Blick auf Paralympics 2040 Badminton-Doppel: "Olympia-Bewerbung? Dann bitte richtig"
Thomas Wandschneider und Rick Cornell Hellmann sind ein ungewöhnliches Badminton-Doppel. Aber beide denken weit über ihre Paralympics-Teilnahme hinaus: Sollte sich Deutschland wirklich für Olympia und Paralympics bewerben, dann bitte richtig.
Es juckt Hellmann in den Fingern. Immer wieder ist er versucht, sich in die Ballwechsel beim Doppel gegen die Chinesen einzumischen. Die Asiaten spielen fast jeden Ball auf Wandschneider, der mit 60 nicht nur stattliche 24 Jahre älter ist als sein Mitspieler, sondern auch in einer niedrigeren Startklasse klassifiziert und damit stärker in seiner Beweglichkeit beeinträchtigt ist. Meistens belässt es Hellmann jedoch bei einem kurzen Ansetzen. "Das war schon fast ein Einzel, aber Thomas und der Bundestrainer hatten mir schon vorher gesagt, dass ich mich nicht einmischen soll", erklärt Hellmann.
Auch wenn sich das deutsche Duo nach dem 11:21 im ersten Satz deutlich steigert und gegen die Favoriten aus China in der Folge sehr gut mithält, geht das Match mit 17:21 und dem 0:2 zu Ende.
Hellmann hofft auf bessere Sportförderung
Schlagzeilen hat Hellmann schon zuvor gemacht. Nachdem sich der Biomediziner und Doktorand zum ersten Mal für die Paralympics qualifiziert hatte, war das mediale Interesse sehr groß. "Damit, dass es so viele Interview-Anfragen gibt, hätte ich nicht gerechnet", sagt der 36-Jährige, der mit Wandschneider 2022 Doppel-Weltmeister wurde und im Einzel Bronze gewann. Im Jahr darauf waren es zwei EM-Titel.
Mit seiner Aussage zur Sportförderung landete er zuletzt in den Schlagzeilen: "Ich wünsche mir ein System abseits von privaten Organisationen, in dem diejenigen, die Erfolg oder Aussicht darauf haben, so gefördert werden, dass sie sich keine Gedanken um eine Arbeit neben dem Sport machen müssen."
"Die Franzosen haben es vorgemacht"
Im Sportschau-Interview blickte Hellmann nun weiter voraus: "Wenn sich Deutschland wirklich für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2040 bewirbt, dann darf das nicht nur als Ausrichter sein", betont der gebürtige Berliner. "Dann braucht es ein richtiges Sportförderprogramm. So wie es die Franzosen gemacht haben." Wie genau Deutschland das Projekt anpackt, sei eine politische Entscheidung. "Da mische ich mich nicht ein."
Die Vereinheitlichung der Prämien für olympische und paralympische Athleten sei ein erster Schritt gewesen. Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigung, die sich jetzt für einen Sport entscheiden, sollten aber wissen, dass das eine Entscheidung mit Zukunft ist.
"Das würde ich mir wünschen", betont Hellmann - und hat seinen Doppelpartner auf seiner Seite. "Ich war mein Leben lang selbstständig - und habe lange Zeit die Weltrangliste im Para-Badminton angeführt. Aber für die Ausübung meines Sports habe ich keine Rentenansprüche bekommen. Stand jetzt bekomme ich 350 Euro vom Staat, wenn ich in ein paar Jahren in Rente gehe", erklärt Wandschneider.
Wie lange macht Wandschneider noch weiter?
Wie lange er seinen Sport noch fortsetzen kann, ist für den staatlich geprüften Betriebswirt im Hotel und Gaststättengewerbe, der eine Ferienhausvermietung in Spanien betreibt, nicht abzusehen. "Mir kommt so langsam mein Alter dazwischen. Ich muss gucken, wie mein Körper damit zurechtkommt", erklärt Wandschneider. Bis zu den Paralympischen Spiele in Los Angeles würde er liebendgern noch weitermachen.
Hellmann will als Doktor nach LA
Hellmann klang zuletzt so, als ob er, nachdem er sein Ziel, an den Paralympics teilzunehmen, erreicht hat, nach den Spielen eine Pause einlegen würde. "Ich werde mich auf jeden Fall mehr auf das Leben konzentrieren. Aber das ist einfach gesagt. Beim mir ging es in den letzten Wochen zu 100 Prozent um Sport", sagt der querschnittsgelähmte Athlet, der beruflich an seiner eigenen Krankheit forscht.
Für ihn steht fest: "Wenn ich nach LA fahre, dann als Doktor Rick Cornell Hellmann." Bei Wandschneiders Einwurf - "Das hast du vor Paris auch schon gesagt" - muss er lachen. Aber die Arbeit steckt in den letzten Zügen, dieses Ziel hat er dicht vor Augen.
Mit großen Zielen nach Paris gekommen
Und auch bei den Paralympics in Paris soll für beide noch einiges möglich sein. In ihrer Vierergruppe im Doppel müssen sie jetzt ihre beiden anderen Spiele gewinnen. "Wir können beide schlagen", ist Wandschneider überzeugt, er gibt im Einzel forsch eine Medaille als Ziel aus. Hellmann ist im Einzel in eine sehr schwere Gruppe mit dem zweiten und dritten der diesjährigen WM geraten. Und nur der Erste kommt weiter. "Würde ich das schaffen, hätte ich auch eine Medaille verdient." Es wäre aber erst das Halbfinale erreicht.
Auch deshalb hadert Hellmann damit, dass er im ersten Doppel gegen die Chinesen nicht aktiver geworden ist. "Auf meine Seite sind ja fast keine gefährlichen Schläge gekommen. Ob es anders ausgegangen wäre, wenn ich frecher gespielt hätte, werde ich nie erfahren. Es wird keine Wiederholung des Spiels geben."