich nah an der Geschäftsstelle. Ich sprach mit unseren Docs und hatte vorher den Bericht schon gelesen. Mir war fast klar, welche Konsequenz daraus zu ziehen ist. Danach gab es ein paar Telefonate, mit der Familie, mit dem Verein. Ich habe mich nach Hause begeben und habe das erst mal sacken lassen. Es hat ein paar Tage gedauert, bis es wirklich angekommen ist.

Sie haben schon mit 17 Jahren Ihr erstes Profispiel gemacht und haben auch sehr früh im Verein gespielt, dazu Ihr Einsatz für die Nationalmannschaft. Würden Sie im Nachhinein sagen, die Belastung war einfach zu groß für eine längere Karriere?
Eine kurze Karriere war es ja auch nicht. Ich glaube, wenn ein Spieler mit 23 Jahren in die Liga kommt und dann bis 36 Jahren spielt, dann geht jeder von einer normalen Karriere aus. Bei mir hat das ganze einfach früher angefangen. Ich hatte das Glück, auch viele Spiele machen zu dürfen. Sicherlich sind die Belastungen ein Grund für den Zustand meines Körpers. Trotzdem bereue ich da nichts und will auch nichts missen.
Aber das Thema Belastung wird im Handball viel diskutiert. In jedem Winter müssen europäische Topspieler entweder eine Welt- oder eine Europameisterschaft spielen, natürlich die Champions League, Bundesliga, vielleicht noch Olympische Spiele. Würden Sie sagen, das ist noch gesund? Muss das sein?
Schwierig. Ich glaube, gesund ist das auf gar keinen Fall. Das muss man schon sagen. Das ist aber der professionelle Leistungssport in der Regel nie, weil es bedeutet, an Grenzen zu gehen und teilweise auch darüber hinaus. Und gerade in Kontaktsportarten passieren natürlich auch viele Unfälle. Das ist das Risiko, das man eingeht.
Und auf den Handball bezogen?
Es ist schwer, da eine Stellschraube zu finden, wo man effektiv dran drehen kann. Die Bundesliga ist auf der einen Seite die stärkste Liga der Welt, sie ist aber auch die härteste Liga der Welt, was die Belastung angeht. Nichtsdestotrotz glaube ich, will auch kein Spieler darauf verzichten, eine Welt- oder Europameisterschaft zu spielen. Von daher ist es wirklich schwer, da auch eine Lösung zu finden mit allen Beteiligten.
Sie sind schon mit 16 Jahren aus Gummersbach ins Füchse-Internat gekommen, haben seitdem nie für einen anderen Verein gespielt. Warum hat das zwischen Berlin und Ihnen so gut gepasst?
Tatsächlich habe ich mich innerlich zu Beginn gewehrt, hier überhaupt hinzukommen. Ich komme wirklich vom Dorf und Berlin ist alles andere als ein Dorf. Das war am Anfang persönlich schwierig, gerade die ersten ein, zwei Jahre. Ich habe dann aber hier auch meine Frau gefunden, meine zwei Töchter sind in Berlin zur Welt gekommen. Das hat dann noch mal viel verändert. Bei den Füchsen habe ich mich immer gut aufgehoben gefühlt, hatte auch das Gefühl, dass ich ein Stück weit diesen Klub mitprägen konnte und auch weiterentwickeln konnte. Das hat mir extrem viel Spaß gemacht. Wir haben immer um Titel mitspielen dürfen. Von daher hat für mich das Gesamtpaket einfach gepasst.
Der Geschäftsführer der Füchse, Bob Hanning, hat mal über Sie gesagt, dass Sie wie ein eigenes Kind für ihn seien. Wie würden Sie die Beziehung zwischen Ihnen beiden beschreiben?
In den drei Jahren unter Bob als Jugendtrainer war ich in einem Alter, wo ich mich ausprobiert habe, wo ich auch noch viel lernen musste. Es gab sicherlich auch mal Momente, wo man mal ein bisschen Gegenwehr gezeigt hat, wo es auch die eine oder andere Meinungsverschiedenheit gab. Und ich glaube, unter Freuden ist es ja auch richtig, dass man dann vielleicht in der Sache eine unterschiedliche Meinung hat, aber im Grundsatz das Gleiche denkt und fühlt. Von daher passt das, glaube ich, ganz gut zwischen uns.
Sie sind bei den Heimspielen der Füchse weiterhin dabei, sitzen immer nahe hinter der Auswechselbank. Wie ist das für Sie jetzt ja nah dran, aber eben doch nicht mehr mittendrin auf dem Spielfeld zu sein?
Schwierig, weil es genau sich so anfühlt: nah dran, aber doch weit weg. Man könnte auch sagen, man ist so ein bisschen das fünfte Rad am Wagen. Es ist schön, den Kontakt zu haben, vielleicht auch noch mal so ein kleines Feedback zu geben, gerade für die jungen Spieler. Nichtsdestotrotz für mich persönlich ist es schwer, bei so einem Spiel wie gegen Kielce am Seitenrand zu sitzen und das ansehen zu müssen.

Was verbinden Sie als Gummersbacher mittlerweile mit Berlin?
Berlin ist auf jeden Fall mein Zuhause geworden. Ich habe hier meine Familie gegründet. Ich glaube, es ist gar nicht so wichtig, wo man wohnt, sondern wo man sich wohlfühlt - und das tun wir als Familie hier definitiv. Gerade das Sportforum: Ich bin mit 16 dort hingekommen, habe drei Jahre dort im Internat gewohnt.
Wie könnte das Kapitel für Sie bei den Füchsen weitergehen?
Ich hatte einen Prozess, den ich durchlaufen musste, wo ich erst mal das Gefühl hatte, Sport und Handball, das muss erst mal weg aus dem Kopf, weil es auch ein bisschen wehgetan hat. Aber ich glaube, dass ich hier auch Fähigkeiten bekommen habe, die ich im Verein einbringen kann und auch gerne möchte. Und ich glaube, jetzt gilt es, einen cleveren Weg zu finden, da einen guten Einstieg zu finden.
Bob Hanning ist etwas forscher als Sie in der Außendarstellung und sagte, dass er sich Sie als Nachfolger in der Rolle als Geschäftsführer wünscht.
Das ehrt mich, weil ich weiß, wie wichtig Bob dieser Verein ist, was er hier für Arbeit und Herzblut reingesteckt hat. Von daher ist es, glaube ich, nicht selbstverständlich, dass er einem das zutraut. Es ist eine große Verantwortung. Das bringt eine gewisse Ehrfurcht mit sich. Aber ich habe tatsächlich Lust, auch Sachen anzugehen und glaube, ich könnte dem Verein auch wirklich viele gute Dinge bringen.
Den Füchsen winkt in dieser Saison die erste Meisterschaft. Was würde das in Ihnen auslösen, dieser erste Meistertitel, aber ohne dass Sie jetzt in weiten Teilen der Saison überhaupt noch mithelfen konnten?
Ich glaube, das wäre das schlimmste Schönste, was passieren könnte, wenn man das überhaupt so ausdrücken kann. Natürlich wäre das für unseren Verein wahnsinnig wichtig. Für die Mannschaft wäre das der verdiente Lohn für die ganze Arbeit. Für mich persönlich wäre es natürlich zweigeteilt. Ich würde mich riesig freuen, aber ich wäre sicherlich auch ein bisschen geknickt, weil man ja einfach wenig dazu beitragen konnte.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Tabea Kunze.
Sendung: rbb24 Inforadio, Vis-à-Vis, 24.04.2025