
Fußball Dritte Liga: Warum die Zuschauerzahlen auf einem Rekordhoch sind
Noch nie kamen so viele Zuschauer in die Stadien der dritten Liga wie in dieser Saison. Welche Gründe dahinter stecken und wieso die Zahlen noch viel höher sein könnten. Von Ilja Behnisch
Es sind erstaunliche Zahlen, die die dritte Liga in dieser Saison vorweisen kann: Erstmals in ihrer 17-jährigen Geschichte kommt sie auf über vier Millionen Zuschauer in den Stadien. Und das bereits drei Spieltag vor Saisonende. Damit ergibt sich, verteilt auf die 20 teilnehmenden Mannschaften, ein Zuschauerschnitt von aktuell 11.472 Zuschauern pro Partie - Bestwert für eine dritte Liga weltweit. Doch warum boomt der deutsche Fußball am Rand zum Amateursport so sehr?
Der offensichtlichste Grund ist die Dichte an sogenannten Traditionsklubs in der dritten Liga. Mit Dynamo Dresden (aktueller Zuschauerschnitt: 28.899), Alemannia Aachen (25.776), Hansa Rostock (24.073), Arminia Bielefeld (20.758) und Rot-Weiß Essen (16.827) führen fünf ehemalige Erstligisten mit entsprechender Fan-Basis das Zuschauerranking der Liga an.

Stimmung schlägt Ergebnisse
Nun gehört es zum Fußball seit jeher dazu, dass auch größere Vereine hin und wieder abschmieren und in den Niederungen jenseits der zweiten Liga auf Wiederauferstehung hoffen. In der Vergangenheit blieben mit ausbleibenden, sportlichen Erfolgen aber auch gern mal die Zuschauer weg - egal wie klangvoll der Vereinsname auch sein mochte.
Inzwischen scheinen Resultate jedoch nur noch eine untergeordnete Rolle zu spielen. Dafür muss man nur eine Liga höher und zu Hertha BSC, Schalke 04 oder dem Hamburger SV schauen. Auch hier pilgern die Zuschauer nahezu unabhängig vom Geschehen auf dem Rasen in die Stadien. Weil die Stimmung längst das eigentliche Highlight des Spieltags-Besuches ist. Auch, weil die Stadien im Zuge des Fußball-Booms der letzten 25 Jahre zu angenehmen, familienfreundlichen Orten geworden sind.
Eintrittsgelder nicht mehr so wichtig
Man kann das ganz gut am Beispiel von Energie Cottbus erkennen. Denn natürlich sorgt auch die Fabelsaison der Lausitzer, die sie noch immer im Aufstiegsrennen hält, für ordentlich Zuspruch. Dennoch ist auffällig, dass der aktuelle Zuschauerschnitt im Stadion der Freundschaft bei 12.618 liegt und damit höher als in jedem Zweitliga-Jahr von Energie. Im letzten Drittliga-Jahr der Cottbuser, 2012/13, lag der Schnitt satte 5.000 Zuschauer unter dem heurigen.
Kurios bei alledem mag anmuten, dass der Zuschauerschnitt in den unteren Ligen auch deshalb steigt, weil der Zuschauerschnitt keine so große Rolle mehr spielt in der Wettbewerbsfähigkeit der Klubs. Während die Einnahmen der Ticketverkäufe noch in den 1990er Jahren einen Großteil des Budgets eines Vereins ausmachte, ist dieser Anteil in den letzten Jahrzehnten durch die steigenden TV-Einnahmen immer geringer geworden. Durch die gesamtgesellschaftlich gestiegene Bedeutung des Fußballs sind aber vor allem die Sponsoring-Einnahmen gestiegen und der entscheidende Faktor.
Die Zuschauerzahlen könnten noch höher sein
Womit man zwangsläufig zu einem weiteren Grund der explodierenden Zuschauerzahlen in der dritten Liga kommt: Denn dass sich so viele Traditionsvereine in der dritten Liga tummeln, liegt zum einen am individuellen Versagen in den Vereinen, zum anderen aber an einer Vielzahl von Klubs, die kaum oder gar nicht wirtschaftlich arbeiten müssen oder zumindest mussten, um es bis in die Bundesliga zu schaffen. Klubs, die die sehr begrenzten Plätze in den ersten beiden Ligen quasi blockieren. Rasenball Leipzig, der VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen oder etwa die TSG Hoffenheim haben entweder als Geburts- oder Überlebenshilfe immer wieder auf die finanzielle Unterstützung ihrer Eigentümer vertrauen dürfen. Auch wenn solche Gebilde aufgrund der 50+1-Regel, die vorsieht, dass Vereine mehrheitlich in der Hand ihrer Mitglieder verbleiben müssen, eigentlich gar nicht vorgesehen sind im deutschen Fußball.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass mit 1860 München auch die dritte Liga ihren von einem Mäzen abhängigen Klub vorzuweisen hat (Hasan Ismaik). Oder dass auch Viktoria Köln oder der SV Wehen Wiesbaden ohne das Zutun einzelner Gönner vermutlich eher nicht in der dritten Liga spielen würden.
Ebenso wie zur Wahrheit gehört, dass der Zuschauerschnitt noch viel höher sein könnte. Denn mit dem VfB Stuttgart (2.012 Zuschauer im Schnitt), Hannover 96 (2.936) und Borussia Dortmund (3.353) belegen die drei Zweitvertretungen von höherklassigen Teams drei der letzten vier Plätze im Zuschauerranking der Liga. Zweitvertretungen, die ohnehin auch sportlich umstritten sind, da immer wieder auch Bundesliga-Profis dort zum Einsatz kommen und dann wieder nicht, was der Chancengleichheit eher nicht zuträglich ist. Würden an ihrer Stelle Carl-Zeiss Jena, der MSV Duisburg oder die Kickers Offenbach in der dritten Liga spielen, läge der Schnitt nochmals deutlich höher.
Sendung: rbb24, 28.04.2025, 22 Uhr