Nach viermal Gold in Tokio Rennrollstuhl-Star Marcel Hug - "Ich muss nichts mehr beweisen"
Marcel Hug ist einer der großen Leichtathletik-Stars der Paralympics. In Tokio holte der Schweizer mit seinem Rennrollstuhl viermal Gold. Die Weltrekorde hält er sowieso. Die Spiele in Paris will er genießen. Sind es seine letzten?
Der 38-Jährige absolviert an diesem sonnigen Vormittag an der Seine einen Interview-Marathon. Die internationalen Medien interessieren sich für den zwölfmaligen Medaillengewinner bei Paralympics. "Die Ziele sind nach wie vor sehr hoch - ich möchte weiter Medaillen gewinnen", sagt der Schweizer im Sportschau-Interview. "Aber ich habe alles erreicht. Dadurch habe ich eine Gelassenheit in mir drin. Ich muss nichts mehr beweisen."
Vor drei Jahren in Tokio hat er seine vier Rennen allesamt gewonnen: 800 m, 1.500 m, 5.000 m und auch noch den Marathon. Nicht von ungefähr bezeichnet die deutsche Rennrollstuhlfahrerin Merle Menje Hug als ihr großes Idol. Die 20-Jährige ist sogar extra in die Schweiz gezogen, um unter demselben Trainer zu ackern.
"Super happy" auch ohne Zuschauer in Tokio
Hug holte bereits bei den Spielen 2004 in Athen zweimal Bronze. 2012 waren es schon zwei Silbermedaillen. Über 800 m und im Marathon sicherte sich der Mann aus Thurgau in Rio dann schon zwei Paralympics-Titel. 2021 in Tokio war er nicht mehr zu schlagen.
Ich kann jetzt mehr genießen. Der Genuss ist mehr in den Vordergrund gekommen. Aber nichtsdestotrotz: Wenn ich am Start bin, dann will ich alles geben und möglichst auch gewinnen.
Doch die Sache hat einen Haken: Beim Höhepunkt seiner Karriere durfte coronabedingt niemand dabei sein. "Es war natürlich sehr schade, dass keine Zuschauer erlaubt waren. Aber wenn man die Goldmedaillen gewinnt, ist das sekundär. Dann ist man einfach super happy."
Große Vorfreude auf die Stimmung im Stade de France
Nun also Paris - wo alles ganz anders ist. "Es ist toll - jetzt auch die anderen Athleten zu sehen, die ganze Atmosphäre. Das macht das Feuer noch ein bisschen größer und die Vorfreude für die Wettkämpfe." Bei Olympia hat er besonders die Leichtathletik genau verfolgt - und freut sich auf die gute Stimmung im Stade de France. Er wolle nicht erwarten, dass es voll wird. "Sollte es so sein, dann ist es umso schöner."
Sein Helm hat Hug den Spitznamen "Silver Bullet" verschafft.
Der Genuss sei nach seinen Erfolgen von Tokio "mehr in den Vordergrund gerückt" - zumal es sein könnte, dass es seine letzten Paralympics sind. "Ich habe mich noch nicht definitiv entschieden, wie es weitergeht. Aber dass ich in vier Jahren in Los Angeles noch dabei bin, ist eher unwahrscheinlich."
Das soll aber nicht bedeuten, dass sich der Enddreißiger in Frankreich auch nur ein bisschen zurücklehnen wird. "Wenn ich am Start bin, dann will ich alles geben und möglichst auch gewinnen."
Er machte seine Ankündigung wahr. Viermal trat er an, viermal holte er Medaillen. Nach zweimal Silber und einmal Bronze rollte er am Schlusstag im Marathon erneut als Erster über die Ziellinie.