
1:1 beim VfL Bochum Nach dem 1:1 in Bochum: Union auf der Suche nach mehr Fußball
Nach dem gesicherten Klassenverbleib geht es bei Union schon um die nächste Saison. Torjäger Benedict Hollerbach war nach dem Unentschieden in Bochum unzufrieden mit dem Ballbesitzspiel. Von Till Oppermann
"Den Umständen entsprechend gut", sind die schönsten Worte, die Union-Trainer Steffen Baumgart nach dem Spiel in Bochum hätte aussprechen können. Nachdem Verteidiger Diogo Leite einen Ball mit voller Wucht auf den Kehlkopf bekommen hatte und ins Krankenhaus gebracht werden musste, waren die Sorgen der Köpenicker groß. Zum Glück konnte sein Trainer Entwarnung geben. Ob Leite mit der Mannschaft nach Berlin reisen könne, sei zwar noch nicht klar, sagte Baumgart. Aber: "Wir sind froh, dass da nichts Dramatisches ist."

Hollerbach zeigt sich unzufrieden
Dass das Spiel gegen den Tabellenletzten ebenfalls nicht dramatisch war, verdankt Union vor allem dem bereits gesicherten Verbleib in der Bundesliga. Denn sportlich waren keine nennenswerten Unterschiede zur schlechtesten Mannschaft dieser Bundesliga-Saison zu erkennen.
So sah es zumindest Torschütze Benedict Hollerbach: "Wir waren nicht mutig genug." In Bochums Situation, erklärte er nach dem Spiel weiter, sei es klar, dass man mit sehr einfachen Mitteln agiere und fügte hinzu: "Wir wollen auch mit einfachen Mitteln agieren." Doch in manchen Situationen brauche sein Team einfach mehr technische und fußballerische Qualität, haderte Hollerbach.
Die Passquote von 70 Prozent beschreibt es: Wenn die Unioner an diesem Sonntagnachmittag an den Ball kamen, spielten sie ihn selten kurz, oft lang, aber meistens zu ungenau. Weil sich Union in diesem Frühjahr auf Standards und Hollerbach verlassen kann, stand es nach 17 Minuten trotzdem 1:0 für die Gäste. Nach einer Ecke war der Angreifer an der Strafraumgrenze zum Schuß gekommen. Ein Bochumer Verteidiger fälschte unhaltbar ab.

Baumgarts Baustelle ist die Offensive
Wer allerdings meinte, die Mannschaft würde die Führung nutzen, um sich frei von Druck mehr Fußball zuzutrauen, wurde enttäuscht. Längere Ballbesitzphasen gab es aufgrund des schlechten Passspiels und technischer Mängel bei den Ballannahmen selten.
Trotzdem fand Bochums Trainer Dieter Hecking, Union habe das Spiel gut kontrolliert. Das sagt einiges über die Unzulänglichkeiten seiner eigenen Mannschaft aus. Aber auch darüber, wie stabil die Union-Defensive in diesem Frühjahr geworden ist. Obwohl Bochum weit mehr Ballbesitz hatte und sich zahlreiche Ecken erkämpfte, hatte Frederik Rönnow im Tor lange wenig zu tun. Auch, weil Union kompakt verschob und eng verteidigte. In dieser Kategorie gehören die Köpenicker zu den besten Mannschaften der Liga.
Im Kollektiv konnte die Mannschaft dadurch auch abfangen, dass Linksverteidiger Tom Rothe in vielen Momenten etwas orientierungslos wirkte und selten in die nötigen Zweikämpfe kam. In der ersten Viertelstunde des zweiten Durchgangs entwickelte sich so ein Spiel, in der Bochum mit jeder Minute im Ballbesitz mehr an sich und Union verzweifelte.
Vielleicht wäre das bis zum Spielende genau so weiter gegangen, hätte Leite nicht vom Platz getragen werden müssen. Schließlich gehörte der Portugiese bis dahin zu den aufmerksamsten Unionern. Fakt ist: Das Foul, das Bochum erst einen Elfmeter und im Nachschuss den Ausgleich bescherte, unterlief Leopold Querfeld direkt nach der Verletzungspause. Insofern konnte niemand den geschockten Spielern einen großen Vorwurf machen, dass diese doch noch den Ausgleich kassierten.
Was nicht nur bei Hollerbach Fragen aufwarf, passierte nach dem Gegentor. Obwohl sich hinter den verzweifelt anrennenden Bochumern viel Platz bot, spielte Union keinen Konter sauber zu ende. Dass das defensive Fundament, auf dem die Serie von sieben ungeschlagenen Spielen fußt, steht. Im Sommer soll Baumgart auf dieses Fundament besseren Fußball aufsetzen.

Hollerbachs Ambitionen
Einer seiner Bausteine könnte Andrej Ilic sein. Obwohl der Stürmer kurz nach der Pause im Eins-gegen-Eins nur den Außenpfosten traf, machte er erneut ein gutes Spiel. Ilic gewann vor der Ecke, die in die 1:0-Führung münden sollte, tief in der gegnerischen Hälfte den Ball. Er bot bei den zahlreichen langen Bällen immer wieder eine Anspielstation.
Wohl kein Baustein wird Laszlo Benes. Der technisch beschlagene Mittelfeldspieler wird vom Trainer zwar immer wieder gelobt. Trotzdem wurde er auch in Bochum, als Kreativität im Passspiel dringend benötigt war, erst spät eingewechselt. Er will den Verein wegen der fehlenden Spielzeit wohl verlassen.
Auch wenn die Episode mit Benes zum Misserfolg werden sollte, braucht Union Fußballer mit seinem Profil für die nötige Weiterentwicklung, aber auch, um Leistungsträgern eine gemeinsame Zukunft schmackhaft zu machen.
Angesprochen auf die seine Ambitionen auf eine DFB-Nominierung sagte Benedict Hollerbach nach dem Spiel, er wolle nicht über das Thema reden und tat es dann doch: Nach zwei Jahren im Abstiegskampf bliebe ihm kein Gedanke an die Nationalmannschaft, sagte Hollerbach. Aber fügte an: "Es ist schon mein langfristiges Ziel." Anders gesagt: Wer Hollerbach halten will, muss glaubhaft erklären können, wie es in der nächsten Saison mit mutigerem Fußball nicht gegen den Abstieg gehen soll.
Sendung: rbb24 Inforadio, 207.04.2025, 20:15 Uhr