Als Soldat verlor er beide Beine Die besondere Lebensreise des Paralympics-Kanuten McGrath
Es sind ganz unterschiedliche Lebenswege, die Athletinnen und Athleten zu den Paralympics gebracht haben. Der Kanute Curtis McGrath wurde einst als australischer Soldat in Afghanistan schwer verletzt. Er war es, der seinen Kameraden in der schweren Stunde Mut machte.
Im Sommer 2012 wurde McGrath mit seiner Abteilung nach Afghanistan geschickt. Die Alliierten versuchten, die Taliban-Regierung zu stürzen und die Terroristen der al-Quaida zu bekämpfen. Zu den Aufgaben des 24-Jährigen als "Kampfingenieur" gehörte es, vermintes Terrain zu untersuchen und sichere Wege für die vorrückenden Truppen zu finden. Am 23. August 2012 trat Pionier McGrath auf eine improvisierte Sprengfalle. Bei der Explosion verlor er beide Beine.
Ich mache das Beste aus dem, was mir gegeben worden ist.
Seine Kameraden retteten ihm das Leben - er wurde abtransportiert. "Ich konnte sehen, dass sie emotional angeschlagen waren", erinnert sich McGrath heute. "Deshalb habe ich gesagt: Leute, es wird mir gut gehen. Ich werde zu den Paralympics fahren."
Das sei nicht unbedingt ein Versprechen gewesen. "Ich wollte meinen Kameraden Hoffnung geben und dass sie sich besser fühlen. Und wenn es funktioniert hat, dann war es gut." Rückblickend habe seine Eingebung damals allerdings "auch den Samen gepflanzt für meine tolle Karriere, die ich gemacht habe".
WM-Medaillen und drei Paralympics-Titel
Und die hat es wirklich in sich. Nach eineinhalb Jahren - im Krankenhaus und bei harter Arbeit in der Reha - bestieg McGrath zum ersten Mal ein Para-Kanu. Ein halbes Jahr später gewann er bereits in Moskau den WM-Titel. Nun wusste er, dass er es wirklich zu den Paralympics schaffen könnte und war überzeugt davon, dass es dort auch mit der Goldmedaille klappen könnte.
Gerade einmal vier Jahre nach seiner schweren Verletzung war es dann soweit: In Rio gewann er im Para-Kanu Paralympics-Gold. In Tokio setzte der nunmehr 33-Jährige sogar noch einen drauf: Er holte wieder Gold im Para-Kanu - und wurde auch im neu eingeführten Rennen mit dem Ausleger-Kanu Va'a Erster. Außerdem sammelte McGrath in den vergangenen Jahren diverse weitere Medaillen bei Weltmeisterschaften.
"Wir sehen uns alle als normal, oder?"
Trotzdem tritt der gebürtige Neuseeländer stets sehr bescheiden auf. Ein besonderer Typ? Nein, nein. "Wir sehen uns alle als normal, oder? Ich mache das Beste aus dem, was mir gegeben worden ist", betont McGrath. Strebt er das Paralympics-Gold-Triple an? "Ich bin nach Paris gekommen, um der beste Athlet zu sein, der ich sein kann. Wenn das bedeutet, dass ich den Titel hole, wäre ich sehr froh."
McGrath meistert Herausforderungen des Lebens
Eine australische Künstlerin hat für das paralympische Team gemalt. Das australische Haus im paralympischen Dorf erstrahlt in einem besonderen Design, das sich auch auf den Blättern der Paddel von McGrath findet. Die Malerei heißt "Die Reise". Darauf sind stilisierte Menschen an bestimmten Punkten ihres Lebenswegs zu sehen. Kängurus als Begleiter der Reisenden. Der Boomerang steht als Symbol für die Herausforderungen des Lebens.
Para-Kanute Curtis McGrath mit seinem Paddel.
Das Leben hat den ehemaligen Soldaten vor sehr große Herausforderungen gestellt. Mit seinem Schicksal zu hadern, sei für ihn aber nie infrage gekommen: "Wenn ich nur rumgesessen hätte, wäre es mir nicht besser gegangen. Man muss seine eigene Behinderung akzeptieren - und mit Mut in die Zukunft schauen."
Sein Boot habe ihm dann Freiheit gegeben. "Es gibt mir einen Zweck, es gibt mir ein Ziel", erklärt der Ausnahme-Athlet. "Die Kraft des Sports hat mir dabei geholfen, gesund zu werden. Der Sport hat mir eine Identität und die Möglichkeit gegeben, an Orte wie Rio, Tokio oder Paris zu kommen. Ich habe tolle Orte und tolle Menschen kennengelernt."
Blick Richtung Los Angeles und ein bescheidener Wunsch
Dass sich Australien mit Brisbane als Austragungsort die Olympischen und Paralympischen Spiele 2032 gesichert hat, freut McGrath sehr. Er rechnet fest damit, dass die paralympische Bewegung in Australien dadurch noch mal einen richtigen Schub bekommen wird.
Ob er mit dann 44 Jahren noch dabei sein wird? "Ich würde gern glauben, dass ich in Los Angeles noch am Start bin", blickt der Australier erst mal auf die Spiele in vier Jahren. Und auch da werde er sich wohl schon auf das Para-Kanu konzentrieren. "Das Rennen im Ausleger-Kanu ist ganz schön anstrengend für den Körper. Deshalb wird das hier in Paris wahrscheinlich das letzte Mal für mich sein."
McGrath hat schon jetzt eine fantastische sportliche Karriere hingelegt. Bei der Frage, was er sich denn wünschen würde, wenn er einen Wunsch frei hätte, muss der dreifache Paralympics-Sieger ein bisschen überlegen. "Im Lotto gewinnen", antwortet er erst und lacht, korrigiert sich dann aber schnell: "Nein, niemand braucht so viel Geld. Ich würde mir wünschen, dass meine ganze Familie hierher käme und mir bei den Rennen zuschauen würde."